Es war ein Abend unter Freunden, im Jahr 1986. Heiner Müller saß mit den Künstlern Rebecca Horn und Jannis Kounellis in der Paris Bar in West-Berlin. Noch teilte die Mauer die Stadt. Eine Wiedervereinigung hielt Müller zu diesem Zeitpunkt – in seiner Lebenszeit – für realitätsfern. Bei Zigarre und Whiskey hatten die drei eine Idee: Kunst, zeitgleich ausgestellt in Ost und West, sollte die Mauer perforieren, um Gemeinsames zu finden, Verschiedenheiten, aber auch Verbindungen herzustellen zwischen den verschiedenen Teilen, nicht nur Berlins. Die politische Situation sollte an der Nahtstelle der Systeme reflektiert werden.
Doch erste Initiativen zur Realisierung wurden in Ost-Berlin gleich abgeblockt. Erst nach dem politischen Umbruch im November 1989 konnte die Idee umgesetzt werden: Rebecca Horn kontaktierte den Kurator Wulf Herzogenrath und sagte: „Mensch, jetzt müssen wir das aber machen.“ Der Rest ist Ausstellungsgeschichte: Innerhalb von nur acht Monaten realisierte Herzogenrath gemeinsam mit dem im Osten bestens vernetzten Kurator Christoph Tannert und Joachim Sartorius vom Deutschen Akademischen Austauschdienst das Projekt Die Endlichkeit der Freiheit. Der doppeldeutige Titel, von Heiner Müller formuliert, spiegelte die Ambivalenz der Zeit, vermischte Euphorie mit Skepsis: „Endlich Freiheit“ implizierte die Freude über den politischen Umbruch; „Endlichkeit“ reflektierte zugleich deren zeitliche Beschränktheit.
An der Grundidee, Kunst in Ost und West zu zeigen, wurde festgehalten, nur der Akzent war plötzlich eher auf dem Trennenden, „auf dem, was sehr schwer zu vereinigen ist und was wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren gar nicht zusammengeht“, so Müllers Prophezeiung. Das Vakuum 1990, eine Situation, die sich durch den Verlust von Sicherheit und Ordnung auszeichnete, wurde zum Raum für Kunst, die eher verunsicherte als bestätigte. Im Faltblatt hieß es: „An bestimmten Orten wird die Zeit des Umbruchs für einen Moment angehalten, um eine andere künstlerische Politik zu machen.“
Krzysztof Wodiczko verwandelte das Ostberliner Lenin-Monument an zwei Abenden zu einem Einkäufer mit Aldi-Tüte. Via Lewandowsky, der einzige in der DDR geborene Teilnehmer, verdeckte das Mosaik im Rundgang der Siegessäule mit Styropor. Einige Künstler erklärten den Todesstreifen zum Ausstellungsraum: Raffael Rheinsberg formierte je 50 Kabeltrommeln einer Ost- bzw. Westfirma analog zum Mauerverlauf vor dem Martin Gropius Bau unter dem Titel Joint Venture.
Vertrag mit der NVA
Auch Hans Haacke fuhr im Mai 1990 mit dem Fahrrad durch den Todesstreifen, entlang der verwaisten Wachtürme. Während die Grenzanlagen demontiert wurden, schloss er einen Vertrag mit der NVA, zögerte damit den Abriss eines Grenzturms in Kreuzberg hinaus und verfremdete ihn weithin sichtbar zu einem ungewöhnlichen Konstrukt: Vom 1. September bis zum 7. Oktober 1990 drehte sich auf dem Turm, von einem Gitter geschützt, ein neonblau leuchtender Mercedes-Stern. Unter getönten Glasfenstern waren die Schriftzüge „Kunst bleibt Kunst“ und „Bereit sein ist alles“ zu lesen. Der vormalige Todesstreifen wurde für fünf Wochen zur Ausstellungsfläche, der Wachturm zum Kunstwerk mit dem Titel Die Freiheit wird jetzt einfach gesponsert – aus der Portokasse.
