"Urheberrechtsmassenmord."

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Das Kinski in Berlin. Ein etwas aus der Zeit gefallener und angeschrammelter Laden. Normalerweise würde man sagen, er hätte seine besten Tage schon hinter sich, sie fangen aber gerade erst an. Es riecht nach Wodka-Mate Kotze und Aufbruch. Hier fühlen sich echte Internet-Aktivisten wie Stephan Urbach und Karl-Theoder zu Guttenberg pudelwohl. Stephan Urbach kommt etwas zu spät. "Früher wäre ich vor 14 Uhr nicht aufgestanden, da ist so ein 11 Uhr Termin schon hart." Dabei nickt die blaue Punkertolle auf seinem Kopf still mit. Der vorerst gescheiterte Freiherr war natürlich pünktlich auf die Minute. Kein Wunder, trägt er doch eine Rolex-Kopie an seinem Armgelenk, die immer etwas vor geht. "Diese Original-Rolex habe ich auf einem türkischen Basar in der Nähe von Bodrum erstanden", so der Ex-Kanzler in spe jovial zu dem anwesenden Fotografen. Sichtlich genießt er die Aufmerksamkeit, während man Urbach sein Unwohlsein anmerkt.

Urbach ist jemand, der als Aktivist im Hinter- und Untergrund arbeitet. Zuhause hat er die Fenster schwarz angestrichen – so fällt kein Licht auf den Screen seines Macbook auf dem Aufkleber wie "Iro? Nie!" oder "Lasst euch raten, wählt Piraten!" prangen. Er stieß den arabischen Frühling an, der zum islamistischen Herbst wurde. Guttenberg ist da von einem anderen Kaliber. Er genoss die Sonnenseiten des Lebens und badete in Blitzlichtstahlgewittern. Als Verteidigungsminister schien es so, als stünde er kurz vor dem Einzug ins Kanzleramt. Bis die Affäre um seine Doktorarbeit ihn jäh aus all seinen Allmachtsfantasien riss. Nach kurzer Verbannung ist er nun schon wieder in Brüssel gelandet - als Internetbeauftragter der EU. "Wahrscheinlich hat es überzeugt, dass ich meine Bewerbung als PDF-Anhang in einer E-mail versendet habe – Profi eben."

Wir trafen die beiden zu einem Streitgespräch über Internetfreiheit.

Herr Urbach, ist es nicht ungewöhnlich dass gerade sie als einer der größten Kritiker von Guttenberg heute hier sind?

Urbach: "So groß bin ich ja nicht bei 1,78m (lacht). Aber wenn ich meine blaue Tolle mittels Haarspray hoch toupiere, dann bin ich etwa 2 Meter groß. Und dann gehöre ich wirklich zu den größeren Kritikern von Herrn Guttenberg. Was ich ja auch war."

Herr Guttenberg, seit kurzer Zeit sind sie Internetbeiauftragter der EU und kümmern sich um die Freiheit im Web. Wie sind die ersten Eindrücke?

Guttenberg: "Ich bin sehr überrascht, wie viele kostenlose Porno-Angebote es im Netz gibt. Ich Blödian bin doch wirklich bis vor kurzem immer noch ins Sexkino. So retro, dass es fast schon wieder in ist. Dabei sind doch gerade Porno-Seiten ein Sinnbild für Freiheit: Wo gibt man sich sonst so offen und frei? Ich bin jedenfalls begeistert. Gerade in Diktaturen gibt man sich ja gerne zugeknöpft. Kim Jong-Un wäre -Ungemein begeistert."

Herr Urbach, sehen Sie Pornoseiten wie Youporn als Leuchttürme der Freiheit an?

Urbach: Für uns Piraten spielt Sex ja eher eine untergeordnete Rolle. Entweder haben Sie keinen oder sie wollen keinen. Ich zum Beispiel bin ein transsexuelles Eichhörnchen. Ich träume höchstens von Sex mit Einhörnern. Und Einhörner findet man nur auf Twitter, während man auf Youporn nur Einhörny ist."

