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Uns hat niemand gefragt!

Bis jetzt durfte wirklich jeder seinen Senf zum Thema Urheberrecht geben: Ob Künstler, Verwerter oder Piraten. Fast stündlich wird mit einem Grass-Gedicht zu dem Thema gerechnet: "Was kopiert werden muss." HALT! Nicht das Gedicht, dass ist der Titel. Nicht dass unser Nobelpreisträger auf obskuren Filesharing-Portalen in Dritte-Welt-Ländern zum Tausch angeboten wird gegen - sagen wir mal - Glasperlen. Hermann Hesse hätte so etwas als Glasperlenspiel bezeichnet, aber heute ist es tödlich ernst.

Jetzt schalten sich auch die Werke selbst in die Debatte ein. Auf www.wir-sind-werke.de bringen sie endlich ihre Position zum Thema Urheberrecht im digitalen Zeitalter zum Ausdruck. Hier einige Stimmen von den Initiatoren:

Amiga-Platte: Onkel Stanislaus und seine Jazz-Opas.

„Dixieland-Jazz wurde früher in den Südstaaten nur in Dixi-Klos gespielt, die neben den Baumwollfeldern standen, auf denen Sklaven arbeiten mussten. Manche behaupten, da sollte diese Musik auch wieder verschwinden – und zwar schnell. Unsere Platte „Onkel Stanislaus und die Jazz-Opas hat es dann digitalisiert aber nicht an die Klowände des Internets geschafft, sondern auf Filesharing-Plattformen. Die halten manche auch für Scheiße und es stinkt ihnen, dass man uns Jazzer da – wie die jungen Leute es nennen – downloaden kann. Als LP bin ich das rotieren gewöhnt, meistens bei 33 rpm, daher bringt mich als Platte so schnell nichts aus der Ruhe. Gerade als Amiga-Scheibe aus der DDR bin ich froh, auf Fileservern in Tonga, Vanuatu oder den Cook Inseln zu landen. Das hätte ich mit früher nicht zu träumen gewagt. Da gings höchstens nach Bautzen, wenn man bei der Republiikflucht erwischt wurde. Daher bin ich FÜR Filesharing. Scheiße hin oder her.“

Landserheft Nr. 96: Ausbruch der 9. Torpedoboots-Flottille aus der Adria

„Was ist der Unterschied zwischen einem WK Zwo Landser und der Zeit? Die Zeit ist noch nie Stillgestanden. Darum gibt es jetzt diese bolschewistischen Kopier-Möglichkeiten. Wir Landser-Heftchen sind heutzutage eingekesselt wie anno dazumal Leningrad. Armeen von Menschen, die Filesharing betreiben, überrennen die Verteidigungslinien des Urheberrechts. Da hilft nur – wie bei der 9. Torpedoboots-Flottille in der Adria: der Ausbruch. Zeigen wir den Besitztums-Bolschewiken, dass der Kunst-Kommunismus noch nicht im Netz die Schlacht gewonnen hat. Unser Endsieg ist ganz nahe: Wo steht Steiner, um uns rauszuhauen? Der muss doch auf dem Weg sein und mit der 12. Arme den Führerbunker der Rechteverwerter zu befreien. Eins ist sicher: der Bolschewismus wird in Berlin seine größte Niederlage erleben – und zwar im Bundesrat.

Roman: Die neuen Leiden des jungen W.


„Ach du meine Goethe: Ich persönlich finde Kopien und Geschichtenklau auch ziemlich blöde und öde. Glaubt mir zwar niemand, weil ich „Die neuen Leiden des jungen W.“ bin, ist aber so. Ich finde, zum Kopieren braucht man nur einen Server: das eigene Gehirn ohne eigene Gedanken. Ich selbst nenne solche Datenspeicher gerne zärtlich „Helene Hegemann“. Die war ja ein wandelnder USB-Stick mit großer Speicherkapazität – wobei USB-Sticks eine größere Sexyness ausstrahlen. Für mich käme es einem Selbstmord gleich, wenn Werke wie ich auf Originalität verzichten müssten. Boah, hab ich jetzt Bock auf Original Werther’s Echte – liegt wohl daran, dass ich es mir gerade abgewöhne original polnische Marlboro zu rauchen.“


Film: Police Academy 7 - Mission Moscow


„Ich als Police Academy 7 – Mission Moscow, weiß doch Originale am besten zu schätzen. Schließlich bin ich die Kopie, einer Kopie, einer Kopie, einer Kopie – von einem wirklich guten ersten Teil. In Teil 7 sind die gleichen Witze so oft erzählt worden, dass da niemand mehr drüber lachen kann, außer vielleicht in Nordkorea. Ich habe keine eigenen Ideen und halte den Weltrekord in den Downloadzahlen ­– in negativer Hinsicht. Ich wurde noch nie gedownloaded, keine Ahnung woran das liegt. Vielleicht fürchten sich die Filesharer vor den Polizisten in Police Academy 7. Dabei sind das total lustige Gesellen. Ok, vielleicht nicht mehr in meinem 7. Teil, aber sonst schon. Außerdem müsste man das mal mit Russland vergleichen: Hier landet man als illegaler Download gleich in Sibirien."


The Best of Weird Al Yankovic

„Ich bin „The Best of Weird al Yankovic“ – wobei The Best schon ein bisschen übertrieben ist. Aber es gibt ja keinen Ausdruck wie „The mediumst“ im Englischen für mittelmäßige Kopien hervorragender Lieder. Weird Al Yankovic lebte von Cover-Versionen großer Hits. Ob Madonna, Michael Jackson oder Nirvana – alle zog er durch den Kakao. Oder besser gesagt: Schokoladenheißgetränkimitat. Aus diesen Cover-Songs entstand ich. Man kann mich überall downloaden, aber keiner will dafür bezahlen – Sauerei. „Nevermind“ würden einige jetzt sagen, oder „Bad“ beziehungsweise „Like a Virgin“, weil sie meinen sie wären unschuldig. Aber wer noch nie gedownloaded hat, werfe den ersten Server. Wusstet ihr eigentlich, dass Weird al Yankovic in Palästina als Lady Gaza auftritt? Er trägt dort Frauenkleider aus selbstgebastelten Mörsergranaten. Katjuschas. Die Idee hat er von Selbstmordattentätern kopiert.“


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Geschrieben von

siegstyle

Framstags kommt das Frams.

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