Masterplan für Afghanistan

Taliban-Aufkauf Kurz vor der Londoner Konferenz will die Bundesregierung beweisen, dass sie nicht nur die Bundeswehr-Truppen aufstockt, sondern noch andere ausgeklügelte Pläne hat

Der BILD-Zeitung verriet der deutsche Außenminister seinen Masterplan für Afghanistan: „Es gibt viele Mitläufer der Taliban-Terroristen, die nicht aus fanatischer Überzeugung, sondern aus wirtschaftlichen Gründen auf einen falschen Weg geraten sind.“ Diesen Leuten will Guido Westerwelle in der Manier eines Bewährungshelfers „eine wirtschaftliche und soziale Perspektive“ bieten und dafür „zusätzliches Geld in die Hand nehmen.“ Ein identisches Versöhnungsangebot macht auch der afghanische Präsident Karsai. Obamas Afghanistan-Berater Richard Holbrooke setzt dagegen auf Bewährtes: Zuckerbrot und Peitsche – mehr ökonomische Hilfe und vermehrten Einsatz von Drohnen, die immer auch Zivilisten töten. In Afghanistan ebenso wie in Pakistan.

Richtig am Karsai-Westerwelle-Plan ist, dass viele Afghanen als Teilzeit-Kämpfer „arbeiten“, weil es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gibt. Es ist bekannt, die Taliban zahlen pünktlicher und besser als der afghanische Staat. Aber ob sich Kämpfer in nennenswerter Zahl mit einem Ausstiegsprogramm buchstäblich kaufen lassen, ist unwahrscheinlich. Auch die von der Bundesregierung in Aussicht genommene Aufbau- und Entwicklungshilfe wirkt komplexer, als Technokraten glauben machen. In Afghanistan existiert ein dichtes Netz von Schutzgelderpressung. Zivile Unternehmer überleben nur, wenn sie diesem System auch Tribut zollen. Das bedeutet, von jedem Euro Aufbau- und Entwicklungshilfe aus Deutschland fließt ein Teil direkt in die Kassen der Taliban. Berlin wird also am Hindukusch weniger die Freiheit verteidigen, als die Taliban mitfinanzieren.

Verteidigungsminister zu Guttenberg will seine Soldaten verstärkt bei der Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei einsetzen. Wer soll die Ausbildung von mindestens 400.000 Mann bezahlen? Und wie sollen diese ethnisch zusammengesetzt sein? Die afghanische Bevölkerung besteht aus Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Hazara und vielen anderen Völkern. Werden Muslime auf Muslime schießen? Und vor allem – Paschtunen auf Paschtunen?


Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Die Vielfalt feiern – den Freitag schenken. Bewegte Zeiten fordern weise Geschenke. Mit dem Freitag schenken Sie Ihren Liebsten kluge Stimmen, neue Perspektiven und offene Debatten. Und sparen dabei 30%.

Print

Für 6 oder 12 Monate
inkl. hochwertiger Weihnachtsprämie

Jetzt sichern

Digital

Mit Gutscheinen für
1, 6 oder 12 Monate

Jetzt sichern

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden