An der Hotline

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"Mein-Name-ist-Mittler-was-kann-ich-gegen-Sie-tun?" Wie bitte? Nein, die junge Frau an der Hotline des namhaften Telekommunikationsunternehmens hatte wohl doch gefragt, was sie für mich tun könne; aber es hörte sich an, als würde sie mich am liebsten postwendend aus der Leitung befördern. "Ich hab' da ein Problem", sage ich, um nicht gleich mit der Tür ins Call Center zu fallen; "es geht um mein ISDN-Telefon - Frau, äh, Mittler war Ihr Name?" - "Mül-ler!", sagt Frau Müller gereizt, aber sie ist dennoch so reizend, etwas für mich zu tun: "Einen Moment, ich verbinde."

Schon hänge ich wieder da, wo ich vor dem Gespräch mit Frau Müller bereits eine Zeit lang gehangen hatte: in der Warteschleife. "He-Heee-He!", trällert eine Pop-Sängerin, worauf eine mehrstimmige Antwort nebst elektronischem Geklingel folgt, bevor das Ganze von vorne beginnt. Bereits nach dem sechsten "He-Heee-He!" meldet sich eine Frau Schmidt. Was sie für mich tun kann, fragt sie nicht. Warum auch - ich kann ja selber etwas für mich tun: Ich lege einfach los mit meinem Problem. "Ja, ich verstehe", sagt Frau Schmidt, um das Pflänzchen der Hoffnung, das sich in mir regt, sogleich wieder zu zertrampeln: "Da sind Sie hier aber völlig falsch. Dafür ist unsere Technik-Hotline in Bremen zuständig. Ich verbind' Sie mal."

Die Republik ist klein, in der Bremer Hotline wird dieselbe heiße Musik gespielt wie in Köln. "He-Heee-He!" Ich halte den Hörer eine Handbreit auf Abstand. An der Hotline muss man cool bleiben. Außerdem handelt es sich bei dem Gespräch um einen Free Call, da kann man eine musikalische Abwechslung schlecht verlangen. In der Leitung knackt's. "Bitte haben Sie noch etwas Geduld", mahnt eine freundliche Tonkonserve. Der nächste Kundenberater sei für mich reserviert. "He-Heee-He!", plärrt die Warteschleife. Ich könnte sie erwürgen.

Eine gewisse Abwechslung kriegt der Kunde aber doch geboten. Nicht nur wird er gelegentlich um etwas Geduld gebeten, er kann auch gelegentlich wieder etwas für sich tun. "Wenn Sie weiter warten wollen, drücken Sie die Eins." Nachdem ich mindestens fünf Mal die Eins gedrückt habe, komme ich mir vor wie einst Karl Valentins Buchbinder Wanninger. Besser gesagt, ich beneide ihn. Der Buchbinder Wanninger war ja nur ein Dutzend Mal falsch verbunden worden, bevor er gegen die "Saubande" lospolterte, während ich schon bald ein Dutzend Minuten dieser verdammten Warteschleife ausgeliefert bin. Free Call hin oder her - glaubt die Saubande eigentlich, ich hätte meine Freizeit gestohlen?

"Schön' guten Tach", lässt sich eine aufgeräumte Männerstimme vernehmen, "mein Name ist Meier." - "Tach, Herr Meier", schnaube ich, "jetzt hör'n Sie mal zu!" Aber dazu ist er ja bereit: "Was kann ich für Sie tun?" Ja - was war es noch?

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