Auch nach dem erfolgreich bewältigten Schuldenschnitt für die Privatwirtschaft stehen die Forderungen nach grundlegenden strukturellen Reformen der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft im Raum. Das Rettungspaket von EU und IWF ist nach wie vor an weitere Sparmaßnahmen wie Rentenkürzungen, Absenkung des Mindestlohnes und die Streichung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst geknüpft. Ein Bereich des griechischen Haushaltes, der offenbar bislang wenig auf Einsparungsmöglichkeiten hin untersucht wurde, sind hingegen die gewaltigen Militärausgaben des Landes.
Die Tatsache, dass das relativ kleine und demokratische Griechenland, das keine besonderen globalen Ambitionen hegt, so viel für seine Armee ausgibt, ist schon sehr verwunderlich. Im Jahr 2006, als die Finanzkrise ihre ersten Schatten vorauswarf, war Griechenland hinter China und Indien der drittgrößte Waffenimporteur weltweit. Im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts lag sein Militärbudget bei durchschnittlich vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes – das sind über 1.000 Euro pro Person. Wenn Griechenland also strukturelle Reformen nötig hat, sollte man meinen, dass sein übergroßer Militärhaushalt bestens geeignet wäre, um damit anzufangen. Hätte Griechenland nämlich im Verlauf der zurückliegenden 20 Jahre lediglich den EU-Durchschnitt von 1, 7 Prozent für Waffen ausgegeben, hätte es 52 Prozent seines BIP einsparen können und wäre heute somit nicht völlig bankrott. Es hätte lediglich rezessionsbedingte Probleme, mit denen sich auch andere Ländern herumschlagen müssen.
Vorgeschobene Gründe
Als Hauptgrund für das hohe Militärbudget wird oft die mutmaßliche Bedrohung durch die Türkei angeführt. Aber das Argument ist aus mehreren Gründen wenig überzeugend. Erstens handelt es sich bei beiden Staaten um NATO-Mitglieder mit einer ganzen Reihe gemeinsamer Verbündeter, nicht zuletzt den USA, was einen Krieg zwischen beiden Ländern äußerst unwahrscheinlich macht. Außerdem hat die Türkei schon mehrfach eine gegensetige Reduzierung der Militärbudgets vorgeschlagen, was von Griechenland bislang stets abgelehnt wurde. Schließlich haben sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zuletzt spürbar verbessert, was die exorbitanten Verteidigungsausgaben noch unnötiger erscheinen lässt. Die griechischen Militärausgaben bewirken weiter nichts, als dass sie die Situation weiter verschärfen und die Türkei zu einem Wettrüsten drängen.
Auch der zweite, von der griechischen Regierung angeführte Grund – ihre Soldaten müssten die durchlässigen EU-Außengrenzen gegen illegale Einwanderer abschirmen – ist nur wenig überzeugender. Es scheint zwar plausibel, dass für den Grenzschutz in einem Land mit EU-Außengrenze mehr Geld ausgegeben werden muss. Unklar bleibt jedoch, welche Rolle die jüngsten Kampfflugzeuge, U-Boote und Panzer bei der Aufnahme von Einwanderern spielen könnten, die zu Fuß oder in kleinen Booten in Griechenland ankommen.
Warum also gibt Griechenland nach wie vor solch gewaltige Summen für seine Armee aus?
Ein wesentlicher Faktor besteht darin, dass die Rüstungsindustrieren Frankreichs und Deutschlands massiv von den großzügigen Rüstungsausgaben der Griechen profitiert haben und dies die deutsche und französische Regierung dazu veranlasst hat, Druck auf Athen auszuüben, die lukrativen Waffengeschäfte nur ja nicht zu canceln.
