Kann ein solcher Job Spaß machen? Stadtdirektorin, Kämmerin, außerdem zuständig für Wohnungsbau, Personal und Organisation in der drittärmsten Stadt Deutschlands mit einer Arbeitslosenquote von 18 Prozent? Seit 1977 sind in Duisburg 50.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, davon knapp die Hälfte in den vergangenen fünf Jahren. Im jährlichen Verwaltungshaushalt fehlen 250 Millionen Mark, jede Sparmaßnahme wird durch zusätzliche Ausgaben wie steigende Sozialhilfelasten aufgefressen.
»Man muß gute Nerven und Spaß an so etwas haben, aber den habe ich immer noch. Man hat auch Erfolge«, sagt die 52jährige Monika Kuban, die in Duisburg all diese Aufgaben in Personalunion wahrnimmt. »Es ist eine enorme Herausfo
e Herausforderung und bietet sehr viel Gestaltungsmöglichkeiten und Freiräume.« Bei diesen Worten klingt die mächtigste Frau Duisburgs nicht verbittert, eher recht vergnügt.Die gebürtige Mecklenburgerin Kuban, die in Frankfurt und Marburg Politikwissenschaften und in Speyer Verwaltungswissenschaften studierte, weiß, wovon sie redet, wenn sie über Machtpositionen und deren Gestaltungsmöglichkeiten spricht. Von 1988 bis 1992 war sie Kämmerin in Bielefeld, 1992 wurde sie Kämmerin und Wohnungsbaudezernentin in Duisburg, 1994 zusätzlich zur Stadtdirektorin gewählt und ist seit 1997 auch noch für Organisation und Personal zuständig. Seit kurzem ist sie außerdem als erste Frau Vorsitzende des wichtigen Finanz ausschusses des Deutschen Städtetages. »Die Kombination meiner Ämter gibt Macht«, sagt sie gelassen.Wirkliche Macht - oder braucht man vor allem ein dickes Fell? »Das ist natürlich eine konfliktträchtige Stellung«, gibt die Sozialdemokratin zu. Monika Kuban hält sich selbst nicht für konfliktscheu, wichtig sei aber vor allem kompetentes Konfliktmanagement, und das könne man lernen. Geliebt werden Sparkommissare natürlich nicht. Das muß auch nicht sein, findet die erfahrene Stadtdirektorin und erklärt sachlich, wie sie damit umgeht: »Wenn man in einem sehr konfliktiven Feld arbeitet, muß man Strategien entwickeln, mit denen man sein eigenes Verhalten immer wieder auf die sachliche Ebene zurückführt, um eine höhere Legitimation zu erreichen, um akzeptabel zu bleiben. Dies umso mehr, je weniger es zu verteilen gibt. Je stärker ich also meine Entscheidungen sachlich untermauere, desto erfolgreicher bin ich.«Ihr Erfolg als Mängelverwalterin ist relativ. Aber: »Ich verstehe mich nicht so sehr als Kürzerin. Öffentliche Verwaltung muß genauso wie ein Unternehmen lernen, intelligent damit umzugehen, daß man nicht so weiter machen kann wie bisher. Wir haben uns in dieser Stadt entschieden, alle Spielräume zum Sparen dort zu suchen, wo wir nicht in erster Linie Einrichtungen schließen, Dienstleistungen zurückfahren müssen.«Im historischen Duisburger Rathaus, Sitz des Deutschritterordens von 1254, hat man inzwischen Übung darin, mit Phantasie zu knausern. So hat Kuban frühzeitig dafür gesorgt, daß jede Abteilung der Stadt für ihren Etat selber verantwortlich ist. »Die Leute haben Kostenbewußtsein entwickelt.« Mehr als hundert Millionen Mark sind in den letzten fünf Jahren in der Duisburger Verwaltung eingespart worden. Das Rechenzentrum und die Oper werden gemeinsam mit Düsseldorf betrieben, die Städtische Feuerwehr kooperiert mit Mülheim und der Thyssen-Werksfeuerwehr. Zwei Schulen teilen sich einen Hausmeister. Allerdings wird auch städtisches Vermögen in großem Stil verkauft. - Gelöst hat das die Probleme nicht.Monika Kuban will aber mehr: den Trend umkehren, daß die Kommunen immer weniger Steueranteil, aber immer mehr Aufgaben bekommen. Da wird sie kämpferisch, obwohl sie ansonsten wie die Ruhe selbst wirkt, leise spricht, unspektakulär formuliert. »Wir müssen nur gute Nerven haben. Ich habe gute Nerven.« Und unbedingten Rückhalt und Loyalität im Rat.Einstweilen macht sie sich Gedanken über neue Formen öffentlichen Managements. Selbstverantwortung, Selbstverwaltung sind derzeit ihre Lieblingsthemen. Seitdem sie zusätzlich für Personal zuständig ist - auch dies eine Sparmaßnahme - kennt sie auch die Grenzen, die finanzielle Knappheit der individuellen Selbstverantwortung einzelner setzt. »Die Verantwortung für menschliche Schicksale macht mich nervös. Mit Zahlen fühle ich mich immer ruhig und sicher.«Ruhig und sicher fühlt sie sich auch, wenn sie über Macht als solche nachdenkt. »Etwas Realität werden zu lassen, macht Spaß, deshalb macht Macht Spaß.« Sie kann nicht verstehen, daß so viele Frauen immer noch Probleme mit Macht haben. »Es fehlt ihnen am souveränen Umgang damit, daß man, um Dinge verwirklichen zu können, einfach auch Macht braucht und einsetzen muß. Frauen haben häufig ein negatives Verhältnis zur Macht. Wenn sie für vernünftige Ziele eingesetzt wird, ist Macht etwas sehr Gutes.« Sie selbst freut sich nicht ohne Schalk, wenn ihre herausragende Position anerkannt wird: »Wir hatten ein Gutachten in Auftrag gegeben zum Zustand unserer Datenverarbeitung. Als das beauftragte Unternehmen das Gutachten ablieferte, sagten sie mir, sie hätten noch nie so tolle Arbeitsbedingungen vorgefunden. Sie mußten nämlich immer nur mit einer einzigen Person über die Frage reden, wie es weitergeht. Nämlich mit mir.«Zu Hause hat ihr Mann die Finanzen in der Hand. »Gott sei Dank.« Sie hat sich nie so sehr für »die Kasse« interessiert, »denn wirklich interessant ist nur das Geld, mit dem man wirklich etwas steuern kann.«Immer öfter sind für die zusammengeschrumpften öffentlichen Finanzen armer Kommunen oder Länder - Duisburg, Berlin, Saarland, Brandenburg - Frauen zuständig. Das sei wirklich auffallend, sagt Monika Kuban. »Zwar gibt es inzwischen viele ausreichend qualifizierte Frauen, an denen man einfach nicht mehr vorbeikommt, aber trotzdem: Es könnte sein, daß es zunehmend schwerer fällt, für solche undankbaren Aufgaben Männer zu finden.« Den Spaß an der Macht trübe das aber nicht: »Gerade weil die Finanzlage über alle staatlichen Ebenen hinweg so dramatisch ist wie noch nie in der Nachkriegszeit, sind es die mächtigsten Positionen in Politik und Verwaltung, wenn man damit entsprechend umgeht.« Und deswegen, da ist sie sicher, wird es auch immer Männer geben, die diese Positionen einnehmen wollen.
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