Mutatis Mutandis

Ein gerechtes Kasachstan In seiner Rede an die Nation am 01.09.2023 erläuterte der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokayev seine Pläne und Zielsetzungen zu den nötigen Veränderungen für eine völlige wirtschaftliche Neugestaltung des Landes.

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Übersicht:

Die auf Englisch „“Economic Course of a Just Kazakhstan ”titulierte Rede enthielt eine Fülle an Details wir durch große Wirtschaftsreformen mehr Gerechtigkeit für jeden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin des Landes geschaffen werden soll und auch jetzt schon zusehends wird!

Unter den Zuhörern befanden sich Regierungs- sowie Vertreter der parlamentarischen Kammern und auch der Zivilgesellschaf, Adressat war aber die ganze Bevölkerung.

Auch wenn darüber hinaus andere Themen in der Ansprache des Präsidenten behandelt wurden, so dominierte doch die Wirtschaft, frei nach Bill Clinton "it's the economy, stupid“, der mit diesem legendären Slogan damals auch in wenige Wörter fasste, dass es letztendlich die ökonomischen Verhältnisse sind, die über das Wohl und Wehe eines Landes entscheiden.

Rückblick:

Tokajew erinnerte zunächst auch daran, dass eine Vielzahl von Maßnahmen, die er angekündigt hatte, auch bereits umgesetzt wurden, so wurden die Gehälter der Lehrkräfte verdoppelt, ebenso wurden die Löhne für medizinisches Fachpersonal signifikant angehoben, im Rahmen eines eigenen Projektes werden vierhundert neue und bestens ausgestattete Schulen und vor allem in den ländlichen Regionen mehr als dreihundert Gesundheitseinrichtungen geschaffen.

Es kam zu einer Reform des Pensionssystems, ein nationaler Fonds zur Unterstützung von Kindern wurde eingerichtet und rund acht Millionen Hektar Land, dass sich in früheren Jahren Personen auf korrupte Weise illegal angeeignet hatten, wurde wieder in staatliche Hände zurückgeführt, wodurch wieder eine Rentabilität für alle im Land gewährleistet ist.

Neben diesen erfolgreichen wirtschaftlichen Maßnahmen kam es auch in politischen Bereichen zu vielen positiven Neuerungen.

So wurde eine neue und tragfähige Balance zwischen den diversen staatlichen Stellen hergestellt, von der Regierung bis zur Verwaltung.

Kasachstan hat sich zu einer Präsidialrepublik entwickelt, mit Gewaltenteilung, einer rechenschaftspflichtigen Regierung, einem einflussreichen Parlament und der regelmäßigen Möglichkeit für die Bevölkerung ihre Meinung kundzutun und bei allen Fragen höherer Bedeutung die Zukunft mitzugestalten.

Des Weiteren wurden große und nachhaltige Fortschritte im Bereich der Menschenrechte erreicht und die Unabhängigkeit der Justiz massiv gestärkt.

Der neue Kurs:

Was nun mehr die Wirtschaftlichen Pläne anbelangt so skizzierte Präsident Tokajew die wichtigsten Aspekte des neuen Kurses folgendermaßen:

Die Key Faktoren werden Fairness, Inklusivität und Pragmatismus sein. Damit verbunden ist auch eine Abkehr von „Langzeitplänen“ wie in Zeiten der Sowjetunion und auch danach.

Alles, was von hoher Wichtigkeit ist, soll innerhalb von längsten falls drei Jahren umgesetzt sein, auch um stets auf neue Entwicklungen reagieren zu können.

Das enorme Potential Kasachstans soll gehoben werden und damit die Wettbewerbsvorteile die das Land aufgrund des Rohstoffreichtums und der idealen geographischen Lage an sich immer schon hatte, genutzt werden.

Die soll einerseits durch die Stärkung der „klassischen“ Industriezweige geschehen, auch um die Selbstversorgung sicher zu stellen.

Anderseits muss auch das verarbeitende Gewerbe bessere Rahmenbedingungen bekommen und last not least wird man der Diversifizierung der Wirtschaft mehr Augenmerk zukommen lassen müssen.

Was die Schwerindustrie anbelangt, so soll es zur Konzentration auf eine Reihe von Bereichen kommen, wie die Verarbeitung von Metallen, Öl-, Gas- und Kohlechemie, Schwermaschinenbau, Uranumwandlung und -anreicherung sowie die Herstellung von Automobilkomponenten und Düngemitteln.

