Mitarbeiter vom Blackrock im Hauptquartier des Konzerns in Manhattan
Foto: Imago/IP3press
Wenn sich Blackrock-Chef Lawrence Fink – von den Leitmedien kumpelhaft „Larry“ genannt – zum Weltwirtschaftsforum in die abgeschirmte Festung Davos in der Schweiz einfliegen lässt, dann steht die ungewählte wie die gewählte Elite stramm. Denn „sie alle haben begriffen, die Manager, Unternehmer, Banker, Großanleger, Politiker, Ökonomen, dass der Amerikaner so etwas ist wie der unerklärte Präsident der Weltfinanzgemeinde, der Oberste der Ober-Kapitalisten, der Gesetze und Geschicke des Kapitalismus mehr bestimmt als viele andere“, so der Handelsblatt-Autor Hans-Jürgen Jakobs, der dabei sein durfte.
Blackrock, der schwarze Fels, ist der größte Kapitalorganisator der westlichen Welt und gebietet gegenwärt
etet gegenwärtig über ein eingesetztes Kapital von 6,4 Billionen US-Dollar. Das ist fast das Doppelte dessen, was die größte europäische Volkswirtschaft, Deutschland, im Jahre 2017 als Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet hat.Fink begann in den 1980er Jahren bei der Wall-Street-Bank First Boston. Noch bevor in den 1990er Jahren unter US-Präsident Bill Clinton die gesetzliche Deregulierung begann, machten sich Wall-Street-Banker selbst ans Werk. Fink war einer der Ersten, der mit einem neuen Finanzprodukt, das später weite Verbreitung fand und zur Finanzkrise 2008 führte, Geschäfte betrieb: Immobilien- und andere lang laufende Kredite in größerer Zahl zu bündeln, zu verbriefen und weiterzuverkaufen: sogenannte hypothekenbesicherte Wertpapiere – Mortgage-Backed Securities.Starthilfen bekam er bald von einem anderen deregulierten Finanzakteur namens Blackstone, schwarzer Stein: Der entwickelte damals eine Investment-Methode namens Private Equity – Blackstone und ähnliche wurden Anfang der 2000er Jahre in Deutschland wegen der brutalen Methoden bei der Unternehmensverwertung als „Heuschrecken“ bekannt.Als Fink Erfolg hatte, löste er sich von Blackstone, machte sich selbstständig und gründete 1994 Blackrock. Aus einem schwarzen Stein sollte ein schwarzer Fels, aus spekulativen Hypothekenpapieren ein führenden Finanzprodukt werden. Das wurde von zahlreichen Banken übernommen, von Wirtschaftsprüfern testiert, von der US-Finanzaufsicht abgenickt, von den US-Ratingagenturen bestens bewertet und auch von EU-Banken wie der Deutschen Bank und deutschen Landesbanken gierig weiterverkauft. Bis 2008 wuchs so das von Blackrock eingesetzte Kapital auf 1,3 Billionen Dollar.Sie nennen es VolksaktieBlackrock entwickelte aber auch so etwas wie eine neue „Volksaktie“, womit Kleinanleger für Notlagen vorsorgen und die schwindende gesetzliche Rente (siehe Text rechts) aufstocken sollen. Das Finanzprodukt fürs gemeine Volk heißt ETF, Exchange Traded Fund – börsengehandelte Fonds. Dieses Spekulations-Wertpapier erfand der heute drittgrößten Kapitalorganisator State Street 1993 während der Deregulierung an der Wall Street. Es war für Großanleger gedacht, doch Blackrock machte daraus ein Massenprodukt: keine Aktie, sondern ein Anteilsschein an einem Fonds, der Unternehmensanteile kauft.Eine besonders ‚volksnahe‘ Variante von ETFs sind iShares: hinter ihnen verbirgt sich eine Wette auf die Entwicklung von Aktien-Indizes wie dem deutschem DAX und dem US-Index S & P500. Solche Scheine sind schon ab tausend Euro zu kaufen, die Gebühren sind niedrig. Steigt der Wert des DAX, steigt automatisch der Wert der iShares mit.Zusammen mit Vanguard und State Street beherrscht Blackrock drei Viertel des Weltmarkts für ETFs mit einem geschätzten Volumen von 4 Billionen Dollar. Damit sind die drei als Aktionäre an den Unternehmen