Annahme verweigert

Staatshilfen Das Rettungspaket der Regierung für die Banken ist falsch konstruiert

Stell dir vor, es ist Krise - und keiner will sich retten lassen. Vor 14 Tagen hat die Bundesregierung ihr gigantisches Hilfspaket für die Finanzbranche geschnürt. Bisher machen nicht einmal eine Handvoll Banken davon Gebrauch. War es eine Übertreibung, als Finanzminister Peer Steinbrück von "Gefahr im Verzug" sprach und das Parlament dazu drängte, dem Eilgesetz binnen weniger Tage zuzustimmen? Ist vielleicht alles gar nicht so schlimm?

Zumindest von Letzterem sollte niemand ausgehen. Welche Ausmaße die Krise hat, wird man jetzt in den Bankbilanzen für das dritte Quartal lesen können. Aber auch hier gilt: Den Einen hat es weniger schlimm erwischt, den Anderen mehr.

Das Paket, so hat es Angela Merkel erklärt, diene dem "Schutz der Bürger und nicht dem Schutz von Bankinteressen". Die Kanzlerin wollte damit einem wahlstrategisch ungünstigen Eindruck entgegentreten - und hat dabei nur halb die Unwahrheit gesagt. Denn dem Schutz der Interessen aller Banken dient die Milliarden-Hilfe tatsächlich nicht. Stattdessen wirkt die Maßnahme wie ein Hebel zur Flurbereinigung innerhalb der Branche. Und womöglich war das von einigen der Architekten im Hintergrund auch so gewollt.

Josef Ackermann etwa: Als die Regierung noch mit der Rettung der Hypo Real Estate beschäftigt war, drängte der Deutsche-Bank-Chef bereits auf einen staatlichen Schutzschirm. Kurz darauf sprach Steinbrück von einem "Plan B". Während ein solcher noch dementiert wurde, waren Spitzenbanker längst in Beratungen einbezogen, von einer "hochgeheimen Arbeitsgruppe" war die Rede. Ackermann selbst, so konnte man später erfahren, sei an der konkreten Ausgestaltung des Rettungspaketes dann zwar nicht mehr beteiligt gewesen. Allerdings verließ der Bankmanager eigens ein Konzert, um rechtzeitig vor der Verabschiedung im Kabinett noch einmal mit Merkel zu reden.

Worüber? Vielleicht über eine Entscheidung, die dazu führt, dass jetzt kaum jemand das Rettungspaket in Anspruch nehmen will: Es fehlt an staatlichem Zwang. Selbst aller sozialistischen Neigungen unverdächtige Experten wie Ifo-Chef Hans-Werner Sinn fordern dies. "Der Staat muss den Banken sagen: Entweder besorgt ihr euch frisches Kapital am Markt, oder wir steigen bei euch ein."

Anders als etwa in Großbritannien, wo alle Kreditinstitute, deren Kernkapitalquote zum Jahresende unter neun Prozent liegt, den Staat als Miteigentümer akzeptieren müssen, hat die Bundesregierung auf das Prinzip der Freiwilligkeit gesetzt. Wer Hilfe beantragt, büßt so aber erst recht Bonität ein. "Ich kann die Staatsgarantien praktisch gar nicht nutzen", sagt der Präsident des Verbandes Öffentlicher Banken und Chef der Landesbank Baden-Württemberg, Siegfried Jaschinski, "weil ich durch die Stigmatisierung mehr Geld verliere, als mir die Garantie bringt." Und auch Klaus-Peter Müller, Präsident des Bankenverbandes und Vorstandssprecher der Commerzbank, sagt, eine Teilverstaatlichung wie in den USA habe "einen unbestreitbaren Vorteil: Aus der Annahme des Hilfsprogramms können keine diskriminierenden Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Lage der Banken gezogen werden".

Anfang der Woche schien die Bundesregierung geradezu darum zu betteln, dass Kreditinstitute sich helfen lassen. Die Opposition drängt auf eine Überarbeitung des Rettungspaketes, Steinbrück lehnt dies ab. Bekannt waren zum Redaktionsschluss lediglich drei Kandidaten: allesamt Landesbanken. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die schon lange danach rufen, diesem halböffentlichen Finanzsektor den Garaus zu machen. Landesbanken haben sich - die Fälle SachsenLB und BayernLB stehen dafür exemplarisch - mit risikoreichen Spekulationen in Schieflage gebracht. Aber haben dies andere, etwa Privatbanken, denn nicht getan?

Solange sie keine Staatshilfen beantragen, entsteht zumindest der Eindruck, bei ihnen wäre es nicht so schlimm. Er würde sich schämen, Geld von der Regierung anzunehmen, sagte Ackermann einen Tag, bevor das Notgesetz den Bundestag passierte, den 150 Topmanagern seines Hauses. Und für jene, die es da noch nicht verstanden hatten, schob er hinterher: Wenn die Deutsche Bank jetzt in der Krise unabhängig bleibe, sei das "eine ganz große Chance".

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