Der Turm versinnbildlichte den Osten, der Stern den Westen. Die Montage warf Fragen auf: Wie gehen die unterschiedlichen Systeme zusammen? Sind einzelne Elemente kombinierbar? Oder kommt es zu Missverständnissen und ungewollten Überlagerungen? Die erhöhte Positionierung des Sterns legt die Prophezeiung nahe, dass das wirtschaftliche (Kontroll-) System das bisherige politische ersetzt. Das Wachturm-Projekt verdeutlichte im Sommer 1990 die Vormachtstellung des Westens, prophezeit die Kapitalisierung des Ostens. Haacke versah den Turm zudem genau zu dem Zeitpunkt mit einem Symbol des Konsums, als die Mauer zum Konsumgut wurde. Am 20. Juni 1990 versteigerte etwa das Auktionshaus Sotheby’s in Monte Carlo 81 einzelne Mauersegmente für jeweils bis zu 30.000 DM, die Gesamteinnahmen betrugen zwei Millionen DM.
Der Stern verweist auch konkret auf die Aktivitäten von Daimler-Benz in Berlin 1990: Im Sommer hatte das Unternehmen Filetstücke auf dem Potsdamer Platz für ein Zehntel des geschätzten Wertes erworben. Bereits 1990 war dies öffentlich diskutiert wurden. Haackes Wachturm griff diese Debatte auf, kritisierte das Unternehmen und das überstürzte Vorgehen des Berliner Senats. Zwei Jahre später musste der Konzern 33,8 Millionen Euro nachzahlen, da Wettbewerbshüter den Kaufpreis für rechtswidrig erklärt hatten. Eine ironische Werbesäule für Daimler-Benz – gestützt wird diese Lesart des Turms von den Schriftzügen „Kunst bleibt Kunst“ und „Bereit sein ist alles“, die zwei aktuellen Werbeanzeigen des Unternehmens entlehnt waren und an den Pionier-Gruß denken ließen. Schließlich verwies der Stern deutlich auf ein weiteres Berliner Gebäude: Auf dem Dach des Europa-Center dreht sich bis heute ein entsprechender, wenn auch viel größerer Mercedes-Stern, der West-Berlin während der Teilung symbolisch an der westdeutschen Wirtschaftskraft teilhaben ließ. Haacke nutzte die negative Konnotation des Wachturms für eine kritische Analyse und Zukunftsprognose im politischen Vakuum 1990.
Zeitzeugenschaft für das Jahr 1990 ist bis heute schwer dingfest zu machen. Die Endlichkeit der Freiheit versuchte dies, dingfest, jedoch nicht dauerhaft, erklärtermaßen ephemer. Es war ein einzigartiges Ausstellungs- wie kulturpolitisches Großprojekt der politischen Wendezeit inmitten eines Niemandslands rechtlicher Sicherheit. Die zum Teil unklaren Zuständigkeiten bei den Behörden erschwerten die Umsetzung einzelner Ideen und machten andere überhaupt erst möglich. Es war das einzige Ausstellungsprojekt dieser Größenordnung, das 1990 von BRD und DDR gemeinsam finanziert und realisiert wurde. Der Gesamtetat betrug 1,5 Millionen DM, die DDR beteiligte sich mit 10.000 Mark. Der Spiegel nannte sie die „wichtigste Ausstellung“ des Jahres 1990.
Während sich Haackes Mercedes-Stern in Berlin drehte, war ich noch keine zwei Jahre alt und lebte mit meinen Eltern im grauen Leipzig. Dass mir in meinem Geburtsjahr 1989 mit der Maueröffnung das Geschenk der Freiheit mit auf den Weg gegeben wurde, wurde mir erst mit den Jahren klar. In Leipzig sind die Geschehnisse präsenter als anderswo, noch dazu, wenn man versteht, dass die eigenen Eltern am Küchentisch diskutiert haben, ob sie zu den Montagsdemonstrationen gehen oder das Risiko einer Festnahme mit Säugling zu Hause zu groß ist. Die Komplexität dieser Zeit, dass das, was politisch geschah, während ich laufen lernte, nicht nur Positives brachte, ich habe es erst durch meine Beschäftigung mit dem Ausstellungsprojekt Die Endlichkeit der Freiheit begriffen.
