Don't call me Gemüsebratling

Werbekritik Die sogenannte „Line Extension“ ist ein ebenso wunderbares wie wahnsinniges Instrument des Marketing

Es bezeichnet im Grunde nichts anderes als den Vorgang, ein Produkt leicht zu verändern – und dann mit der schwer eindrücklichen Bezeichnung „neu“ zu verkaufen. Heraus kommt: eine Produktlinie. Und Profit. Natürlich nur, wenn die Menschen das Neue brauchen – oder das zumindest glauben.

Besonders virtuos im Aufspüren noch unentdeckter Bedürfnisse ist das fleischverarbeitende Unternehmen Tillmann’s aus Weißenfels, Sachsen-Anhalt. In den vergangenen zwei Jahren brachte es den deutschen Verbrauchern zum Beispiel bei, dass sie paniertes Fleisch besser im Toaster erhitzen als es in der Pfanne zu braten. In den TV-Werbespots warnte dieses Toasty dann: „Don’t call me Schnitzel“ – was so viele Menschen beeindruckte, dass das Toasty zur erfolgreichsten Produktneuheit der vergangenen zwei Jahre im Lebensmittelhandel wurde.

Um die Welle zu verlängern, gibt es jetzt eine Line Extension, sprich: Toastys aus Fisch und aus Gemüse. Klingt erst einmal wie eine konsequente Fortsetzung. Nur, dass Tillmann’s jetzt ein Problem hat. Denn mit welchem Slogan soll man das bewerben? „Don’t call me Fischstäbchen“? Oder gar: „Don’t call me Gemüsebratling“?

Vielleicht hatte Martin Heidegger doch recht. Er glaubte, die Sprache sei das Haus des Seins. Möglicherweise lässt sich an manchen Sätzen ja ablesen, dass das Sein aus einigen Oberstübchen schon ausgezogen ist.

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