Zwecks verbesserter Ressourcen Nutzung und langfristiger Absicherung der Produktion wird es eine der Aufgaben der Regierung sein die Fläche der geologischen und geophysikalischen Erkundungen von derzeit 1,5 Millionen auf mindestens 2,2 Millionen Quadratkilometer bis 2026 zu vergrößern.

Ein klares Ziel ist auch das Wirtschaftswachstum dauerhaft zu stabilisieren, auf in etwa sechs bis sieben Prozent pro Jahr, was bis zum Jahre 2029 zu einer Verdoppelung der Leistung der Gesamtwirtschaft Kasachstans auf rund 450 Milliarden Dollar führen wird.

Dafür nötig ist aber dringend auch eine Stärkung des Investmentsektors, klare Rahmenbedingungen für Kreditvergaben und ein Rückfluss aufgrund früherer korrupter Aktivitäten eingefrorenen Geldes in den Wirtschaftskreislauf.

Bei diesen „frozen Assets“ ist von einem Wert von in etwa fünf Milliarden Dollar auszugehen.

Kasachstan soll auch wieder für ausländische Investoren und Banken attraktiver werden, insbesondere auch für jene die an langjährigen Renditen interessiert sind und die zum beidseitigen Vorteil agieren.

Neben den großen makroökonomischen Veränderungen ist aber auch im Kleinen vieles, was Reformen bedarf.

So bedürfen die Gesetze und Verordnungen für Startups, Handels- und Einzelunternehmen und anderer Säulen einer modernen Wirtschaft einer Entrümpelung und einer strikten Vereinfachung der bürokratischen Hemmnisse.

Ebenso ist im Bereich der Privatisierungen und im gesamten Börsensektor noch viel zu tun, so dass ein Börsengang für In- und ausländische Unternehmen in Almaty zu einer attraktiven Option werden sollte-

Öffentliche IPOs sind für eine Reihe von noch staatlichen Einrichtungen geplant, so beispielsweise für Air Astana und das Gasversorgungsunternehmen QazaqGaz.

Das Steuerwesen gehört ebenfalls zu den wichtigen Feldern zu denen Präsident Tokajew eine völlige Neugestaltung anstrebt.

Geplant ist eine durchgehende Reduzierung bis zu 20 Prozent, verbunden auch hier wieder mit einem klaren und transparenten Regelwerk ungeachtet des Ansehens einer Person oder eines Projektes.

Die Finanzbehörden sollen zu einem Partner des Steuerpflichtigen werden und zu einer Service Einrichtung, etwas was man sich auch in anderen Ländern wünschen würde!

In dem Zusammenhang ist auch eine verstärkte Digitalisierung aller Schritte dieser Sektoren angedacht und auch die Abschaffung einzelner Steuern, bei denen die Einhebung mit mehr Aufwand verbunden ist als der Erlös dem Staat einbringt.

Eine bereits beschlossene Maßnahme wird rund 1,8 Millionen Menschen positiv betreffen, der Mindestlohn wird mit 01.Jänner 2024 auf 85.000 Tenge angehoben, das entspricht rund 185.- Dollar.

Das bedeutet auch dass der Mindestlohn sich in den letzten drei Jahren verdoppelt hat. Stark profitieren werden davon auch die Angestellten im Öffentlichen Bereich.

Um die wachsende Wirtschaft zu forcieren, benötigt es auch die Adern zu stärken, weswegen dem Transportsektor eine immer größere Bedeutung zukommt.

Die Transkaspische Route gehört zu diesen Schlüsselverbindungen und wird massiv ausgebaut werden, ebenso wird es zu einem großen Investment in den Hafen von Kuryk kommen der zu einem neuen Logistik Cluster werden wird, wie der bereits bestehende in Aktau.

Der internationale Nord -Süd Korridor, der für Kasachstan einen Zugang zu den Häfen am Persischen darstellt, wird durch eine Verdopplung der Bahn Kapazität auch für andere Staaten eine attraktive Verbindung herbeiführen und die Rolle des Landes als Transit Hub stärken.

Der Logistik Sektor und viele damit verbunden Unternehmensarten haben auch im Bereich der Schaffung von Arbeitsplätzen und Infrastruktur eine hohe Relevanz.