Guttenberg: "Obwohl ich auf Youporn auch einen Film mit Einhörnern gesehen habe – nur mal am Rande (der Gesellschaft). Ich mag auch die Aussprache: Youporn dot KOMM! Es passt so gut.

Urbach: "Unter uns Wankern: Letztlich gilt im Internet: Freiheit ist immer die Freiheit des anders wank-enden."

Wir sehen, Sie sind sich nicht in allen Fragen der Internetfreiheit einig…

Guttenberg: "Mich begeistert das Internet, jetzt wo ich es entdeckt habe. Früher dachte ich, es wäre eine Art modernes Kopiergerät. Ich sah mich als Informationsarchitekt, der Textbausteine zusammensucht und damit eine Doktorarbeit zusammenbaut. Aber das Internet ist viel mehr, es befeuert Revolutionen: der arabische Frühling wäre ohne Faecbook nicht möglich gewesen. Daher bin ich auch dafür Facebook sofort zu verbieten, die Leute kommen dadurch nur auf dumme Gedanken. Farmville ist das Opium für das Volk, aber dafür braucht man Facebook nicht. Da könnte man auch eine so genannte Webseite einrichten."

Urbach: "Ich war als Internetaktivist am arabischen Frühling beteiligt…

Guttenberg: "…der ja unglaublich erfolgreich war."

Urbach: "Zumindest wurde der ägyptische Guttenberg aus dem Amt gejagt."

Guttenberg: "Was Sie nicht sagen."

Urbach: "Soll ich's mailen? Denke es kommt dann aber auch nicht an!"

Guttenberg: "Mailen? hat das was mit meinem Pager zu tun?"

Kommen wir doch zu einem anderen Thema: Copyright.

Guttenberg: "Urheberrechte werden vollkommen überbewertet."

Urbach: "Finde ich übrigens auch."

Guttenberg: "Und warum haben sie dann wegen den paar versehentlich in meiner Doktorarbeit gelandeten Textstellen so eine Hetzkampagne gegen mich in Gang gebracht?"

Urbach: "Was sie getan haben war keine Urheberrechtsverletzung sondern ein Urheberrechtsmassenmord. Ein Srebrenica der Wissenschaft. Ein Mosaik der Falschheit. Sie wurden dabei sogar durch das Internet überführt, dessen Freiheit ist jetzt in Weißrussland verteidigen sollen."

Guttenberg: "Es gibt Internet in Weißrussland, warum Weiß ich davon noch nichts. Gibt es diese Datenautobahn wirklich überall auch in Afrika?"

Urbach: "Ja."

Guttenberg: "In Somalia?"

Urbach: "Ja."

Guttenberg: "In Papua Neuguinea?"

Urbach: "Ja."

Guttenberg: "Und in so rückständigen Gebieten wie Unterfranken gibt es das Internet da auch?"

Urbach: "Unglaublich aber wahr: ja."

Wir sehen schon echte Experten unter sich. Herr Urbach, wo sehen sie die Grenzen der Freiheit?

Urbach: "Letztens tauchte ein Foto von meiner Frisur auf der Website www.hairurbach.de auf, da wurde Fotos meiner Haare gezeigt. Also meiner echten, einem Popper-Seitenscheitel, diese blaue Pro Perücke ziehe ich nur aus Imagegründen auf. Soviel Transparenz muss dann doch nicht sein."

Guttenberg: "Seit dem ich meine Gelhaare-Perücke nicht mehr trage fühl ich mich viel freier, sollten sie auch mal ausprobieren."

Zum Abschluss noch eine Frage an sie beide - und wir bitten um kurze Antwort - sind sie schon einmal auf eine Mail der Nigeria-Connection hereingefallen?

Guttenberg: "Ich habe mal eine bekommen, da versprach man mir Millionen, wenn ich helfe. Die habe ich an meinen alten fast väterlichen Freund weiter geleitet, der interessiert sich immer für gute Deals."

Urbach: "Aber so Mails sind doch nur ein ganz offensichtlicher Betrug, auf die würde ich nicht reagieren. Bei Penisverlängerungen muss man abwägen, wie seriös das Angebot ist."

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

siegstyle

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