Zwischen 2005 und 2010 hat Griechenland mit 15 Prozent des Gesamtvolumens der deutschen Militärexporte mehr Waffen aus Deutschlands importiert als jedes andere Land. Im gleichen Zeitraum war der griechische Staat drittgrößter ausländischer Kunde der französischen Rüstungsindustrie und deren Top-Käufer in Europa. Als 2010 das erste Rettungspaket für Griechenland verhandelt wurde, gab das Land 7, 1 Milliarden Euro für die Rüstung aus. 2007 waren es noch 6, 2 Milliarden gewesen. Insgesamt wurde eine Milliarde für Waffen aus Deutschland und Frankreich ausgegebenund das Land damit in dem Jahr, in dem die Sozialausgaben um 1, 8 Milliarden Euro gekürzt wurden, noch weiter in die Verschuldung getrieben. Behauptungen wurden laut, dass es sich dabei um keinen Zufall handle und die Rettungspakete der EU ausdrücklich an die Weiterführung der Waffengeschäfte gebunden gewesen seien. Konkret gibt es Vorwürfe, es habe aus Frankreich Druck für den Kauf mehrerer Tarnkappenschiffe gegeben. Unterdessen verkaufte Deutschland 223 Haubitzen an Hellas und machte einen umstrittenen Deal perfekt, bei dem es um fehlerhafte U-Boote ging. Dies führte zu Vorwürfen, griechische Offizielle seien bestochen worden.
Druck der Exporteure
Zugegeben: Griechenlands Militärausgaben wurden seit 2010 entscheidend gesenkt, wenn auch bei weitem nicht so drastisch wie die Ausgaben im Gesundheits- und Sozialsystem. Dennoch gibt Griechenland, gemessen an seinem Bruttoinlandsprodukt, nach wie vor mehr für Kriegsgerät aus als alle anderen EU-Mitglieder und bleibt einer der größten Waffenexporteure weltweit. Auch haben Angela Merkel und Nicolas Sarkozy während der Verhandlungen über das jüngste Rettungspaket immer wieder Druck auf die Regierung in Athen ausgeübt, an den bestehenden Waffengeschäften festzuhalten.
Deren Bedeutung für den weltweiten Waffenhandel wurde jüngst in einem Bericht hervorgehoben, aus dem hervorgeht, dass die Verkäufe in den vergangenen vier Jahren um ein Viertel angestiegen sind, angetrieben durch die wachsende Nachfrage aus Asien. In Anbetracht der wirtschaftlichen Stagnation in Europa und dem Westen insgesamt bleibt die Militärtechnik eine Schlüsselbranche, in der die Wettbewerbsvorteile gegenüber den aufstrebenden Volkswirtschaften aufrechterhalten werden konnten. Während die Waffenexporteure Deutschland, Frankreich und Großbritannien von diesem Zuwachs profitieren konnten, hat er gleichzeitig den wirtschaftlichen Graben in der EU vertieft. Interessanterweise ist Portugal – ein weiteres Land, das sich in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet – nach Griechenland Deutschlands zweitgrößer Abnehmer von Rüstungsgütern.
In der gegenwärtigen Situation fällt es nicht schwer, alle Schwierigkeiten der Griechen auf Korruption, Steuerflucht und den überdimensionierten öffentlichen Sektor zurückzuführen. Man kann sich aber der Vermutung nicht erwehren, dass die Krise in Griechenland heute nicht solch dramatische Ausmaße annehmen würde und der Bevölkerung nicht solch drastische Sparmaßnahmen (Einkommensverlust: durchschnittlich 30 Prozent) zugemutet werden müssten, wäre der Militärhaushalt des Landes schon viel früher und konsequenter zurückgeführt worden.
Kommentare 9
"Behauptungen wurden laut, dass es sich dabei um keinen Zufall handle und die Rettungspakete der EU ausdrücklich an die Weiterführung der Waffengeschäfte gebunden gewesen seien. Konkret gibt es Vorwürfe, es habe aus Frankreich Druck für den Kauf mehrerer Tarnkappenschiffe gegeben. Unterdessen verkaufte Deutschland 223 Haubitzen an Hellas und machte einen umstrittenen Deal perfekt, bei dem es um fehlerhafte U-Boote ging. Dies führte zu Vorwürfen, griechische Offizielle seien bestochen worden."
