S21: Kretschmapp* lässt die Hosen runter

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Kurz vor Weihnachten trafen sich Vertreter des Stuttgarter Aktionsbündnisses mit dem grünen Oberfrosch in seiner Regierungsvilla. Aber das große Frosch-Küssen ging daneben. Statt eines grünen Prinzen saß da plötzlich eine ziemlich schwarze Kröte.

Skandalöses weiß die Stuttgarter Zeitung heute zu berichten: „Mitten in der heißen Phase ist der...Fastnacht in Donzdorf …..ihr Obernarr abhanden gekommen“ (StZ vom 20.01.2012). Was, um Gottes Willen, ist passiert? Die Lokalzeitung hatte die Frechheit besessen, darauf hinzuweisen, dass „erstmals seit Menschengedenken“ der Ministerpräsident nicht zur Auftaktsitzung eingeladen wurde. Diesen „Schlag ins Gesicht“ wollte der 70jährige Obernarr Eberhard Schmid, seit 40 Jahren in der CDU, nicht hinnehmen und schmiss hin. Ach ja, der Schlag ins Gesicht war natürlich nicht die Nicht-Einladung, sondern der Bericht darüber......So etwas gehört sich einfach nicht im Ländle.

Nun ist es allerdings nicht so, dass Kretschmapp* überhaupt nicht mehr eingeladen würde: „...der profunde Rhetoriker schlägt sich in Talkrunden stets bravurös. So auch am Mittwoch bei der Veranstaltung „Goldberg aktuell“ in der überfüllten Aula des Sindelfinger Goldberg-Gymnasiums, in der ihn die bestens vorbereiteten Abiturientinnen Sophie Stellmacher und Catharina Wittel mit frechen Fragen in die Zange nahmen – etwa zu Kretschmanns Vergangenheit im Kommunistischen Bund Westdeutschlands“, weiß die StZ online zu berichten. Und gespannt sucht man nun die Fragen. Und vor allem die Antworten. Aber Inhalte gehören sich in den Stuttgarter Lügen-, Verschweige- und Belanglosigkeitsmedien bekanntlich nicht (siehe oben) – jedenfalls soweit es die S21-Gerontokratie und ihren Amoklauf betrifft.

Nein, Information ist hierzulande mittlerweile die Aufgabe der verbliebenen Leser geworden. Und so erfährt man in einem Kommentar immerhin dies aus Kretschmapps* Einlassungen: „Das Demonstrationsrecht ist wichtig. Aber wer sich gegen die Mehrheitsentscheidung beim VA stellt wie der S21-Widerstand, der macht "alles" kaputt!“

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.winfried-kretschmann-in-sindelfingen-ministerpraesidenten-zum-gaertner-gemacht.7961d5bb-fe9a-41b8-b0b9-0967c0f4f98e.html

Bleibt die Frage, was einer, der von der vatikanischen Zwangsherrschaft zur stalinistischen K-Gruppe und wieder zurück pendelt, der den Grünen beitritt und die Schwarzen liebt, was also so einer unter Demokratie - und vor allem auch unter Rechtsstaat – versteht.

Um mehr dazu zu erfahren, ist es nötig, sich zu BAA zu begeben, wo die greisen Wutbürger von der Halbhöhenlage auf Bäumen zusammensitzen und zwischen esoterischen Gesängen ihre unmaßgeblichen Gedanken austauschen. Dort ist mittlerweile jene Rede von Hannes Rockenbauch dokumentiert, in der er am 14. Januar 2012 aus dem eingangs genannten Treffen mit dem Herrn Minischderbräsidenten berichtet. Die Lektüre ist – selbst ohne begleitende Analyse – sehr erhellend und wird deshalb hiermit ausdrücklich jedem empfohlen, der sich (noch) für das Kleingedruckte bei den Grünen interessiert:

„.....Ein Gespräch, das wir hatten, das war kurz vor Weihnachten, oben in der Villa Reitzenstein. Es hatte gerade geschneit, und man saß da in diesem schönen holzvertäfelten Raum mit dem Marmorkamin. Wir wollten als Aktionsbündnis und von den Initiativen noch mal wissen:
"Herr Kretschmann, was geht noch bei Stuttgart 21?"
Es war ja schon eine spannende Runde. Er hat gemeint:
"Das ist jetzt Dialektik, wir haben wahnsinnig viel erreicht. Wir haben erreicht, dass niemand über Demokratie und über Bauen so weiterreden kann. Da müssen wir was ändern, und da wird sich was ändern. Aber das soll jetzt kein Trostpflaster sein, aber zu der Dialektik gehört auch, dass man in der Demokratie, wenn man verloren hat, sich an das Votum der Mehrheit hält."
Dann haben wir natürlich gesagt: "Ja, aber was ist jetzt mit den ganzen ungeklärten Fakten? Was ist mit dem Vorwurf, dass der Stresstest manipuliert sei? Was ist mit der Mischfinanzierung, die juristisch ja höchst umstritten ist? Was ist generell mit der Frage der Kosten, die keiner abschätzen kann? Was ist mit der Planfeststellung auf den Fildern?" All diese Themen, wo wir sagen, da ist gar nicht klar, ob Stuttgart 21 richtig ist, ob es rechtens ist und ob es funktioniert und finanzierbar ist. Und da hat er klar gesagt:
"Liebe Leute, all diese Argumente haben die Menschen gewusst oder hätten wissen können und haben trotzdem mit NEIN gestimmt. Und es gibt nun mal in der Demokratie kein Gesetz, das verbietet, für einen schlechten Bahnhof zu sein. Und ich als Ministerpräsident werde mich jetzt an dieses demokratische Votum halten."
Und da haben wir gesagt: "Aber Moment mal, Herr Kretschmann, die Volksabstimmung kann doch kein Blankoscheck sein. Die Bahn kann doch jetzt nicht machen, was sie will im Schlossgarten da unten, beim Grundwassermanagement, es ist nicht geklärt. Was ist mit dem Artenschutz? Was ist mit der Planfeststellung oben auf den Fildern? Funktioniert das überhaupt? Was ist mit den Kosten aus dem Stresstest, aus dem Faktencheck? Wer bezahlt denn das?"
"Ja, da sind wir dran, das klären wir dann mit Zeit."
"Aber davor kann man doch keine Fakten schaffen!"

