S21: Grube & Schmid, Nils im Endkampf

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Die Bahnmanager haben es satt. So satt. Dieses ständige stückchenweise Aufdecken ihrer Manipulationen, Schönrechnereien und Lügen. Damit muss jetzt Schluss sein. Brutalstmögliche Fakten müssen geschaffen werden. Und ab Mitte Januar ist Vollzug angesagt. Dann wird abgerechnet und durchregiert. Galls Sammellager steht bereit. Samt Wach- und Zulieferpersonal. Man ist schließlich die Partei des Genossen Noske. Und den Parteisympathisanten Grube lässt man nicht im Regen stehen. Schließlich hat man - wie er – noch eine Rechnung mit dem Wähler und dem Stuttgarter Widerstand offen. Und gleich und gleich gesellt sich bekanntlich gern.

Bei der Volksabstimmung stehen die Aktien gut und so kann beim Geißlerschen „Schlichterspruch“ jetzt endlich auch auf den letzten schönen Schein verzichtet und auch der letzte Betrug exekutiert werden, den die Bahnmanager in diesem Zusammenhang wohl von vornherein angepeilt haben. Und was steht nach Stresstest-Betrug und Volksabstimmungsbetrug noch aus? Die Zerstörung des Schlossgartens.

Zur Erinnerung. Unter Punkt 11.2 des „Schlichterspruchs“ führte Heiner Geißler damals aus:

Die Bäume im Schloßgarten bleiben erhalten. Es dürfen nur diejenigen Bäume gefällt werden, die ohnehin wegen Krankheiten, Altersschwäche in der nächsten Zeit absterben würden. Wenn Bäume durch den Neubau existentiell gefährdet sind, werden sie in eine geeignete Zone verpflanzt. Die Stadt sollte für diese Entscheidungen ein Mediationsverfahren mit Bürgerbeteiligung vorsehen.“(1)

Die Bahn gedenkt, sich auf ihre altbekannte Weise daran zu halten. Sie schreibt die erwünschten und zugesagten Maßnahmen für den Zeitraum vom 15. 01. 2012 bis 29. 02. 2012 aus. Aber mit einem klitzekleinen, gut versteckten Zusatz am Ende, der Geißler entweder als naiven Deppen oder als gerissenen Betrüger dastehen lassen könnte – um es mal etwas drastisch zu formulieren in dieser Zeit der verbal schöngefärbten Lügen, Manipulationen, Verfassungsbrüche usw., in der zurückhaltende Sprache fast schon die Gefahr der Mittäterschaft in sich birgt. So ganz, ganz nebenbei heißt es da nämlich:

Sofern keine Ersatzstandorte gesichert werden können, sind auch die zur Verpflanzung vorgesehenen Bäume zu fällen ..“ Und weil das für die beteiligten Barbaren gar so schön sein wird, gibt es auch noch ein Encore: „Fällen von ca. 50 Bäumen in angrenzenden Bereichen des Mittleren Schlossgartens....“ (2)

Es ist die zu erwarten gewesene Hintertür, die wunderbar in das Schema von Vertuschung, bewusstem Rechtsbruch (30.09.2011) und Ausnahmegenehmigungen passt, die wir nun zur Genüge kennen gelernt haben. Und eine willfährige und skrupellose Söldnertruppe wird sich unter den Profitgeiern sicher finden lassen. Umso mehr, als sich unter solchen Vorgaben womöglich die Profite einfach dadurch vergrößern lassen, dass man möglichst viele Bäume fällt und ein paar Alibibäume sinnlos verpflanzt, um sie dann eingehen zu lassen.

Attraktiv dürfte nach meiner subjektiven Einschätzung das Angebot vor allem für solche Firmen sein, die über keine hinreichende Sachkompetenz für solche Aufgaben verfüge, dafür aber über umso mehr kriminelle Energie. Es genügt wohl die Feststellung, dass kein geeigneter Ersatzstandort zu finden ist. Und dabei stört Fachkompetenz nur. Im Übrigen dürfte keine Firma mit Sachkompetenz sich an einem solch barbarischen Zerstörungswerk beteiligen. Denn, wer beruflich ständig mit alten Bäumen kompetent, motiviert und gut ausgebildet arbeitet, für den verstößt es gegen die Berufsehre, so etwas zu tun. Abschaum dürfte da weniger Skrupel haben

Damit dürfte Grube in einer dritten Etappe seinen „Endsieg“ anpeilen. Im Stresstest wurde dem Stuttgarter Widerstand Rederecht eingeräumt – ohne das Recht allerdings, Gehör zu finden. Der „Schlichterspruch“ wiederholte dann – in Geschenkpapier eingewickelt - das, was schon vorher festgestanden hatte. Teilweise mit derselben Begründung. Eine Art Katharsis sollte es wohl sein, die Geißlersche Variante der Urschrei-Therapie sozusagen – die übrigens auch eine Intensiv-Phase kennt! - , nach der die Opposition sich dann erleichtert und besser fühlen sollte, womit dann der „Frieden“ der Spießer sich wieder so wohlig lähmend über den durchregierten Kessel senken sollte.

