Wulffs Interview mit dem ARD und ZDF - eine Vorabversion -

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Wulff wird heute gegenüber dem ARD und ZDF zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung beziehen. Dabei sind Herr Deppendorf (ARD) und Frau Schausten (ZDF) seine Interviewpartner. Das Interview wurde aufgezeichnet. Die FC bekommt die einmalige Gelegenheit, sich vorab ein Bild über das um 20:15 Uhr ausgestrahlte Interview zu machen.

Deppendorf: Herr Bundespräsident, es ist in den letzten Wochen viel über Sie geschrieben und berichtet worden. Wollen Sie im Amt bleiben oder ist für Sie die Belastungsgrenze erreicht?

Wulff: Ich bin in dieses Amt demokratisch legitimiert gewählt worden und ich habe nicht die Absicht mich wie ein Dieb davon zu stehlen, wenn gegen mich zwar berechtigte Vorwürfe erhoben werden, für die ich mich aber öffentlich entschuldigt habe und bereits zuvor alle relevanten Unterlagen öffentlich zur Ansicht vorgelegt habe.

Schausten: Die Öffentlichkeit hat aber den Eindruck, dass Sie nicht für die erforderliche Transparenz gesorgt haben, sondern nur scheibchenweise Informationen zur Verfügung gestellt haben, die ohnehin schon vorher bekannt waren.

Wulff: Sollte sich dieser Eindruck eingestellt haben, täte es mir von Herzen leid. Ich nehme die öffentliche Meinung und auch die Presse- und Informationsfreiheit sehr ernst. Mein Amt verbietet es mir aber, in Angelegenheiten, die meine Person betreffen,allzu vehement in die Öffentlichkeit zu treten. Ich räume aber gerne ein, dass das Krisenmanagement nicht zufriedenstellend gelaufen ist. Deshalb hat ja auch mein Pressesprecher die Konsequenzen gezogen, was ich persönlich sehr bedauere.

Deppendorf: Ein Bundespräsident ist eine öffentliche Person und sollte wissen, welche Anforderungen an sein Amt gestellt werden. Nachdem ihm überwiegend repräsentative Aufgaben zukommen, hat er als der oberste Repräsentant seines Landes in erster Linie Vorbildfunktion und soll mit seinem Verhalten das moralische Leitbild einer ganzen Nation in sich vereinigen. Mit ihrem Verhalten in der Kreditaffäre, Herr Bundespräsident, sind diesem Anspruch nicht ansatzweise gerecht geworden.

Wulff: Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut und genauso fehlbar wie jeder andere in unserem Land. Ich habe in meiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen in Verkennung der wahren Hintergründe eine Fehlinterpretation rund um die Vorgänge mit der Kreditvergabe von Frau Geerkens vorgenommen. Dafür habe ich mich bereits entschuldigt.

Schausten: Es hätte Ihnen doch bekannt sein müssen, dass nicht Frau Geerkens sondern Herr Geerkens den Kredit gewährt hat.

Wulff: Liebe Frau Schausten, in dem Kreditvertrag ist als Kreditgeber Frau Geerkens genannt. Ich sah keine Veranlassung, diese Gläubigerstellung weiter zu hinterfragen und zwar auch dann nicht, als Herr Geerkens die Verhandlungen im Auftrag seiner Gattin mit mir führte. Auch von dem Güterstand der Gütergemeinschaft, die zwischen dem Ehepaar Geerkens laut Aussage der Bildzeitung bestand, hatte ich keine Kenntnis, da dieser Güterstand in Deutschland sehr selten ist. Der gesetzliche Güterstand ist - soweit mir das bekannt ist - die Zugewinngemeinschaft und die geht von einer Trennung der Vermögenswerte während der Ehezeit aus.

Deppendorf: Wenn doch alles - wie Sie sagen- mit rechten Dingen zugegangen ist, warum haben Sie dann versucht, die Berichterstattung bei der Bildzeitung über diese Vorgänge zu unterbinden?

Wulff: Ich befand mich zu dem Zeitpunkt, als die jetzt in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Fragen im Hinblick auf die Kreditvergabe von Frau Geerkens an mich gerichtet wurden, in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ich war im höchsten Maße irritiert, dass ein mehrtägiger Auslandsaufenthalt dazu genutzt werden sollte, mir nicht ausreichend Zeit einzuräumen, auf die Fragen und Vorwürfe entsprechend zu reagieren. In dieser emotional sehr angespannten Situation kam ich auf die - im Nachhinein betrachtet - absurde Idee, die Bildzeitung anzurufen. Ich habe zwar Herrn Doepfner erreicht, der verwies aber auf den Chefredakteur Herrn Diekmann. Als ich Herrn Diekmann nicht persönlich erreichen konnte, habe ich unter dem Eindruck meines inneren Erregungszustandes vollkommen unangemessen reagiert. Für diese Verhaltensweise habe ich mich später entschuldigt.

Schausten: Es gehört ja offensichtlich zu Ihrem Stil, Pressevertreter zu sich einzubestellen. um unliebsame Berichte im Keim zu ersticken?

Wulff: Sie sprechen wohl die Vorgänge an, die sich mit einem Redakteur der Welt am Sonntag vor einigen Monaten zugetragen haben sollen. Hier kann ich nur sagen, dass diese Berichterstattung nicht meine Person betraf. Ich reagiere sehr empfindlich darauf, wenn Persönlichkeitsrechte von Personen in meinem familiären Umfeld verletzt werden sollen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich dem nichts mehr hinzufügen möchte.

Deppendorf: Herr Bundespräsident, sind Sie nicht der Meinung, dass die Person, die das höchste Staatsamt glaubhaft vertreten soll, jederzeit und vollkommen unbefangen in der Lage sein muss, den mahnenden Zeigefinger zu erheben und der Bevölkerung gerade in schwierigen Zeiten eine Orientierung und Richtschnur für ein untadeliges Verhalten aufzeigen muss? Sind Sie vor dem Hintergrund dieser zweifellos hoch gesteckten Maßstäbe noch der richtige Mann für dieses Amt?

Wulff: Ich habe gerade in den letzten Wochen viel Zuspruch aus der Bevölkerung und von denen, die mich gewählt haben, erfahren. Gerade mein Respekt vor den hohen Ansprüchen, die an dieses Amt gestellt werden und das mir viel Freude bereitet, veranlassen mich, dieses Amt nach besten Wissen und Gewissen weiter auszuüben. Es muss in diesem Land klar sein, dass nicht eine medial geführte Kampagne gegen mich ausschlaggebend dafür sein soll, ob ich zurücktrete oder nicht. Das bin ich mir und auch dem Land schuldig.

Schausten: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Bundespräsident.

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