We (all) are the people
„Wir sind das Volk“ – mit diesem Satz zog man 1989 um den Leipziger Ring, trat lautstark ein für eine Erneuerung der Deutschen Demokratischen Republik. Der Wechsel hin zu „Wir sind ein Volk“ beschäftigt Politikwissenschaftler wie Historiker bis heute, steht er doch für den Stimmungswechsel hin zur deutschen Wiedervereinigung. Hans Haacke griff die Parole auf, als er 2003 eingeladen wurde, im Rahmen eines Wettbewerbs den Platz rund um die Nikolaikirche in Leipzig, dem Ausgangspunkt der Montagsdemos, zu gestalten: Sein nicht realisierter Entwurf sah vor, den Schriftzug „Wir (alle) sind das Volk“ mit blauem Licht handgeschrieben anmutend auf den Treppenabsatz vor der Kirche zu projizieren. An jedem Montag sollten Menschenrechtsorganisationen ihre Tische auf dem Platz aufstellen, für ihre Anliegen werben und Kerzen verkaufen, die als Mahnzeichen zwischen den Leuchtpunkten im Pflaster um die Kirche aufgestellt würden.
Im September 2016 flog ich nach New York und traf Hans Haacke zum Interview. Mir gegenüber saß ein 80-Jähriger mit wachen Augen, Nickelbrille und Lederjacke. Geboren 1936 in Köln, studierte er in Kassel, im Zonenrandgebiet, 30 Kilometer vor der Grenze. In den 80er Jahren stellte er in West-Berlin aus und besuchte einen alten Schulfreund im Ostteil der Stadt. Ein Volkspolizist hatte ihn auf offener Straße angesprochen und auffällig laut gefragt, wo er denn herkomme. Das Aufnahmegerät hörte sicher mit. Hans Haacke verfolgt das deutsche Geschehen aus New Yorker Distanz. Seit 1965 lebte er in den USA, liest Woche für Woche den Spiegel, steht in engem Austausch mit Freunden und Kollegen. Wiedergesehen haben wir uns auf der Akropolis in Athen, zur Eröffnung der documenta 14 im Frühjahr 2017.
Bereits zum fünften Mal nahm Haacke an der Großausstellung teil, für die er seinen Entwurf für Leipzig wieder aufgriff: Ein überdimensionales Banner hing am zentral gelegenen Museum für zeitgenössische Kunst, dem EMST. Zwölfmal stand „We (all) are the people“ da geschrieben, schwarz auf weiß, in verschiedenen Schriftarten und Sprachen. 10.000 Plakate klebten wild in Athen, an Straßenecken und öffentlichen Plätzen. Auch in Kassel irritierte das Motiv auf zahlreichen Werbeflächen: Arabisch, Bulgarisch, Englisch, Farsi (Dari), Französisch, Kurdisch, Russisch und Türkisch fanden sich in beiden Städten, Albanisch, Griechisch, Kroatisch und Rumänisch nur in Athen. Die Sprachwahl würde jeweils prozentual den Anteil an Migrantinnen und Geflüchteten in Griechenland und der Bundesrepublik widerspiegeln, erläuterte Haacke: „Das Banner bekräftigt unsere Verbundenheit mit allen Migranten und Flüchtlingen, die gegenwärtig in vielen Ländern der Welt virulentem Fremdenhass, Rassismus und lebensbedrohenden Religionskonflikten ausgesetzt sind.“ Der das Textfeld rahmende Regenbogenverlauf verleiht der Aussage einen plakativen Touch, erinnert an die Regenbogenfahne, die für Aufbruch und Frieden wie für die Akzeptanz individueller Lebensformen steht.
Haacke bedient sich in seinen Arbeiten immer wieder der Sprache der kommerziellen Werbung wie der politischen Repräsentation, die auch einem nicht eingeweihten Kunstpublikum verständlich ist. Neben der deutlichen Referenz an die Regenbogenfahne nutzt er, wenn auch in abgeänderter Form, weil um das „(alle)“ ergänzt, einen in Deutschland, bekannten Ausspruch, der seit den Jahren 1989 und 1990 Teil des kollektiven Gedächtnisses ist und seither mehrfach vereinnahmt wurde. Bei Protesten gegen Hartz IV hatten sich Demonstranten des Ausspruchs bedient, die Bundeskanzlerin sprach in ihrer Videobotschaft zum Tag der Deutschen Einheit im Oktober 2016 davon und rief dazu auf, „Wir sind das Volk“ nicht von Rechtsextremen vereinnahmen zu lassen.
