Vielleicht wird die Feindseligkeit, die Barack Obama in Amerika entgegenschlägt, weniger von seiner Hautfarbe hervorgerufen, als von der Tatsache, dass er sich von Zeit zu Zeit immer noch eine Zigarette ansteckt. Er ist in dieser Hinsicht immer wunderbar ehrlich gewesen. Anders als Bill Clinton, der über seine Beziehung mit Monica Lewinsky log, weigert sich der derzeitige Präsident zu leugnen, dass er raucht – was manch einer als schwereres Vergehen betrachten dürfte als sexuelles Fehlverhalten. Selbst nachdem er eine Anti-Rauch-Maßnahme durch seine Unterschrift zum Gesetz gemacht hatte, gab er zu, „manchmal Rückfalle“ zu erleiden, bei seinen Versuchen aufzuhören.
Es gehört Mut dazu, das im Augenblick in den USA zu sagen. Das Land sc
SA zu sagen. Das Land scheint sich unaufhaltsam auf eine Prohibition zuzubewegen. Durch das Eingeständnis, Raucher – wenn auch nur Gelegenheitsraucher – zu sein, weist Obama sich als Angehöriger einer Minderheit aus, die inzwischen eher Diskriminierung ausgesetzt ist als jede ethnische Minderheit. Michael Bloomberg, Bürgermeister von New York und selbst Ex-Raucher, hat die Schikanierung von Rauchern sogar noch befeuert. Er sagte, Rauchern beim Vorübergehen einen „nicht besonders netten Blick“ zuzuwerfen, habe gezeigt, dass „sozialer Druck wirksam ist“.Der erste Schritt zum General-Verbot?Die New Yorker qualmen draußen auf der Straße, weil sie es drinnen meist nicht dürfen. Jetzt aber ist im "Land der Freien" selbst ihr Recht, im Freien zu rauchen, bedroht. Der Gesundheitsbeauftragte der Stadt, Thomas Farley, hat angekündigt, er wolle das Rauchen in New Yorks 1.700 Parks und Spielplätzen und an den 22 Kilometern Strand der Stadt verbieten. Das klingt wie ein erster Schritt in Richtung eines Verbotes an jedem Ort. Der Bürgermeister New Yorks scheint angesichts des Plans von Farley überrascht gewesen zu sein, hat die Möglichkeit aber nicht ausgeschlossen. Er will zunächst „feststellen, ob das Rauchen in Parks sich schädlich auf die Gesundheit der Menschen auswirkt.“ Das dürfte ungefähr so nachprüfbar sein wie die Existenz Gottes. Da er sich gerade um eine Wiederwahl bemüht, will er aber wohl nur herausfinden, wie die Öffentlichkeit reagiert. Er selbst ist nämlich ein nicht weniger fanatischer Gegner des Rauches als Adolf Hitler und König James I. von England vor ihm.In Anbetracht dieser Umstände freute mich die Schlagzeile der New York Times, die verkündete: „Vorschlag für Rauchverbot stößt auf Ablehnung bei toleranten New Yorkern.“ Die dann folgende Geschichte stimmte allerdings nicht gerade zuversichtlich. Neben der weit verbreiteten Skepsis, wie ein solches Verbot umgesetzt werden könnte, wurde auch die Ansicht geäußert, dass andere Gerüche wie etwa jene von Essen oder Parfüm als ebenso störend empfunden werden könnten wie der Geruch des Tabakrauches. Ein Freiheitsliebender stellte sich sogar eine quasi-stalinistische Zukunft vor, in der man schon verhaftet werden kann, wenn man Nikotinflecken an den Fingern hat. Der vorherrschende Eindruck war jedoch ein fatalistischer. Niemand schickte sich an, gegen ein solches Verbot aufzubegehren. Die Raucher sind bereits zu entmutigt.Europa wird wohl bald nachziehenEs wäre schön, wenn London den Rang New Yorks als freieste und toleranteste unter den Großstädten dieser Welt einnehmen würde, aber das wird freilich nicht geschehen. Wenn es läuft wie gewöhnlich, wird die britische Hauptstadt ein, zwei Jahre später die gleichen Gesetze erlassen. Die Weigerung der Lokalverwaltung von Richmond, einer am Stadtrand von London gelegenen Gemeinde, ein Werbefoto für ein Literaturfestival zuzulassen, auf dem die Journalistin Lynn Barber mit einer Zigarette zu sehen war, ist typisch für die Haltung der Londoner Behörden. Und diese Haltung findet man in ganz Europa wieder. Selbst aus Frankreich wird berichtet, ein Verleger habe die Veröffentlichung der Autobiographie Jaques Chiracs verschoben, weil das Cover-Bild diesen mit einer Zigarette in der Hand zeige.Die einzige Hoffnung der britischen Raucher ist Boris Johnson. Als er für das Amt als Londoner Bürgermeister kandidierte, wagte er es, das nationale Rauchverbot in Kneipen und Clubs in Frage zu stellen. „Wozu haben wir demokratische Organe auf lokaler Ebene, wenn wir nicht zulassen, dass Fragen wie diese auf lokaler Ebene entschieden werden?“, fragte er. Doch um die Toleranz gegenüber Rauchern ist es in Großbritannien so schlecht bestellt wie in den USA. Und auch Johnson wird wohl wie New Yorks Bürgermeister zu der Einsicht gelangen, dass mit ihr kein Staat zu machen ist.