Dann der sogenannte „Stresstest“, von dem nunmehr endgültig deutlich geworden ist, warum die Bahn sein „Ergebnis“ vor dem eigentlichen Termin durchgestochen hat: Man wusste, dass man die Öffentlichkeit über all die Manipulationen und Regelverstöße nur dann hinwegtäuschen konnte, wenn man vor einem überraschten und uninformierten Gegner das medial dröhnende „Bestanden“ ins die öffentliche Bewußtsein rammen konnte. Danach interessierte sich die Mehrheit nicht mehr für das mühselige und anstrengende Klein-Klein der Überprüfung und Analyse.

Die aber hat jetzt offenbar ergeben, dass es sich hier nicht um einen Stresstest, sondern um einen „technisch-wissenschaftlichen Betrugsfall“ handelt. So jedenfalls zitiert die Printausgabe der StZ vom 19.11.2011 aus einer Pressekonferenz der befassten unabhängigen Experten vom 18.11.2011.

Die dokumentierenden Videos zu dieser Pressekonferenz, ein zusammenfassender Text und die Einschätzung eines unabhängigen Fachjournalisten finden sich unter (3).

Bleibt die „Volksabstimmung“. Inzwischen wird überdeutlich, weshalb der furchtbar promovierte Jurist Nils Schmid so unbedingt darauf bestand. Sie soll sogar die ultimative Bedingung für eine grün-rote Koalition gewesen sein. Die Vorteile für die Führungsclique der SPD liegen auf der Hand.

Da die Landesverfassung über den Kopfbahnhof selbst scheinbar keine Volksabstimmung zulässt, wird die Sache über ein Ausstiegsgesetz bei der vermutlich ohnehin verfassungswidrigen Mischfinanzierung erledigt. Der Vorteil dabei: dies muss landesweit abgestimmt werden, was von vornherein erwarten ließ, dass eine Mehrheit gegen den Ausstieg zustande kommt. Denn die überwiegende Mehrheit im Land ist schließlich gar nicht betroffen.

Ein weiterer Punkt ist die Möglichkeit, die Wähler durch das Vermischen von S21 und Ausstieg aus der Finanzierung, verbunden mit der Verwirrung um „Ja“ und „Nein“ dermaßen kirre zu machen, dass sie sich nun nur darauf konzentrieren, was sie nun ankreuzen müssen. Damit ist einer ausufernden Scheindebatte der mediale Boden bereitet und jeder Sachargumentation von vornherein der neuronale Boden entzogen. Man will nur noch seine Ruhe, und dass dieses Verwirrspiel endlich ein Ende hat.

Wenn das nicht hilft, gibt es das Quorum, das wohl von vornherein ausdrücklich dazu bestimmt war, das Zustandekommen von Bürger-Mehrheiten gegen eine Regierungsmehrheit zu verhindern, was im Kern vermutlich ebenfalls verfassungswidrig ist, weil es de facto die in Artikel 20, 2 ausdrücklich vorgesehenen „Abstimmungen“ durch ein Placebo ersetzt.

Schließlich erweist sich der Wahlsieg von Grün-Rot in dieser Sache als Bumerang. Einerseits nämlich fällt mit Mappus ein ganz entscheidender Faktor für die Ausweitung des Widerstandes weg – womit sich denn auch Geißlers trickreicher Versuch, Mappus mit allen Mitteln zu retten am Ende als Strategiefehler erweist, den die Wähler am 27. März korrigiert haben. Andererseits ist diese Volksabstimmung für die Wahlverlierer von SPDCDUFDP DIE Chance, den verdammten Grünen und den abtrünnigen Wählern, die ihnen ihr angestammtes Fürstentum entzogen, mal so richtig in die Eier zu treten.

