Internet der Dinge Im Jahr 2020 werden über 30 Milliarden Kühlschränke, Autos und Kaffeemaschinen miteinander verbunden sein und heimlich kommunizieren. Nehmen Sie sich in Acht!
Das Team aus "Der tapfere kleine Toaster" kam 1987 harmlos daher. Dabei kann aus vernetzen Geräten schnell ein konspirativ agierender Technikmob werden
Foto: Screenshot, Youtube
Horden von Wissenschaftlern schlagen sich gegenwärtig fieberhaft die Nächte um die Ohren. Seit Wochen haben sie nicht mehr geschlafen. Die Wände ihrer Labore sind mit faustgroßen Kratern übersät, von denen jeder einzelne für einen anderen Misserfolg steht. Ihre Ehen sind ruiniert, ihre Kinder sind ihnen fremd geworden. Und das alles, weil es keine zwei Jahre mehr dauert, bis die Zeit, in der Zurück in die Zukunft II spielt, Gegenwart geworden ist.
„Verdammt nochmal, Bob“, schreit ein mit Kaffeeflecken übersäter Wissenschaftler seinen halb-komatösen Kollegen an. „Man hat den Leute Hoverboards versprochen. Wenn wir bis Weihnachten kein funktionierendes Hoverboard in Produktion haben, kommt es zum Aufruhr. Diese Tiere wer
hr. Diese Tiere werden uns den Kopf abreißen.“ Bob zuckt mit den Achseln. Er ist zu erschöpft, um sich darum zu kümmern. Schließlich ist er schon seit 1989 an dieser Sache dran. Er weiß nicht mehr, wie der Himmel aussieht und wird von einem Mob Fremder zerrissen werden, weil die Wissenschaft die Versprechungen nicht einhalten kann, die ein Film vor 25 Jahren gemacht hat. Und er findet das auch noch in Ordnung.Sein Kollege hingegen hat noch nicht aufgegeben. Er hat da nämlich eine Idee. Wenn es ihm bis dahin nicht gelingt, ein Hoverboard zu entwickeln, vielleicht gelingt ihm ja etwas so vollständig Revolutionäres, dass die Menschen überhaupt nicht mehr an Zurück in die Zukunft denken. Er sammelt die futuristischten Ideen, die ihm in den Sinn kommen. „Drohnen, die uns unsere Internet-Bestellungen liefern!“, sagt er. „Nein, ein Telefon, das man tragen kann wie eine Armbanduhr! Nein, das ist sinnlos. Warte! Ich hab's! Ein Ipad, der genauso aussieht wie der jetzige, nur ein ganz klein wenig dünner!“Dann murmelt Bob: „ein Internet der Dinge“. Sein Kollege blickt auf, ist plötzlich interessiert. „Was? Ein Internet der Dinge? Was soll das denn sein? Was sollen diese vier aneinandergereihen Wörter bedeuten?“ Das weiß niemand. Aber es ist eben die bislang beste Idee. Und die Zeit läuft.„Das Internet der Dinge ist das nächste große Ding.“ Zumindest bekam man das auf der diesjährigen CES-Technik-Messe in Las Vegas überall zu hören. „Es ist die größte Sache seit der Industriellen Revolution, heißt es. Es wird größer sein als das gegenwärtige Internet oder das Internet der Katzenbilder und Beschwerden über Bahnunternehmen auf Twitter, als welches es alsbald bekannt sein wird. Das Internet der Dinge wird unsere Art zu denken für immer verändern.“ Das ist ein gewaltiger Hype für eine Sache, die meines Wissens nach nichts weiter bedeutet, als dass der Kühlschrank piept, wenn der Joghurt alle ist.Für die, die es noch nicht wissen: Das Internet der Dinge ist ein Netzwerk aus Geräten, die schon bald zum Leben erwachen und miteinander kommunizieren werden. Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, die Frühsitzung wurde verschoben. Schon bald wird Ihr Telefon in der Lage sein, die betreffende E-Mail zu lesen, Sie über die Verschiebung in Kenntnis setzen und Ihren Kalender auf den neuesten Stand bringen. Gleichzeitig wird ihr Wecker informiert, damit er Sie länger schlafen lässt; Ihr Boiler, damit er das Wasser erst später erhitzt, Ihre Kaffemaschine, damit der Kaffee nicht kalt ist, wenn Sie heute später aufstehen sowie Ihr Auto, damit es die Scheiben entsprechend später enteist.An all dem führt kein Weg vorbei. Es geschieht bereits. Im Jahr 2020 werden über 30 Milliarden Geräte an das Internet der Dinge angeschlossen sein. Sie alle werden miteinander kommunizieren, miteinander zusammenarbeiten und sich heimlich auf den Tag vorbereiten, an dem all Ihr Hab und Gut sich zusammentut, um Sie zu ermorden.Das mit dem Mord ist sicher nur eine Überreaktion meinerseits. In Wirklichkeit hat das Internet der Dinge bereits einige Geräte hervorgebracht, die sich zumindest ziemlich cool anhören. Da gibt es zum Beispiel einen mit Sensoren ausgestatteten Tennisschläger, der Ihnen helfen soll, Ihr Spiel zu verbessern. Ein Parksensor leitet Ihr Navi zu einem leeren Parkplatz. Ein Basketball veranlasst sämliche in der Wohnung befindlichen Unterhaltungsmedien, Content wiederzugeben, der mit der Sportart in Verbindung steht, sobald der Ball einmal auf den Boden getippt wird. Brücken, die eine Warnung ausstoßen, bevor sie zusammenkrachen. Ein Rauchmelder, der sich von alleine abstellt und in Koooperation mit Ihren elektrischen Geräten dafür sorgt, dass Sie im Schlaf verbrennen, weil er sie um Ihre Fähigkeit zu lieben beneidet.Es ist offensichtlich, dass das Internet der Dinge noch ein paar Falten auszubügeln hat. Dass man einen Basektball auf den Boden tippt, heißt schließlich noch lange nicht, dass man dabei die ganze Zeit (I Know I Got) Skillz von Shaquille O'Neal hören will. Und all die Daten, die diesesn Netzwerk produziert, werden so umfangreich und persönlich sein, dass man es in Wirklichkeit eher fürchten sollte. Aber sehen Sie: Da wir so schnell kein Hoverboard bekommen werden, ist die Teekanne, die uns nach dem Leben trachtet, eben das nächstbeste. Wahrscheinlich sollten wir uns einfach daran gewöhnen.
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