Die Demütigung der Deklassierten

Im Gespräch Statt Arbeitslose stärker Druck zu setzen, sollten wir die Qualität der Arbeitsplätze erhöhen, sagt der Soziologe Stephan Lessenich
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Der Freitag: Wenn Karikaturisten den Sozialabbau bildlich fassen, greifen sie gerne auf das Loch im sozialen Netz zurück, durch das Bedürftige fallen. In der letzten Ausgabe des Freitag sieht man Angela Merkel, die die Aufhängung des Netzes durchschneidet. Sie kommentiert, das seien nur „kleine Einschnitte“. Halten Sie diese Beschreibung des zukünftigen Sozialstaats für zutreffend?

Stephan Lessenich:

Nicht ganz, weil es immer noch Gruppen gibt, die sozial nach wie vor gut abgesichert sind. Der deutsche Sozialstaat, wie wir ihn aus der Nachkriegszeit kennen, war an der Mittelschicht orientiert, das heißt an abgeleiteten Ansprüchen aus dem Erwerbseinkommen. Im „goldenen Zeitalter“ konnte der Sozialstaat es sich noch erlauben, zunehmen