So kann es denn auch nicht wirklich verwundern, dass im Vorfeld der Abstimmung entsprechende Umfrageergebnisse zustande kommen, die natürlich auch gewollt und durch willfährig übernommene und verbreitete Desinformation vorbereitet worden sind und nun von den auftraggebenden StZ und SWR konsequenterweise so aufbereitet werden, dass sie als Wahlkampfwaffe für die Proler taugen. Ansonsten wird wie üblich gelogen. Fehlinformationen werden großflächig unters Volk gebracht. Nils Schmidt schließlich vergisst im Stress des Endspurts seine brave Bubi-Fassade und offenbart in der WirtschaftsWoche seinen wahren Charakter als machtgeiler Streber und hinterhältige, intrigante Petze, die den ehrlichen, offenen Kampf scheut, weil sie sich ihm offenbar nicht gewachsen fühlt, und stattdessen als Heckenschütze ihre Giftpfeile aus dem Hinterhalt abschießt:

Fall die Bahnhofsgegner Erfolg haben und das Projekt kippt, will Schmid die Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe aus dem Verkehrsressort des Landes finanzieren, das der Grünen-Politiker und S21-Gegner Winfried Hermann leitet. Schmid: „Entschädigungszahlungen müssten vor allem aus dem Etat des Verkehrsministeriums bestritten werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Koalition mögliche Ausstiegskosten durch die Wiedereinführung von Studiengebühren oder Sparmaßnahmen bei Kitas und Ganztagsschulen hereinholt.“ (4)

Es ist schon besonders infam, nun ausgerechnet den Ausstieg, der Mittel für bessere Zwecke freimachen würde, gegen wichtigere Verkehrsprojekte, Kitas und Ganztagesschulen auszuspielen, wo Schmid offenbar noch einen Sündenbock für längst angedachte finanzielle Kürzungen sucht. Und es ist auch wieder das Muster zu erkennen, das er schon in der Schlichtungsphase zeigte. Im offenen Schlagabtausch vor den Augen der Öffentlichkeit war von Herrn Schmid nicht der Hauch einer Spur zu entdecken. Erst als nichts mehr riskiert werden musste, tauchte der saubere Herr Schmid wieder auf und zog seine wohlfeile „Volksabstimmung“ aus dem Hut, die sich mittlerweile als weitere Stufe auf der Betrugsskala herausgestellt hat.

Der Versuch, damit als großer „Versöhner“ in einen erfolgreichen Wahlkampf zu starten, scheiterte kläglich. Offenbar erkannten die Wähler den hinterhältigen Feigling hinter dem selbsternannten „Versöhner“. Aber Herrn Schmid focht das nicht an. Noch in der Wahlnacht versuchte er, sich den grün-roten Sieg mit seinem „Wir haben gewonnen!“ zu kapern und folgte damit angesichts der historischen Niederlage seiner Partei haargenau jenem Schröderschen Realitätsverlust in der „Elephantenrunde“ vom 18.09.2005, der am Ende Frau Merkel zur Kanzlerin werden ließ. (5)

Schmids Verhalten gegenüber den Grünen und dem Stuttgarter Widerstand seither muss man wohl als ganz persönliche Rache an den Wählern betrachten, die seinen heldenhaften Einsatz für den Frieden in Stuttgart so gar nicht honorieren wollten und damit seine Eitelkeit zutiefst kränkten. Da wird wohl inmitten all des Filzes und der Geldgier noch ein ganz privates Süppchen gekocht.

Und Grube? Der ist wieder voll auf dem Welt AG-Tripp, mit dem er schon Daimler fast in den Abgrund riss. Auch diesmal ist er sich wieder ganz, ganz sicher und lässt - ganz der bewährte Deutsche – Räder rollen für den Sieg:

Rüdiger Grube weiß, wohin die Reise geht. „Wir nehmen Kurs auf die Woche der Entscheidung“, sagt der Bahnchef an Bord des Sonderzugs.“ (5)

(1) www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-der-schlichterspruch-im-wortlaut-page3.8c37f69b-3a3b-4238-916d-504258c196a6.html

(2) www.bahnmarkt.eu/oeffentliche_ausschreibung_vobvol_detail_433250.html

(3) www.fluegel.tv/beitrag/297

wikireal.org/wiki/Stuttgart_21/Stresstest

railomotive.com/2011/11/stuttgart-21-wie-sehr-haben-bahn-und-sma-beim-stresstest-getrickst/

(4) www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.vor-der-volksabstimmung-schmid-wirft-gruenen-stoermanoever-vor.b962c6d6-6109-4fff-a3f9-adada04fd201.html

www.youtube.com/watch?v=SdkuQNvuJgs

de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Schr%C3%B6der#Elefantenrunde_2005

(5) www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.befuerworter-werben-fuer-stuttgart-21-grube:-debatten-werden-ein-ende-haben.f5af7085-bd79-4f0c-9b31-5a8c12bcee87.html


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Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

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