Augstein&Blome: Kanzlerdämmerung - Ist die Zeit von Merkel vorbei?

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Ohne Anspruch auf das reale Geschehen, rein satirisch ausgelegt, hier der Versuch, das allwöchentlich stattfindende Streitgespräch zwischen Augstein und Blome einmal gedanklich vorweg zu nehmen.

Augstein. Frau Merkel hat bei der Abstimmung zu dem zweiten Griechenlandshilfspaket erstmals in ihrer Regierungszeit die Kanzlermehrheit eingebüßt. Vorher musste sie schon bei der Nominierung Gaucks zum Bundespräsidenten Federn lassen. Sind ihre besten Jahre vorbei und endet sie wie Kohl, Schröder oder Schmidt?

Blome: Dass Sie bereits Anzeichen einer Kanzlerdämmerung erkennen wollen, leuchtet mir zwar nicht ein, aber der Wunsch ist nicht selten der Vater des Gedankens. Frau Merkel regiert überparteilich, ihre Beliebtheitswerte sind phantastisch, sie sitzt fest im Sattel und wenn von einigen in ihren eigenen Reihen und in der FDP jetzt der Zwergenaufstand geprobt wird, ändert das nichts daran, dass sie die Zügel fest in der Hand hält und noch lange Zeit behalten wird.

Augstein: Es ist schön zu beobachten, dass das von Ihnen vertretene Blatt die Fahne für Frau Merkel hochhält, zeigt es doch, dass die Entscheidungsträger bei Springer sich wieder beruhigt haben, jetzt nachdem ihr Wunschkandidat, Herr Gauck, endlich Bundespräsident wird.

Blome: Sie sind aber ein schlechter Verlierer. Den Gauck wollen doch praktisch alle bis auf die Linken. Die haben sich jetzt auf Frau Klarsfeld geeinigt, nachdem die anderen Kanditaten dankend abgelehnt haben. Ich habe mich so bei mir gefragt, ob denn Frau Klarsfeld von Paris nach Berlin ins Schloss Bellevue umziehen würde, wenn sie Bundespräsidentin würde und wenn nein, ob sie dann einen Anspruch auf Bezüge hat, evtl. auch auf die zusätzlich anfallenden Reisespesen.

Augstein: Das ist doch eine symbolische Kandidatur, bei der die Linke zum Ausdruck bringen will, dass sie bei der Kandidatenkür nicht mit einbezogen wurde. Die Verhaltensweise von Frau Merkel zeigt doch gerade auch in diesem Fall, dass sie eine Partei, die ca. 5 Millionen Wähler vertritt und in weiten Teilen der neuen Bundesländer eine Volkspartei ist, den erforderlichen Respekt versagt und mittlerweile glaubt, in Gutsherrenmanier regieren zu können.

Blome: Warum um alles in dieser Welt sollte Frau Merkel eine Partei in den Entscheidungsprozess um den Bundespräsidenten mit einbeziehen, wenn die Linke von vorneherein bestimmte Kandidaten wie beispielsweise Herrn Gauck ablehnt, also überhaupt nicht bereit ist, ergebnisoffen zu diskutieren.

Augstein: Wenn das zutrifft, hätte auch die FDP draußen bleiben müssen, weil sie hat sich im Vorfeld eindeutig auf Herrn Gauck festgelegt, von Erbebnisoffenheit keine Spur.

Blome: Die Kanzlerin kann doch nicht ihren Koalitionspartner ausladen, das käme einem Koalitionsbruch gleich. Im Übrigen wird die FDP noch zu spüren bekommen, was es heißt, die Kanzlerin cora publicum vorzuführen.

Augstein: Also doch die Kanzlerdämmerung?

Blome: Nein, nicht Frau Merkel wird auf der Strecke bleiben, sondern die FDP. Spätestens nach den Wahlen in Schleswig Holstein ist der Parteivorsitz von Rösler Geschichte. Also lassen wir ihm doch jetzt seinen Spaß.

Augstein: Die FDP kämpft doch um den letzten Rest ihrer Daseinsberechtigung. Der Absturz der FDP kann aber leicht Frau Merkel mit in den Abgrund reißen.

Blome: Frau Merkel hat Nerven wie Drahtseile und ist in ihrer Partei unumstritten. Es ist doch keiner mehr da, der sie beerben könnte.

Augstein: Ja, das ist wohl wahr, weil sie alle möglichen innerparteilichen Konkurrenten entweder weggelobt oder weggemobbt hat. Frau Merkel ist eine Vabanque Spielerin und keine echte Konservative. Sie spielt mit hohem Einsatz, wenn man ihren Politikstil in der Eurokrise genauer analysiert. Ihr Bild, das sie in Europa abgibt, unterscheidet sich diametral zu ihren Beliebtheitswerten in Deutschland. In Deutschland verteidigt sie ihren harten Sparkurs gegenüber den Südstaaten und bezeichnet ihn als alternativlos. Derweil zerstört sie die Absatzmärkte Deutschlands Stück für Stück und betreibt eine gefährliche Form der "splendid isolation".

Blome: Jedes Land mit einer eigenständigen Regierung schaut zunächst einmal auf sich selbst und Deutschland steht doch vergleichsweise gut bis sehr gut da. Wir haben die geringste Arbeitslosenquote , die Wirtschaft boomt, auch und gerade wegen dem Export. Und dann ständig das Gejammer der Linken, wie schlecht es doch so vielen in Deutschland geht. Das Schlimmsts ist doch der Neid der Erfolglosen auf die Erfolgreichen.

Augstein: Genau diese Geisteshaltung wird Frau Merkel noch auf den Kopf fallen. Diese Austeritätspolitik. die von der Regierung unter Duldung der SPD und den Grünen betrieben wird, treibt die Spaltung unseres Landes immer weiter voran.

Blome: Ach, lieber Augstein, Sie als Fürsprecher die Benachteiligten und Entrechteten in diesem Lande, das gefällt mir, wenngleich meine Wahrnehmung eine andere ist.

Augstein: OK, lieber Blome, wir stehen ja nicht zum Spaß hier, sondern weil wir eine Botschaft verkünden wollen.

Blome: Und die wäre?

Augstein: Mehr Auflage für unsere Blätter.

Blome: Na da besteht bei Ihnen noch Nachholbedarf.

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