Wer sein Girokonto bei einer Sparkasse oder sein Sparbuch bei einer Bank hat, weiß nicht, was die Geld institute eigentlich mit seinem Geld machen. Immer mehr Menschen aber interessieren sich dafür, ob mit ihren Spargroschen womöglich in Rüstungsaktien, atomare Wiederaufbereitung oder in die Gentechnologie investiert wird - und sie selber sind womöglich UmweltschützerInnen, AtomkraftgegnerInnen oder friedensbewegt. Was in den USA seit mehr als 20 Jahren zum normalen Kapitalmarkt gehört, wird auch in Deutschland langsam wichtiger: Die ökologisch-ethische Geldanlage.
Längst sind die Zeiten vorbei, in denen das gute Gewissen grundsätzlich mit Zinsverzicht erkauft werden mußte. Reelle Rendite ohne Reue ist möglich, Vorsicht und Umsicht sind aber weiterhin angebracht. Denn wie überall, wo es um Geld geht, tummelt sich so manches schwarze Schaf auch im grünen Kapitalmarkt und vertraut darauf, daß Gutwillige besonders gutgläubig sind und nicht rechnen können. »Traumrenditen« gibt es nicht - erst recht nicht in Grün. Im Zweifel aber macht man als Aktionärin eines ökologisch wirtschaftenden Unternehmens, als Mitfinanzier eines sozialen Projektes oder Mitglied einer Genossenschaftsbank sogar ein bißchen Wirtschaftspolitik.
800 Milliarden Dollar sind in den Vereinigten Staaten in »social responsibility« - in sozial- und umweltververträgliche Kapitalanlagen - investiert. Dort hat die Geldanlage nach strengen ökologischen, sozialen, frauenfreundlichen oder ethischen Gesichtspunkten eine lange und erfolgreiche Tradition. In Deutschland interessieren sich erst seit gut zehn Jahren kritische Menschen dafür, was mit ihrem gesparten und angelegten Geld geschieht. Anfang 1997 waren in Deutschland etwa 300 Millionen Mark in Umweltfonds angelegt. Das ist etwas mehr als ein Prozent der insgesamt in Fonds verwalteten Gelder und verteilt sich auf nur rund zehn verschiedene Fonds.
Die Idee, die Regeln des kapitalistischen Geldmarktes zu nutzen, um ökologisch sinnvolle Produkte wettbewerbsfähig zu machen, erneuerbare Energieträger zu fördern oder Kredite für frauenspezifische Projekte mitzufinanzieren, ist bei ökologisch-ethischen Geldanlagen ebenso wichtig wie der Wunsch, die Kontrolle darüber zu bekommen, daß mit dem eigenen Geld nicht gerade die Chlorchemie ihre beträchtlichen Kursgewinne realisiert. Inzwischen gibt es quasi für alles, was auf dem normalen Kapitalmarkt funktioniert, auch eine grüne Alternative: Das geht vom Girokonto über das Sparbuch und den Sparbrief bis zu Investmentfonds und Lebensversicherungen.
Die Frankfurter Ökobank, die im vergangenen Jahr mit inzwischen zahlreichen Filialen zehn Jahre jung wurde, war sozusagen die Pionierin auf dem alternativen Finanzmarkt. Sie funktioniert als Genossenschaft, das heißt, für 100 DM Anteil ist man Genosse und hat, unabhängig von der Menge der Anteile, Stimmrecht. Ziel war und ist, soziale und ökologische Projekte zu fördern, die mangels Sicherheiten und Eigenkapital auf dem normalen Kapitalmarkt keine Chance hätten. Die Ökobank stellt unter anderem mit dem Sparbrief »Umwelt« günstige Kredite für Selbsthilfeprojekte in der »Dritten Welt«, Bildungs- oder Frauenprojekte bereit. In den letzten Jahren wurden so beispielsweise Projekte für kriegstraumatisierte Frauen, Obdachlose und Aidskranke finanziert. Die Zinsen für Spareinlagen waren freilich immer unterdurchschnittlich, damit die Ökobank besonders günstige Förderkredite vergeben konnte. Auch deshalb wurde im vergangenen Oktober das Tochterunternehmen »Ökofinanz« gegründet, das Kapitalanlageprodukte entwickelt, die zum einen umwelt- und sozialverträgliche Vorhaben mit Eigenkapital ausstatten, zum andern Beteiligungsfonds für den Bereich der regenerativen Energien anbietet, der wächst und deshalb irgendwann wirtschaftlich lukrativ werden könnte. Inzwischen gibt es schon drei Windparkfonds, bis Ende 1998 wurden über 16 Millionen Mark Beteiligungen an Windparks vermittelt. Die Ökofinanz will sich auch im ökologisch-sozialen Wohnungsbau engagieren.
Seit zwei Jahren gibt es die Umweltbank AG in Nürnberg, die ihren Anlegerinnen und Aktionären auch gute Renditen verspricht und ausschließlich Kredite an Umweltprojekte vergibt. Die Umweltbank ist eine Direktbank, das heißt, daß man als Kunde/in telefonisch, per Fax oder E-mail mit der Bank verkehrt. Schon in diesem Jahr will die Umweltbank an die Börse gehen.