Genauso läuft es und dabei werden dann auch gerne die eigenen Werte über Bord geworfen. Das sind übrigens genau die Werte, die man in anderen Ländern mit erhobenen Zeigefinger lautstark und scheinheilig einfordert (Stichwort "Korruption") - und das ist übrigens nicht nur bei "schmutzigen" Waffengeschäften so.
Dass in diesem Fall jedoch gleichzeitig die Bevölkerung harte Lohn- und Renteneinschnitte hinnehmen muss, macht die Angelegenheit freilich um ein vielfaches unappetittlicher.
Was ist die Welt wert - nur Geld... die Kriese Türkei zwischen GR dürfte doch lange vorbei sein - D hat noch viel Geld, welches aber immernoch verschenkt wird. Da muss ich nicht in Israel tief tauchen....
Der FDP-Europa-Abgeordnete der FDP Jorge Chatzimarkakis beantwortete die Frage so und bot folgende Lösung an:
Warum spart Griechenland nicht noch konsequenter bei den Militärausgaben?
"Darüber würde sich die deutsche Rüstungsindustrie nicht gerade freuen. Möglich wäre das aber, wenn die EU die Ostgrenze Griechenlands zu ihrer Grenze erklärt."
www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Nur-ein-Marshall-Plan-kann-helfen-1852626817
Also gegen wen richtet sich nun diese Aufrüstung und wer verdient daran? Gut, dass niemand solch Vorschläge ernsthaft diskutiert. :-)
Welche Werte werden über Bord geworfen????
Ihr Nick passt nicht - sollte complicate lauten - ;-).
Raub und Mord sind der Schlussel zum Reichtum.
So simpel ist es!
Das Griechische Volk wurde - da es sich wohl teils etwas sehr naiv und gutgläubig zeigte - jene die die wirklich dort provitierten in der Euro-Dekade wusste wohl genau wie es kommen würde und haben daher auch - egal wieviele Milliarden noch Waffen und andere höchstwichtige Importgüter fließen werden - bevor man auch nur daran denkt den Hunger auf den Straßen zu bekämpfen - analog Südostasien, Afrika, teils Süd-Mittelamerika, Ost-Europa, nun auch Süd-Europa, schlichtweg ausgeraubt, der Mord folgt nun teils durch die Hunger-und Armutskeule.
Auf wessen Leichen basiert wohl unser eigener kleiner Wohlstand?
Noch eine ganz simple Rechnung.
Man nehme die Weltbevölkerung, berechne die Transformationskurve und nachdenken erübrigt sich.
Man sieht ganz einfach auf dem Papier vor sich den Irrsinn der Welt, da der Ist-Zustand vom theoretisch notwendigen - unter Berücksichtigung auch nur einer minimalen menschlich-gerechten (im Sinne wie wir hier das wohl mehrheitlich verstehen) Komponente - fast diametral abweicht - inklusive einer für alle Individuen auf dem Planeten katastrophalen Tendenz - auch jener, die wohl glauben alles im Griff zu haben (die zeugen ja - noch - künftige Nachwuchsplutokraten...).
Simplify, sorry, es gibt nichts zu vereinfachen - so simpel wie der Tod, so simpel ist der Wahnisnn der menschlichen Sozialkonstruktion - raube, morde und werde reich - ob du es selbst tust oder als Teil einer Gruppe Mittäter bist und nur ein klein wenig profitierst - macht doch nur einen Unterschied beim Anteil der Beute.
"....Das Griechische Volk wurde - da es sich wohl teils etwas sehr naiv und gutgläubig zeigte -..."
Bei allem Respekt: Waren Sie schon einmal in Athen?
Viele Grüße
fos?
.... in der Tat - den Satz hätte ich anderes formulieren müssen..... -
ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass sie die Kleptokraten in ihrem Land über die Dekaden hinweg geduldet und sich in diesen Stukturen eingerichtet haben - Struktruen, die für alle erkennbar falsch und verlogen waren und sind!
