London`s calling

G20-Gipfel Linke und globalisierungskritische Gruppen mobilisieren im Netz zu Protesten gegen den G20-Gipfel Anfang April in der britischen Finanzmetropole. Eine Übersicht

Vor dem G20-Gipfel in London macht die Protestbewegung mobil – vor allem in Internet. Die Öffentlichkeit reagiert alarmistisch. Die Angestellten der Londoner City wurden vor möglichen Angriffen gewarnt, die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor. Wer aber sind die Demonstranten wirklich und was haben sie vor?

G20 Meltdown

Ein Zusammenschluss antikapitalistischer Gruppen organisiert am ersten April einen Karneval unter Führung der „Vier apokalyptischen Reiter“, dessen Teilnehmer am 01. April vor der Bank of England zusammenkommen werden. Über ihre Ziele sagen die Veranstalter auf ihrer Internetseite: „G20-Meltdown ruft die G20 dazu auf, zu ihren Fehlern zu stehen und zuzugeben, dass ihre Dominanz, , das heißt die Dominanz des Finanzkapitals Ursache des Problems in Gestalt der ökonomischen, ökologischen und politischen Krise darstellt, und nicht die Lösung desselben.“ Auf der Facebook-Seite von G20-Meltdown erfährt man mehr Einzelheiten über die von vier Londoner U-Bahn-Stationen ausgehenden Routen. Die Organisatoren hoffen, ein Videoclip auf YouTube werde bei der Mobilisierung helfen. Von Meltdown gibt es auch regelmäßige Updates auf Twitter.

Anarchists

Anarchy.net ruft dazu auf, den Herrschern dieser Welt den „Gipfel und andere Abenteuer zu „versauen“ („fucking up the summit and other adventures“). Aktionen vor dem EXCel Centre-Messegelände in den Londoner Docklands sind für den ersten und zweiten April geplant. „Schließt Euch tausenden von Leuten an, die die Schnauze voll haben und dies auf den Straßen des Finanzdistrikts zum Ausdruck bringen wollen. Die Banker stecken sich immer noch Milliarden in die Taschen. Verlangt das Geld zurück, stürmt die Banken und schickt sie nach Hause“, ist auf der Internet-Seite zu lesen. Die aktuelle Ausgabe des Magazines Class War (Klassenkampf) zeigt den früheren Chef der Royal Bank of Scotland mit dem Kopf unter der Guillotine und der Überschrift: „Ready to Riot“. Die Whitechapel Anarchist Group informiert anhand von Bildern darüber, wie die Szene durch Graffiti und Plakate zu den Protesten mobilisiert.

Climate Camp

Die Gruppe, die schon einige Demonstrationen auf dem Flughafen Heathrow organisiert hat, wird am 1. April um 12.30 Uhr vor dem Sitz von European Climate Exchange demonstrieren – das Unternehmen stellt den größten Marktplatz für den Handel mit CO2-Emissionen zur Verfügung. Climate Camp plant, „aus verschiedenen Richtungen und auf verschiedene Art und Weise innerhalb von ein oder zwei Minuten vor dem Gebäude am Bishopsgate einzutreffen. Wir raten Euch daher, Euch schon früh irgendwo in der Nähe zu treffen, um dann so loszugehen, dass Ihr genau um 12.30 eintrefft. Es spricht nichts dagegen, das Ganze im Vorfeld einmal zu proben.“ Twitter-Updates gibt es auf ClimateCampLdn.

Government of the Dead

Die "Regierung der Toten" beschreibt sich selbst als „ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Radikalen, die von der flatterhaften Hand des Schicksals und einer freudigen Entschlossenheit zusammengebracht wurden, für eine bessere Welt zu kämpfen als der verwesende Kadaver des Kapitalismus sie uns ermöglicht“. Besucher der Seite werden aufgefordert, am ersten April auf die Straße zu gehen, um dem „Prozess und der Hinrichtung durch Enthauptung des Kapitalismus beizuwohnen. Der wegen Verbrechen gegen den Planeten Angeklagte wird die Möglichkeit erhalten, vor seinem Ende noch ein umfassendes Reuebekenntnis abzulegen.“

Stop the War Coalition

Die Antikriegsbewegung nimmt den ersten Besuch Barack Obamas im Vereinigten Königreich zum Anlass, die USA und Großbritannien dazu aufzufordern, ihre Truppen aus dem Irak und Afghanistan zurückzuziehen. Die Demonstration trifft sich am ersten April vor der amerikanischen Botschaft am Grosvenor Square und am zweiten vor dem EXCel Center.

Put People First

Diese vom Dachverband der britischen Gewerkschaften (TUC) unterstützte Demonstration beginnt am Samstag, den 28.3.09 am Londoner Victoria Embankment und endet im Hyde Park. „Put People First ist eine Koalition aus Entwicklungshilfeorganisationen, Gewerkschaften, religiösen Gruppen, Umweltschützern und anderen Organisationen, die sich gebildet hat, um für einen gerechten und nachhaltigen Weg aus der Rezession einzutreten“, informiert die Internetseite. Es gibt eine Facebook-Gruppe und Twitter-Updates unter putpeoplefirst.

Alternativer G20 Gipfel

Ein paar hundert Schritte vom Gipfel im EXCel-Center entfernt wird die University of East London ein alternatives „Teach-In“ für „all diejenigen“ abhalten, „welche der Ansicht sind, dass diejenigen Politiker und Banker, die für die Krise verantwortlich sind, entlassen oder ersetzt werden müssen“. Auch hier existiert eine Facebook-Gruppe mit näheren Einzelheiten über die Sprecher, unter denen sich auch britische Politiker wie Tony Benn von der Labour Party, Caroline Lucas von den Grünen und der ehemalige Londoner Bürgermeister Ken Livingstone befinden, der auch als „Roter Ken“ bekannt ist.


Darüber hinaus beteiligen sich noch weitere Gruppe an den verschiedenen Protesten – darunter die Billy Bragg Fans bei der G20-Krise , das Laboratorium für die Phantasie des Aufstands, die Kampagne für nukleare Abrüstung sowie Reclaiming Spaces und die Socialist Workers.


Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Redaktion | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

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