Ein anderer Weg, umweltbewußt und sozialverträglich Geld anzulegen, sind Invest mentfonds oder Aktien. Die Spannbreite der Firmen, die in einem Fonds vertreten sein können, reicht von Reformhausketten über homöopathische Kosmetik bis zu Wasserversorgern oder Recyclingfirmen. Entscheidend ist, nach welchen Kriterien die Firmen ausgewählt werden und wie transparent die Auswahlkriterien für die Anleger sind. Die Ökobank hat einen eigenen Aktienfond - »Ökovision« - aufgelegt, der, wie die meisten ökologischen Fonds, in Luxemburg angesiedelt ist. Der Gesetzgeber läßt nämlich die Auflage eines ökologisch begründeten Fonds in Deutschland nicht zu: Damit würden, so die Begründung, ja alle anderen Fonds als »unökologisch« diskriminiert.
Die Frage, ob da, wo »grün« draufsteht, auch »grün« drin ist, wird bei Ökovision so gehandhabt: Ein Anlageausschuß, in dem Vertreter von Umweltverbänden, ökologischen Forschungsinsituten oder von Transfair sitzen, prüft die vom Fondsmanagement vorgeschlagenen Wertpapiere, und zwar einzeln. Ist beispielsweise bei einer südbrasilianischen Firma der Arbeitsschutz für Indianerinnen gewährleistet? Nachgefragt wird über örtliche Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. »Wenn da was nicht stimmt«, versichert der Geschäftsführer der Düsseldorfer Ökovisions-Vertriebsgesellschaft, Norbert Toups, »lehnt der Anlageauschuß das kategorisch ab. Natürlich hat das Fondsmanagement die wirtschaftliche Verantwortung, aber wenn der Anlagenausschuß nein sagt, ist das erledigt. Wir entscheiden immer im Einzelfall.« Eine Firma, die Unterhosen aus ökologischer Baumwolle an die Bundeswehr liefert, ist in Ordnung, sollte die Unterhose schußsicher sein, ist sie es nicht. Toups: »Wir sind da glasklar, was zivile und militärische Nutzung angeht.« Schon einige Male hat man erlebt, daß die Kriterien unterlaufen wurden: Eine Firma, die sich mit regenerierbarer Energie beschäftigte, baute plötzlich auch Stromnetze in Schottland und stellte damit Leitungskapazitäten für Atomkraftwerke. Die Firma wurden aus dem Fonds herausgenommen. Auch bei Fusionen kommt es immer wieder zu Ausstiegen, weil der neue Partner den Kriterien nicht mehr genügt.
In den USA legen viele »social responsibility«-Fonds Wert darauf, daß in den Unternehmen Frauen gefördert werden, ethnische Minderheiten und Behinderte im Managament arbeiten oder familiäre Belange der Belegschaft berücksichtigt werden. Auch in Großbritannien und Frankreich haben die einschlägigen Gruppen ausführliche Kriterienkataloge vorgelegt.
Dennoch: Anlagebetrug ist in dieser Szene genauso vertreten wie bei anderen Geldgeschäften. Investmentfonds aber beispielsweise müssen alle halbe Jahr veröffentlichen, wo sie investiert, was sie gekauft und verkauft haben. Man muß erfragen, ob es - wie bei Ökovision beispielsweise - einen Ausschuß gibt, der die Firmen nach den einschlägigen Kriterien prüft. Sinnvoll ist es auch, sich die Renditen der Investmentfonds aus den letzten fünf Jahren zeigen zu lassen. Nicht der Preis des Anteils ist für die Beurteilung eines Fonds wichtig, sondern die prozentuale Wertsteigerung in einem bestimmten Zeitraum.
Die grüne Aktienlandschaft in Deutschland ist noch ausgesprochen winzig. Es überwiegen nordamerikanische Aktien. Heide Härtel-Herrmann, unabhängige Frauenfinanzdienstleisterin in Köln: »Ein Problem bei ökologischen Fonds, die einen hohen Aktienanteil haben, ist, daß die meisten Aktien noch von relativ kleinen Firmen stammen. Der Markt ist noch eng und es gibt ein Schwankungsrisiko. Andererseits sind kleine Firmen auch beweglicher, und der Markt ist als solcher noch überschaubar.« Das Schwankungsrisiko wird offenbar in Kauf genommen: Man hat festgestellt, daß ökologisch bewußt anlegende Menschen längst nicht so schnell in Verkaufspanik verfallen, wenn Kurse sinken; sie vertrauen langfristig auf ihre Entscheidung oder die ihrer Investmentgesellschaft.
»Hemmungsloses Anlegen ist sicher lukrativer«, sagt Härtel-Herrmann. »Aber die Frage ist eben, ob man das will.« Mann vielleicht, Frauen eher nicht. Norbert Toups hat festgestellt, daß 46 Prozent seiner Anleger Frauen sind, eine Zahl, die es bei keinem anderen Anlagemodell gibt. »Frauen wollen eher wissen, was eigentlich mit ihrem Geld geschieht, sie sind in der Regel zukunftsbewußter. Männer zocken lieber«, sagt Toups. Auch Härtel-Herrmann hat das beobachtet: »Frauen sind da kritischer. Es ist aber nicht so, daß Frauen grundsätzlich eher auf gute Renditen verzichten.« Sie erwirtschaften lieber langfristrig und vernünftig eine ordentliche Rendite, als ständig zwischen Höhen und Tiefen zu lavieren.
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