Von Dublin nach Bermuda

Euro-Krise Krisenland Irland ist den Konservativen Europas nun plötzlich doch kein Vorbild mehr: Die Unternehmenssteuer soll hoch. Doch dahinter verbirgt sich ein größeres Problem

Natürlich sind Steuern ein nationales Geschäft, da kann man den Iren nicht reinreden. Sagt die Bundesregierung. Andererseits muss Irland jetzt mit europäischem Geld gerettet werden, das ja zu einem Gutteil deutsches Steuergeld ist. Da werden sich die Iren, in den Worten des Staatsministers im Auswärtigen Amt, „einem guten Rat nicht verweigern“ – und ihre mit 12,5 Prozent rekordverdächtig niedrigen Unternehmenssteuern anheben, um sich des EU-Kredits würdig zu erweisen. Zum Vergleich: Deutschland nimmt knapp 30 Prozent.
Da nun die irischen Grünen die Koalition mit der Partei von Premier Brian Cowen platzen lassen und in allem Wirtschafts- und Entscheidungschaos nun auch noch Neuwahlen auszurichten sind, dürften die Unternehmenssteuern, für Irland ein Ausweis keltischen Tigertums und nationaler Souveränität, Wahlkampfgegenstand werden. Ein rationales Ergebnis wird dadurch nicht wahrscheinlicher.
Doch wäre in jedem Fall jede Vorfreude zu früh, wonach Irland am Ende seine Steuerdumping-Politik schon aufgeben werde und auf europäischer Ebene ein weiterer Beweis erbracht wäre, dass ein ordentliches Unternehmensteuerniveau zur Stabilität beitrage.
Denn britische Steuerexperten, ebenfalls empört über den Preis, den neben der EU eben auch Großbritannien für das irische Wirtschaftswunder zu zahlen hat, weisen darauf hin, dass Microsoft, Facebook, Google und Co. mit ihren Glas- und Glitzerniederlassungen nicht etwa wegen der Unternehmensteuer nach Dublin gezogen sind. Sondern wegen der dahinter verborgenen Abschreibungsmöglichkeiten und Tricks, selbst diese Steuer noch zu umgehen. Die 12,5 Prozent sind demnach nur eine Fassade, hinter der die Steueroase Irland die Maschinerie versteckt, Abgaben gen Null zu drücken. So soll Google seine Auslandsgewinne über Irland und Niederlande nach Bermuda abgeführt und die Steuerlast auf sage und schreibe 2,4 Prozent gedrückt haben.
So ruft der Fall Irland nicht bloß nach europäischen Wirtschaftsregularien, was schwierig genug würde, sondern führt auch die globale Dimension des Kampfes gegen die Steueroasen der Welt mit ein. Davor aber ist auch die Bundesregierung schon zuvor eingeknickt.

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Geschrieben von

Ulrike Winkelmann

Ressortleiterin Politik

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