Haackes Banner werfen mit dem Wissen um die Konnotation des abgeänderten Ausspruches Fragen auf. Fragen danach, wie viel 1989 und 1990 mit dem Heute zu tun haben, mit Pegida und Fremdenhass, mit dem Gefühl mancher Ostdeutscher, abgehängt worden zu sein. Wie die Euphorie angesichts der Entwicklungen im Herbst 1989 alsbald in Skepsis und Ernüchterung umschlug, so kippte auch die sogenannte Willkommenskultur gegenüber nach Deutschland Geflüchteten im Herbst 2015. Wir (alle) sind das Volk – Haacke gelingt es mit nur einer Wortgruppe, die jüngste deutsch-deutsche Geschichte mit den aktuellen politischen Entwicklungen zu verbinden. Dies vor allem durch die Interpunktion: Das Hinzufügen der das (alle) umschließenden zwei Klammern stellt unweigerlich die Frage danach, wer eigentlich wir, und wenn dies definiert wäre, wer dann noch alle sein sollen. Und schließlich bleibt die Aussage offen, verzichtet auf Punkt, Ausrufe- oder Fragezeichen.
Hans Haackes an konkreten Orten platzierte Text-Arbeiten verbinden immer wieder deutsche Geschichte mit aktuellen politischen Geschehnissen. 1993 hatte er im von Hitler neu gebauten Deutschen Pavillon in Venedig den Marmorfußboden aufreißen lassen. Damals erklärte Haacke, er sei in den „letzten zwei, drei Jahren mehrmals in West- und Ostdeutschland gewesen“ und sein Trümmerfeld ließe sich durchaus als Trümmerfeld des Ost-West-Verhältnisses lesen. 1998 war er vom Deutschen Bundestag eingeladen, ein Konzept für den nördlichen Lichthof des Reichstagsgebäudes zu entwickeln. Der Kunstbeirat entschied sich für seinen Vorschlag, den Schriftzug DER BEVÖLKERUNG in Leuchtbuchstaben, analog zur Schrifttype der Giebelinschrift DEM DEUTSCHEN VOLKE, zu installieren und die Zwischenräume kontinuierlich mit je einem Zentner Erde aus den Wahlkreisen der Abgeordneten zu füllen, aus denen wildes Grün wächst. Die Annahme des Entwurfs löste eine heftige Diskussion aus, die zu einer Bundestagsdebatte führte. Die Beschlüsse des Bundestages würden alle Bewohner der Bundesrepublik betreffen, die Abgeordneten hätten sich daher nicht einem mythischen Volk, sondern gegenüber der Bevölkerung zu verantworten. In diesen seinen „Überlegungen zum Projekt“ erläuterte Haacke damals sein Unbehagen angesichts des Begriffs „Volk“. 2006 plakatierte Haacke auf der Fassade der Akademie der Künste am Pariser Platz in Berlin eine Bilanz von 46 bis zu diesem Jahr im wiedervereinigten Deutschland ermordeten Zuwanderern und Gastarbeitern mit Name, Alter, Herkunft, Ort und Weise der Ermordung unter dem Titel: Kein schöner Land.
Seit der documenta 14 war Wir (alle) sind das Volk auf Bannern, Plakaten und Postkarten in Brüssel, Gent, in New York, Bratislava und Ramallah zu sehen. Wir sprachen über die Idee, sie auch in Leipzig zu zeigen. Der 30. Jahrestag der Montagsdemonstration im Herbst 2019 schien uns dafür passend. Doch die politische Situation in Sachsen verlieh Haackes Arbeit bereits im Jahr 2018 tagesaktuelle Relevanz: Am 25. August 2018 versammelte sich die sogenannte Identitäre Bewegung unter dem Titel „Europa nostra – Heimat und Identität wahren“ in Dresden. Die Hochschule für Bildende Künste Dresden setzte zu diesem Datum „ein Zeichen gegen die geistige Verblendung der Nationalisten und rechten Kräfte“ und positionierte eines der Banner am Gebäude der Kunsthochschule unter der Inschrift auf der Fassade aus dem 19. Jahrhundert „Dem Vaterland zu Ehr und Zier“. Ebenfalls am 25. August wurde in Chemnitz nach einem tödlichen Messerangriff das Stadtfest abgebrochen. Die Bilder von gewaltbereiten Rechten, die gegen Ausländerkriminalität protestierten und Sprüche wie „Wir sind das Volk“ skandierten, gingen um die Welt.
