Ein von amerikanischen Ex-Botschaftern verfasstes Memo macht derzeit in Washington die Runde. Inhalt: Ratschläge an die Obama-Administration für eine Reform des diplomatischen Dienstes. Die Kernaussage des gänzlich unprovokant A Foreign Affairs Budget for the Future betitelten Papiers (dt.:Ein Budget für den diplomatischen Dienst der Zukunft) lautet, Amerika brauche mehr Bodenpersonal (4.735 zusätzliche Angestellte) und dazu mehr Geld (jährlich 2 Millarden Dollar), um diese Leute schleunigst auszubilden. In einem kürzlich erschienenen Artikel stößt der amerikanische Ex-Diplomat Anthony Holmes ins selbe Horn und wiederholt das oft bemühte Wort, die USA würden mehr Musiker in der Blaskapelle des Militärs beschäftigen, als Diplomaten im Ausland. Das war gerade erst auch wieder auf einer Sitzung des Rates für Auswärtige Beziehungen der USA zu hören.
Ist das Ministerium, das Hillary Clinton übernehmen wird, tatsächlich in jeder Hinsicht dermaßen am Ende? Die Antwort lautet ja, aber mehr Mittel und mehr Personal werden da nicht unbedingt Abhilfe schaffen. Bei der Krise handelt es sich um eine der Kultur, nicht eine der menschlichen Ressourcen. Zudem sind bereits jede Menge strebsamer Diplomaten mit Ivy-League-Abschluss im diplomatischen Anfangsdienst mit nichts anderem beschäftigt als Visa abzustempeln - und eben nicht damit Kommunikees zu schreiben oder die Außenpolitik zu gestalten. Das ist Vergeudung von Ressourcen.
Eine problematische Angelegenheit sind auch sie amerikanischen Botschaftsgebäude. Wie ist hinter hohen Bombenschutzmauern und Stacheldraht Diplomatie zu machen? 2006 wurde viel Aufhebens um die „transformative Diplomatie“ der Condoleeza Rice gemacht. Das Konzept sah Anstrengungen vor, die Beamten des Auswärtigen Dienstes dazu zu kriegen, sich raus den Hauptstädten zu begeben und sich unter die Bevölkerung des Landes, in dem sie Dienst haben, zu mischen. Jenseits des Foggy Bottom, wie die US-Hauptstadt auch genannt wird, sorgte das Programm allerdings eher für Verwirrung. Derweil bauen die USA weiter Botschaften, die man selbst vom All aus sehen kann. Diese verschwenderisch geschmückten und mit Fünf Sterne-Unterkünften bedachten Festungen sind zu traurigen Metaphern für die US-Außenpolitik geworden.
Die Luxus-Botschaft von Bagdad
Das zu erkennen genügt bereits ein Blick auf die protzige 592 Millionen Dollar schwere Botschaft von der Größe des Vatikan, die gerade offiziell in Bagdad ihre Tore geöffnet hat. Den Irakis ist auf diesem Gelände im wahrsten Sinne des Wortes der Zutritt verboten. Das Gebäude erzeugt seinen eigenen Strom, hat eine eigene Post, ein eigenes Klärwerk und einen Swimmingpool in Olympiamaßen. Seine verwöhnten Bewohner sind vom Chaos, das außerhalb der eigenen Mauern herrscht, komplett abgeschottet. „Das Grauen ergreift die Botschaftsbewohner wenn sich die Joghurtvorräte einmal ihrem Ende zuneigen,“ schrieb William Langewiesche schon 1997 in der Vanity Fair.
Mittlerweile ist der diplomatische Korps der USA dermaßen politisch befangen, dass er zu keiner Produktivität mehr fähig ist. Schlimmer noch: Hinter den Schreibtischen in Washington sitzen unqualifizierte Ideologen. Für den Iran war beispielsweise der selbsternannte Neocon David Denehy zuständig. Da erstaunt es nicht weiter, dass fast ein Drittel der Foreign Service Officers nicht die Fremdsprache(n) beherrschen, die zur Ausübung ihres Jobs erforderlich sind.
Diplomatie per Hochglanz-Magazin
Darüber hinaus wird der Public Diplomacy wird ein zu hoher Stellenwert beigemessen. Doch Versuche anti-amerikanisch gesinnte Muslime für die amerikanische Sache zu gewinnen, indem Geld für Propagandamittel verpulvert wird, muss man als gescheitert bezeichnen. Die Pläne für das Hi-Magazine, ein an die Vanity Fair angelehntes Hochglanzblatt für den Nahen Osten, das sich mit Religion, Politik und Krieg beschäftigen sollte, wurden 2005 glücklicherweise ad acta gelegt. Ein ähnliche Nummer ist der Fernsehsender al-Hurrah, der als arabischsprachige Alternative zu Al-Jazeera gedachte ist, jedoch irgendjemanden interviewt, dessen Ansichten in Washington schlecht ankommen könnten. Mitglieder der Hisbollah zum Beispeil.
Das Problem ist nicht, dass die Menschen in diesen Teilen der Welt die Amerikaner nicht verstehen – das tun sie sehr wohl. Das Problem ist die amerikanische Politik. Kein noch so großes Aufgebot an Public Diplomacy und keine noch so überschwängliche Schwärmerei darüber, wie großartig die amerikanische Kultur doch sei, wird daran etwas ändern. Soft Power ist nicht Gegenrezept für gescheiterte Hard Power.
Mehr Geld reicht nicht
Ich stimme dem ehemaligen Botschafter und Verteidigungsminister Robert Gates zu, der gesagt hat, dass die „Militarisierung der Diplomatie“ ein Ende nehmen muss. Diplomaten, nicht Muckimänner in Kampfanzügen sollten das Gesicht der US-Außenpolitik sein. Ich bin auch der Meinung, dass unbewaffneten Diplomaten gleiche Leistungen und gleiche Arbeitsplatzsicherheit verdienen, wie die Männer und Frauen in Uniform. Sogar die Notwendigkeit befestigter Botschaftsgebäude leuchtet mir in Anbetracht der Zahl der Anschläge ein.
Aber ich glaube nicht daran, dass sich eine Verdopplung oder gar Verdreifachung des Budgets oder der Angestelltenzahl im Auswärtigen Dienst Amerika wie von Zauberhand in die Lage versetzen wird, die Krisen in der Welt effektiver zu entschärfen. Und noch viel weniger wird Amerika dadurch sein Ansehen in der Welt wiedererlangen können. Das ist Unfug. Zweifelsohne wird die baldige Außenministerin Hillary Clinton nicht hinten anstehen und bald ebenfalls die gängigen Sticheleien über die Größe der US-Militärkapellen loslassen. Sie täte aber besser daran, auf die kulturelle Krise innerhalb ihres Ministeriums zu sprechen zu kommen und dafür zu sorgen, dass die Vereinigten Staaten außerhalb ihrer Grenzen ihre Pimp-My-Botschaft-Mentalität ablegen.
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