Die Realisierung und Hebung dieser Potentiale bauen auch auf die guten und konstruktiven Beziehungen auf, die Kasachstan mir allen Nachbarstaaten hat, inklusive auch Russland und China.

Ungeachtet aller Pläne in den klassischen Wirtschaftsbereichen wird Kasachstan auch den Weg zur „grünen Ökonomie“ gehen, durch den Ausbau erneuerbarer Energie, die Entwicklung der Energiegewinnung aus Wasserstoff, Forschung im Bereich der Energiespeicherung und Aufbau eine Co² Handelssystems.

Das Internationale Finanzzentrum in Astana soll dafür zur führenden Plattform in der ganzen Region werden, wo der Handel mit „grünen“ Zertifikaten und Investments stattfinden wird.

Obwohl Kasachstan übrigens zu den größten Uranexporteuren der Welt gehört, gibt es bisher im Land kein Atomkraftwerk, über die Frage, ob eines errichtet werden soll wird die Bevölkerung in einiger Zeit abstimmen können.

Der Weg der permanenten Abstimmungen oder Wahlen wird überhaupt auch weiter fortgesetzt werden, in naher Zeit stehen auf kommunaler Ebene eine ganze Reihe von Urnengängen bevor.

Nicht nur im Finanzwesen soll außerdem die Digitalisierung und vieler damit verbundener Faktoren und Sektoren vorangetrieben werden, sollen alle Bereiche der Wirtschaft und des Lebens sollen davon erfasst werden und profitieren.

Kasachstan will zu einem Exporteur von IT-Dienstleistungen werden und mit der Kreierung attraktiver Rahmenbedingungen zum Beispiel in Joint Venture Form ausländischen großen IT-Firmen einen neuen Standort anbieten.

Aber auch das inländische Knowhow soll genutzt werden, um Dinge wie Datenverarbeitung- und Speicherung im großen Stil zu vermarkten.

Nicht nur im IT-Bereich sondern in allen Wirtschaftszweigen sollen für in- und ausländische Investoren ansprechende Regeln geschaffen werden, wie die Ausnahme von Steuerzahlungen in den ersten drei Jahren und Ähnliches.

Eine schwere Gradwanderungen ist immer auch der Schutz der eigenen Wirtschaftsbetriebe, die im Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen stehen, auch hier will Tokajew einen geraden Weg gehen, ohne Abschottung nach Außen aber doch durch Eingriffe im Inneren.

Auch auf den Landwirtschaftssektor ging der Präsident in seiner Ansprache ein, es ist ein strategisches Ziel Kasachstan zu einem der führenden Länder am ganzen „eurasischen Kontinent“ in diesem Bereich zu machen.

Dafür wird es zu einer kompletten Umgestaltung in Richtung zu höher wertigen Produkten, Sorten und Arten kommen. Begleitet von Maßnahmen, die diese Prozesse stimulieren sollen wie auch hier wieder eine Reform der steuerlichen Rahmenbedingungen.

Für die Grundversorgung und eine vielfache Steigerung der Exporte ist zunächst aber eine Konsolidierung der kasachischen Agrarunternehmen notwendig deren Umsetzung aber bereits begonnen hat.

Abschließend betonte der Präsident die Verantwortlichkeit für all diese Reformen und Schritte, die Regierung trägt diese in kompletter Hinsicht.

Die Präsidialverwaltung wiederum wird ihre Bemühungen auf strategische Lenkungen der sozioökonomischen Entwicklung des Staates, Fragen der Innen- und Außenpolitik, der Verteidigung und Sicherheit sowie der Rechts- und Personalpolitik konzentrieren.

Es werden auch zwei neue Ministerien geschaffen, eines für Wasser Ressourcen und Bewässerung und eines für den Transportsektor.

Ein Appell:

Tokajew schloss seine Rede mit einem Verweis auf die Verantwortlichkeit des Einzelnen in der Gesellschaft:

„Alle Bürger, insbesondere junge Menschen, sollten die besten Eigenschaften verkörpern, da diese die Grundwerte der Gesellschaft bilden. Jeder sollte danach streben, patriotisch, gebildet, fleißig, diszipliniert, verantwortungsbewusst, fair, sparsam und einfühlsam zu sein. Wenn jeder Einzelne ein verantwortungsbewusster Bürger ist, dessen Taten mit seinen Worten übereinstimmen, wird im Land Gerechtigkeit herrschen“

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