Ich stand in diesen Tagen unter Schock. Bis zum Abitur habe ich bei Chemnitz gelebt. Vorm Karl-Marx-Kopf küsste ich zum ersten Mal meine Jugendliebe. In den Straßen, die jetzt Schauplatz der Auseinandersetzungen waren, spielt der Trailer meiner Pubertät. Noch im Juli 2018 war im Stadtviertel Sonnenberg ein Platz nach meinem Urgroßvater benannt worden, der als Pfarrer gegen die Nationalsozialisten gepredigt hatte und dafür ins Arbeitslager musste. All das schrieb ich Hans Haacke. Wir tauschten uns aus, über die Berichterstattung in den US-Medien, und es ging auch um die Frage, welche Rolle Kunst in dieser Situation spielen könnte. Es lag auf der Hand, das Banner nun nicht nur in Dresden, sondern auch in Chemnitz und Leipzig sowie an möglichst vielen anderen Orten in Sachsen zu positionieren. Die Kunstsammlungen Chemnitz reagierten sofort auf den Vorschlag. Bereits Anfang Oktober hing das Motiv an den Ausstellungshäusern und ist derzeit parallel zum 100. Jubiläum der Sammlungen wieder zu sehen.
Das Ziel, mit den Bannern bis zum historischen 9. November in ganz Sachsen präsent zu sein, scheiterte zum Teil sehr kurzfristig aus organisatorischen Gründen. Seit November 2018 hängt ein Banner an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, seit Januar 2019 wehen Fahnen mit dem Motiv vor der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Der Verein „Freunde aktueller Kunst“ zeigte ein 15 Quadratmeter großes Banner für einige Wochen an einem Gebäude gegenüber dem Rathaus in Zwickau. Eingeweiht im Rahmen der Aktion „Zwickau zeigt Herz“ im April 2019 vom Bündnis für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region, einem losen Zusammenschluss verschiedener demokratischer Parteigruppen, Fraktionen, Verbände und Vereine. Seine Ursprünge liegen im „Bündnis gegen Rechts“, welches sich 1995 in Zwickau gründete. Und die Bauhaus-Universität Weimar plakatierte ihre Werbesäule mitten im Bauhaus-Jubiläum mit Haackes Motiv, der Ehrendoktor der Uni ist. Im Oktober 2019 eröffnete im New Yorker New Museum eine Retrospektive seiner Kunst. Für die im Stadtraum platzierten Plakate hat er die im Trumpland relevanten Sprachen ausgewählt.
Ideologisch verschränkt
Im 30. Jahr der Wiedervereinigung, 30 Jahre nachdem sich der Mercedes-Stern auf dem Wachturm drehte und 20 Jahre nach der Debatte um „DER BEVÖLKERUNG“ wird die Neuauflage von Hans Haackes Wir (alle) sind das Volk über ganz Berlin verteilt zu sehen sein. Im Rahmen der Berlin Art Week 2020 und auf Initiative des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.) werden Fahnen, Banner und Plakate in einer stadtweiten Intervention realisiert. Dort, wo 1990 Haackes Mercedes-Stern den Grenzstreifen erleuchtete, entstand in den vergangenen Jahren ein neues Wohnquartier. Im Exposé wurde mit der Geschichte des Geländes für den Kauf von Eigentumswohnungen geworben: „Eine Adresse mit Format. Das Quartier Luisenpark Berlin-Mitte ist repräsentativ, urban und wahrhaft historisch. Denn genau vor dem Quartier auf der Stallschreiberstraße verlief die Berliner Mauer.“ Die verhängnisvollen ideologischen Verschränkungen von Nationalität, Klasse, Ethnie würden in Haackes Arbeiten in ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz und eleganten Oberflächlichkeit auf verstörende Weise sichtbar und der Weg des Kapitals in seiner globalen Dominanz unleugbar, heißt es in der Jurybegründung des international renommierten Kunstpreises Kaiserring der Stadt Goslar, der Haacke Ende November verliehen wird.
Hans Haacke – Stadtweite Intervention beteiligt u.a. Akademie der Künste, Gropius Bau, Haus der Kulturen der Welt, Kindl, Volksbühne
20 Jahre „DER BEVÖLKERUNG“ im Deutschen Bundestag. Eine Projektdokumentation Ausstellung vom 10. 09. 20 – 15. 01. 2021
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