Tief in den dunklen Winkeln von Donald Trumps sehr, sehr großem Gehirn macht sich gerade ein dumpfes Gefühl breit, das an seinem großkotzigen Narzissmus nagt: Seine eigenen Unterstützer finden ihn nicht mehr ganz so toll. Sicher, nicht alle haben sich von ihm abgewandt. Die verärgerten alten Männer sind immer noch da und diffamieren lauthals Migranten, die Medien und alle, die keine verärgerten alten Männer sind.
Aber all die weißen Frauen – diejenigen, die er als Mehrheit der Frauen bezeichnet hat (weil der Rest für ihn nicht zählt) – sind einfach nur zu den Türen gestürmt, auf denen „Trexit“ steht.
Die Wahlbefragungen vor den Kongresswahlen zwischen zwei Präsidentschaftsvoten geben den Demokraten bei den Wählerinnen einen enormen Vorsprung von 21 Prozent, während die Republikaner nur einen Vorsprung von zwei Prozent bei Männern vorweisen können. Bei den weißen Frauen steht es 50 zu 48 für das Anti-Trump-Lager, bekannt als Demokraten. Die einzige Altersgruppe, die die Republikaner für sich gewannen, waren die über 65-Jährigen – und auch das nur mit einem Prozent Vorsprung.
Erst vor zwei Jahren hatten in den gleichen Wahlbefragungen neun Prozent der weißen Frauen Trump den Vorzug gegenüber der ersten Frau gegeben, die je als Präsidentschaftskandidatin einer großen Partei ins Rennen ging. Verheiratete Frauen waren 2016 ziemlich gespalten, tendierten aber bei den jetzigen Wahlen stark zu den Demokraten.
Die Midterm-Wahlen 2018 sind die Geschichte weißer Frauen aus den Vorstädten auf der Flucht vor Trump. Im traditionell von den Republikanern dominierten Texas führte das erstmals seit 20 Jahren zu einem extrem spannenden Wahl-Duell. Man muss kein Politik-Experte sein, um zu wissen, was ein umstrittener Staat Texas für den nächsten Präsidentschaftswahlkampf bedeutet, der praktisch sofort im Anschluss an die Midterms beginnt.
Gar nicht so populär
Barack Obama verlor 2010 deutlich in den Zwischenwahlen, gewann aber zwei Jahre später bequem seine Wiederwahl. Aber er war auch vernünftig und interessiert daran, die Wähler in der Mitte zu erreichen. All das ist Trump nicht, und er zeigt keine Anzeichen von Lernfähigkeit.
Wer meint, dass Trump im Dreieck zwischen Weißem Haus, der neu gewählten Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und den traditionellen Republikanern im Senat agieren könnte, muss bedenken, was Trumps Innerstes ausmacht. Wir haben hier einen Mann, der nicht anders kann. Dabei ist es egal, ob es darum geht, den Russen Informationen auszuplaudern, die Frau massiv zu kritisieren, die seinem Supreme-Court-Kandidaten sexuellen Missbrauch vorwirft, oder gegen Amerikaner lateinamerikanischer Herkunft zu hetzen, die am stärksten wachsende Wählergruppe der Nation.
Nein, Trump kann sich nicht ändern, egal, was die Wähler ihm sagen. Er wird einfach noch trumpiger und versucht sich an den letzten schütteren Haaren seiner rechtsextremen Komplizen festzuklammern, während die sich im Waschbecken kreisend gen Abfluss bewegen.
Natürlich gibt es noch genügend Nachrichten, mit denen sich Trump und seine Anhänger schönreden können, alles sei rosig. Die Republikaner haben einige Senatssitze dazugewonnen, basierend auf einem Sechs-Jahres-Zyklus, der mit Obamas Wiederwahl 2012 begann. Wenn das als Sieg gilt, dann kann England seit 1966 einige WM-Siege im Fußball feiern.
In Zeiten relativen Friedens und Wohlstands hätten die Republikaner problemlos einen Sieg einfahren sollen, immerhin ist die Arbeitslosigkeit auf einem historischen Tief, während Löhne und Gehälter steigen. Aber im Repräsentantenhaus – wo im Gegensatz zum US-Senat wirklich ein nationaler Wettstreit stattfindet – haben die Wähler klar gezeigt, dass es Grenzen für Trumps fanatischen Anti-Einwanderungs-Rassismus und erstaunlich schamlosen Sexismus gibt.