"Ja, wir haben jetzt keine Möglichkeit, das zu verhindern.“
"Wie glauben Sie denn, wie man das dem Wähler erklären kann. Wir haben Sie doch nicht gewählt, um dieses Projekt zu bauen."
"Ja, das ist die neue Form von Demokratie. Wenn es ein unterirdisches Atomkraftwerk gewesen wäre, dann wäre ich jetzt zurückgetreten, aber es ist ja kein unterirdisches Atomkraftwerk."
Also, die Runde ging noch eine Stunde. Wir haben eigentlich - und das war schon bitter - wir haben null Ansage gekriegt, wie er z.B. vermeiden will, was Jürgen Hugger vorher sagte: Dass er eben nicht jetzt genau damit einen Prozess zulässt, dass die Bahn AG ganz spielend den Steuerzahler erpressen kann nach dem Motto, wenn wir jetzt schon mal mittendrin in der Baugrube stecken, da muss man halt zahlen, egal, was bei den Fildern oben passiert. Wir haben versucht zu argumentieren: "Herr Kretschmann, es ist doch so, dass das Projekt noch nicht fertig geplant ist oben auf den Fildern, und bei jeder Planfeststellung, bei jedem Abschnitt gibt es die Möglichkeit, das Projekt insgesamt in Frage zu stellen. Das ist die Planrechtfertigung. Damit steht jeder Planfeststellungsabschnitt zur Disposition. Was passiert denn, wenn wir jetzt oben in der Planfeststellung drin sind und wir heute nachweisen können, dass es viel teurer wird. Und das ist ja nicht die Zahl von uns, sondern die Bahn AG hat ja selber zugegeben: "Im Gegensatz zu 2006 kostet das Projekt nicht mehr 2,8 Milliarden €, sondern 4,1 Milliarden € oder 4,5 Milliarden". Wir sagen ja noch mehr - aber auf jeden Fall ist klar, dass das Projekt viel, viel teurer geworden ist. Beim Nutzen ist das Gleiche. Damals hat man versprochen, wir haben das Leistungsversprechen: 50 bis 100 % mehr Züge. Jetzt wissen wir, dass der Kopfbahnhof - und das hat ihre NVBW, die Nahverkehrsgesellschaft bestätigt - heute schon mehr kann als Stuttgart 21 jemals können wird."
"Ja, also, wir
machen da oben einen Faktencheck, und dann werden wir das alles erörtern ..."
"Aber Herr Kretschmann, das kann doch nicht ersetzen, dass wir uns über dieses Projekt grundsätzlich auseinandersetzen müssen. Wenn das Murks ist, funktioniert es nicht."
"Ja, aber wir meinen es dann schon ernst, dass die Bürger sich beteiligen können. Wir sind da mit allen im Gespräch."
Ich könnte euch noch weiter solche Zitate um die Ohren hauen. Ich lasse es jetzt. Ich will nur eines klarstellen: Wir müssen uns darauf einstellen, dass Herr Kretschmann nichts tut, um die Geisterbahnfahrt zu vermeiden, dass er hier, ohne dass er weiß, ob Stuttgart 21 überhaupt funktioniert und was es kostet, einsteigt in das Projekt, dass es da Opfer geben wird - und das sind der Südflügel und die Bäume. Das ist für ihn völlig klar, das steht nicht zur Disposition. Und unsere Aufgabe ist es jetzt - und das ist für Geisterfahrer im Endeffekt üblich - wenn einer geisterfährt, muss er sich nicht wundern, wenn ihm Tausende entgegenkommen. Und deswegen ist es jetzt unsere Aufgabe, wenn diese Landesregierung uns da im Stich lässt, weiter zum Schutz dieses Landes, zum Wohle dieser Stadt dieses Projekt zu verhindern. Und das müssen wir nun mal selber machen, denn wenn wir "OBEN BLEIBEN" gesagt haben, dann haben wir nicht gemeint "OBEN BLEIBEN an der Regierung" und das um jeden Preis. Sondern da haben wir gemeint, wir wollen diesen Bahnhof nicht! Und dann gilt auch für diese Landesregierung: "Ihr werdet uns nicht los, wir euch schon !"


So was steht natürlich nicht in der Zeitung, sondern hier:

Quelle: www.bei-abriss-aufstand.de/2012/01/20/rede-von-hannes-rockenbauch-am-samstag-14-januar-2012/

* Leider erkennt die Software meiner Tastatur im Moment den Unterschied zwischen Kretschma..... und Mappus nicht und weigert sich, den korrekten Namen zu übernehmen. Ich bitte, diese Peinlichkeit zu entschuldigen. :)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

seriousguy47

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