Wer hat sie verraten? Sozialdemokraten!

Kapitalismuskrise Rosa Luxemburg war Revolutionärin bis zum letzten Atemzug und hat doch lange für den Zusammenhalt der "Burgfrieden"-Partei gekämpft. Historischer Fehler oder Verdienst?

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Wer sich dieser Tage von den Sozen veräppelt fühlt, weil sie mal wieder Wahlversprechen nicht einlösen oder dem Großkapital den Rücken freihalten, der oder die kann sich vielleicht mit der Gewissheit trösten, damit in der Geschichte nicht alleine dazustehen. Denn ist es geradezu ein Definitionsmerkmal der SPD, ihre Follower durch den Kakao zu ziehen und proto-revolutionäre Massen ans System zu ketten.

Die SPD ist ein gefährliches Zwitter-Wesen: Einerseits steht sie bei allem Idiotischen und Gräßlichen parlamentarisch stramm – von der Agenda 2010 und den Sicherheitsgesetzen, über “humanitär” getarnte strategische Kriege in Jugoslawien und Afghanistan, bis hin zu den neoliberalen Verarmungsprogrammen in Griechenland. Andererseits schafft sie es immer wieder, revolutionäre Seelen zu blenden und ihnen im letzten Moment ihr Kreuzchen und damit ihre Gefolgschaft abzujagen.

Eine aus ihren eigenen Reihen hat sie zwar nicht blenden können, aber am Ende doch verraten. Die Freikorps erledigten den Rest.

Runde 3: Rosa Luxemburg. Marxistische Theoretikerin, Mitbegründerin des kommunistischen “Spartakusbund” und Ikone der europäischen Arbeiterbewegung. Sie trat in die SPD ein, als diese sich bereits von ihren marxistischen Wurzeln zu entfernen begann, heißt: nicht mehr darauf hinarbeitete, den Kapitalismus zu zertrümmern, sondern sich ihm anzudienen. Wo Gandhi Konsequenz in seinem Dogma des Gewaltverzichts zeigte, bewies Luxemburg Standhaftigkeit vor allem darin, sich ihre revolutionäre Grundhaltung weder von SPD-Laschis noch vom proto-faschistischen Kaiserreich verwässern zu lassen.

Die Erbsünde der deutschen Sozialdemokratie

Die Reformlullis von der SPD – die damals noch, inhaltlich korrekter, “Revisionisten” hießen – waren ihr spinnefeind: nicht nur wegen ihres naiven Glaubens, die Widersprüche im Kapitalismus ließen sich staatlicherseits versöhnen, was jene wiederum mit den Gabriels und Steinbrücks der heutigen Ex-Arbeiterpartei gemeinsam haben. Sondern weil die SPD ihre sozialistischen Wurzeln schon damals vollständig in den Wind geblasen hatte, als sie 1914 mit ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten die deutschen Panzer ins Rollen gegen Rest-Europa brachten. Die Arbeiter_innen, noch eben auf den Barrikaden gegen das Kapitalisten-Pack, standen plötzlich an die Front auf Geheiß ihrer Peiniger.

Rosa Luxemburg hat sich trotzdem nie wirklich von der SPD trennen wollen, hat bis zuletzt für das Zusammenhalten der Flügel gekämpft, um der radikalen Fraktion die Chance zu geben, die Parteilinie zu bestimmen. Ihr historischer Fehler oder ihr Verdienst?

Die Frage lässt sich auch auf die heutigen Verhältnisse übertragen: Was ist an dieser SPD im Jahre 2013 noch zu retten, noch zusammenzuhalten? Die Unterschiede zu den Konservativen sind noch nicht mal mehr rhetorisch, sondern beinahe nur noch farblich: Der Aufstieg des deutschen Empire in Europa, die damit verbundenen zukünftigen Kriege, die von diesem Staat ausgehen werden, die ökonomische Unterdrückung der Peripherie im Inneren (“Flüchtlinge”, “Arbeitslose”) und im Außen (“Dritte Welt”), die zunehmende Enteignung der Masse durch die Religions des Privateigentums – in nichts von all’ dem unterscheidet sich die SPD von den Nachfolger_innen des Kaiserregimes. Und nichts von all’ dem wird die SPD aufhalten. Sie wird es vorantreiben.

Revolution, nicht Reform!

Und sie wird sich wieder politisch verantwortlich zeichnen müssen, wenn die Rosa Luxemburg des 21. Jahrhunderts, die noch auf ihre Bestimmung wartet, von den faschistischen Freikorps der Zukunst erschossen werden wird. Dieses Mal werden wir aber vorbereitet sein. Denn wir haben bewusst nicht gewählt. Wir haben uns gegen die Wahl der rechten Sozialdemokratie entschieden, dieses gefährliche Knäusel, in dem die ganze Misere der Geschichte revolutionärer Bewegungen steckt. Wir haben dafür gesorgt, unter anderem mit unserer erfolgreichen Anti-Wahl-Kampagne, dass der Partei des Burgfriedens die Waffen sukzessive aus der Hand gleiten. Das politische Klima für eine neuerliche Erschießung wird sie nicht mehr bereitstellen können. Rest in Peace Rosa Luxemburg.

Wir schließen mit einem Zitat, welches gemünzt war auf einen sozialdemokratischen Reformisten (“Herr Schippel”), der in der Krise fatalerweise nicht für die Revolution warb, sondern für ein staatliches Befriedungsprogramm, welches Geld für Schulen, Krankhäuser und Arbeitslose bereitstellte: “Wir stehen beide am Start, lieber Herr Schippel, nur, Sie stehen verkehrt rum!”

Werde Shareholder der Revolution! Wählt Spartakus!

>>> weitere "Heads of the Revolution" diese Woche im RLF-Resistance Ticker.

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