Es zeigt sich, dass der sogenannte Populismus gar nicht so populär ist, und dass es Frauen aus der Vorstadt nicht allzu sehr mögen, wenn man Familien auseinander reißt und die Gesundheitsversorgung zerschlägt. Nach all den Interviews mit Trump-Wählern in Kleinstadt-Restaurants, wer hätte das gedacht?
Untersuchungen absehbar
In Florida, wo die Demokraten sehr enttäuscht waren vom Senat, ist der Wandel abzusehen. Der Staat, in dem gerade zwei Wahlen mit weniger als 100.000 Stimmen entschieden wurden, hat vor kurzem beschlossen, 1,4 Millionen ehemaligen Straffälligen, die ihre Strafe verbüßt haben, das Wahlrecht zurückzugeben. Ja, Ron De Santis hat seinen Gouverneursposten trotz seiner engen Kontakte zu weißen Nationalisten gewonnen. In Kansas scheiterte unterdessen Kris Kobach, der mit dem Beistand ähnlich rassistischer Freunde ins Rennen gegangen war, in einem Staat, den Trump 2016 mit mehr als 20 Prozent Vorsprung vor Hillary Clinton gewonnen hatte.
Die Zeiten verändern sich gerade radikal für Präsident Trump. Seine Niederlage im Repräsentantenhaus ermöglicht den Demokraten die Ära der vergangenen zwei Jahre abzuschließen, die davon geprägt war, dass die Republikaner sich entschlossen weigerten, Trumps Regierung ernsthaft zu kontrollieren. Statt der stark konservativen Freedom Caucus-Gruppe der Republikaner wird es im Repräsentantenhaus künftig verschiedene Untersuchungen zum skandalösen Verlust tausender Leben in Puerto Rico nach dem Hurrikan Maria im Vorjahr geben. Die Republikaner hatten erfolgreich jede wirkliche Untersuchung der hunderte Millionen Dollar umfassenden Verträge für Nothilfe verhindert, die viele Leben hätten retten können.
Donald Trumps unkontrollierter Zugriff auf die Macht geht abrupt zu Ende und wird so schnell nicht zurückkommen. Es wird durch Trump keine weiteren Steuerkürzungen für große Unternehmen geben und keine Kürzungen für das soziale Netz oder das Gesundheitssystem. Allerdings wird es noch mehr Trump-treue Richter und möglicherweise weitere Kandidaten für den Supreme Court geben.
Schmerzhafter Griff
Für viele führende Demokraten sind das keine blendenden Aussichten, aber das Szenario eines ganz von Demokraten kontrollierten Kongresses war ebenfalls nicht so großartig. Man hatte Angst davor, dass dann bei den Präsidentenwahlen 2020 Trump gegen einen von den Demokraten dominierten Kongress ins Rennen gehen würde. Das wird durch die Gewinne der Republikaner im Senat gerade viel schwieriger.
Die Wahlen waren ein Vorspiel für den anstehenden echten Kampf um den Kongress und das Weiße Haus. Wenn die Demokraten die Präsidentschaft nicht zurückgewinnen, können sie nicht hoffen, die schwärenden, durch den Trumpismus hervorgerufenen Wunden zu heilen. Es ist kein Zufall, dass unter den Demokraten, die ins Repräsentantenhaus einziehen, deutlich mehr Frauen sind als unter der alten republikanischen Mehrheit. Die Demokraten übernehmen zum zweiten Mal die Macht über die Hälfte des Kongresses, gleich zwei historische Errungenschaften.
Daher wird es auch kein Zufall sein, wenn die führenden demokratischen Herausforderer für die Präsidentschaftswahl 2020, die den direkten Kampf mit Trump aufnehmen, Kandidatinnen sein dürften. Die Midterms 2018 waren keine „Blue Wave“ mit Erdrutschsieg für die Herausforderer, aber dafür einer für die Wählerinnen und Kandidatinnen. Als Mann, der berühmt-berüchtigt dafür ist zu glauben, er könne ungestraft Frauen zwischen die Beine greifen, wird Donald Trump bald erfahren, welch schmerzhafter Griff das ist.
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