Im Übrigen kann man diese genauso auf uns projezieren, wir haben einzig das Glück in dem Land zu leben, wo die breiten Massen etwas planvoller in die relative Armut geführt werden.
Ich war zwei Jahre auf Kreta, es war eine sehr schöne Zeit, die Menschen kamen gut klar, doch man wusste auch, wer für was zu haben war - wobei - auch hier keine Überhbeblichkeit durchschimmern sollte - in Niederbayern kann ich diese ebenso beobachten!
..... und so traurig es ist - ich habe noch nirgends wirklich integre Strukturen ohne Machtmissbrauch erlebt oder gesehen.
So ende ich mit dem Satz - .... da wir uns alle als naiv und gutgläubig erweisen, hängen wir dem Hoffnungsimpuls nach, bzw wir denken in vorraus - wir glauben mehrheitlich, es würde schon besser werden.
Die Griechen müssen in großer Zahl derzeit einen hohen Preis für diese Hoffnung bezahlen - unser Zahltag kommt auch!
"...Die Griechen müssen in großer Zahl derzeit einen hohen Preis für diese Hoffnung bezahlen - unser Zahltag kommt auch!..."
Ich musste lächeln, als ich heute im Radio Symphatiebekenntnisse für den steuersparsamen Würstchenunternehmer vernahm.
Sie haben Recht, irgendwie ist Bayern wie Griechenland.
Viele Grüße
fos?
Das "h" muss zwei Stellen nach rechts.
die "h´s" hüpfen manchmal umher.... -
ja - der Bayer steht zu seinem Kleptokratenspezi - wie schrieb ich kürzlich -
würden wir die Sklaverei offiziell wieder einführen, sowie die sogenannten Leistungsträger mit Titeln ausstatten und Latifundien, der gemeine Subleistungsbürger würde dem wohl nicht mit großer Wucht entgegentreten.
Die Medien würden sich empören, wohl wahr - doch - nachdem man einen Medienadel dazuschiebt, sozusagen als taktische Nachhut, wäre wohl auch von dieser Seite schnell eine "sachorientierte" Berichterstattung opportun.
Es ist zum heulen, doch wir heulen nicht, die einen finden es ohnehin alles nicht so tragisch und die anderen flüchten - ich zähl mich zu den Letzteren - vielleicht sehe ich ja alles viel zu dunkel und hoffnungslos - wer weiß, vielleicht kommen bald die grünen Megapolen mit horizontalen Gärten, das symbiotische Sozialmodell vom harmonischen Interagieren und die Bannung von Gier und Mehrwertmenschentum - doch diese mögliche Utopie - sie schimmert nur ewig in den Phantasien der wenigen optimistischen Träumer fürchte ich -
Wir werden graue, zubetonierte Zonen erleben, wundervoll kitschig und arrogant gestaltete Lebensräume für die Halbgötter und eine völlig lebensfeindliche Umwelt, in welcher die sich verweigernden Magnichtsklaven um ein Überleben bemühen - die Autoren der 70er - sie werden Recht behalten mit ihren dystopischen Vorstellungen.
Einzig Architekten träumen utopisch und manche Techniker - doch die vergessen regelmäßig den Investor - so sie zu träumen beginnen - die Pläne ihre Klugheit landen in Schubladen, die Lohnarbeit für ihre Herren wird Realität.
So träumen zwar viele vom Positiven, schaffen aber letztlich das Negative - wir tanzen uns in immer enger werdenen Gedankenkreisen ins Aus!
Viele Südeuropäer werden bald wirklich und ich meine das ernst - afrikanisch Hungern, da ihre Strukturen im Freundeskreis und der Familie langsam materiell erodieren - dann schlägt die Wucht der Armut mit ganzer Härte zu - es trifft zwar auch jetzt schon vermeintlich viele - nur - die meisten realisieren noch gar nicht wie hilflos sie dem Moloch ausgeliefert sind!