beteiligt und verschaffen sich eine zusätzliche Einnahme- und Machtquelle. Das Volk bibbert und hofft dann, ob „die Aktienmärkte“ weiter steigen.Der endgültige Aufstieg gelang Blackrock unter US-Präsident Barack Obama: Im Auftrag der US-Regierung koordinierte das Unternehmen ab 2008 die staatliche Rettung der Banken, auch die des weltgrößten Versicherungskonzerns American International Group AIG: Der hatte die neuen Wertpapiere gegen Gebühr versichert, konnte dann aber nicht zahlen. Anstatt AIG zahlte nun der US-Staat auch an europäische Banken wie die Deutsche Bank Milliarden an Entschädigung. Blackrock entschied über die Verteilung des Geldes und erhielt für die Abwicklung 180 Millionen Dollar Honorar.Diese 180 Millionen waren Peanuts. Denn Blackrock war mit dem Auftrag Top-Insider der westlichen Wirtschaft und kaufte den Pleitebanken mit hohen Abschlägen Wertpapiere ab, die sie abgeben mussten. So war schon 2009 das eingesetzte Kapital auf 3,3 Billionen Dollar hochgeschnellt. Danach gingen die Aufkäufe von regulären Unternehmensaktien in den USA und weltweit weiter.Gegenwärtig ist Blackrock über Aktienanteile Miteigentümer von knapp 18.000 Unternehmen. Dazu gehören mehr als 400 der 500 größten US-Konzerne, auch die Börsengiganten Amazon, Google, Apple, Facebook und Microsoft, die meisten Banken der Wall Street und Westeuropas, die wichtigsten westlichen Rüstungs- und Chemiekonzerne, Fluglinien wie Lufthansa und Ryanair, in Deutschland alle DAX-Konzerne, also die dreißig größten börsennotierten Firmen, und Hunderte von weiteren Unternehmen.Blackrock, das die Rettung der Banken koordinierte, macht zwar selbst Bankgeschäfte, ist aber selbst keine Bank. Während Regierungen und EU-Kommission sich nach der Finanzkrise um die Regulierung der Banken abmühten, blühten im Stillen die neuen Finanzakteure auf – wie Blackrock. Sie werden bis heute vom Internationalen Währungsfonds IWF und der Zentralbank der Zentralbanken, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), offiziell als Schattenbanken bezeichnet. Sie sind unter Beobachtung gestellt, ihr Status ist bis heute offen.Etwa zwei Dutzend Schattenbanken spielen heute in der Oberliga der westlichen Wirtschaft. Blackrock ist der größte dieser Kapitalorganisatoren, mit den etwas kleineren Vanguard und State Street bildet Blackrock die Führungsgruppe der „Big Three“.Sie alle arbeiten mit dem Kapital der Superreichen, der Multimilliardäre und Multimillionäre. Unternehmerclans, Topmanager, Unternehmensstiftungen, Pensionsfonds und Versicherungen gehören dazu, deren flüssiges Kapital an Blackrock & Co. weitergereicht wird mit der Erwartung: Macht was draus – und zwar höheren Gewinn als in meiner bisherigen Bank oder in meinem eigenen Unternehmen!Blackrock trägt zu Steuervermeidung im großen Stil bei. Denn wenn die Superreichen ihre Millionen Blackrock anvertrauen, der Kapitalorganisator damit etwa 7,86 Prozent der Eon-Aktien zusammenkauft und zum größten Eigentümer des Energiekonzerns wird, dann lässt Blackrock dafür 152 Blackrock-Tochterfirmen gründen. Das sind 152 Briefkastenfirmen, die über ein Dutzend Finanzoasen verteilt sind: Wilmington im winzigen US-Bundesstaat Delaware – dort hat Blackrock selbst seinen rechtlichen Sitz –, Luxemburg, die Niederlande, die britische Insel Jersey oder Singapur. Rechnet man das hoch, dürften also die Aktien, die Blackrock für seine Kunden allein in den 30 DAX-Konzernen hält, auf etwa 5.000 Briefkastenfirmen verteilt sein. Ob Bundesfinanzminister Olaf Scholz davon schon gehört hat? Was sagt sein Staatssekretär Jörg Kukies dazu? Kukies war vormals bei Goldman Sachs – Blackrock ist dort Großaktionär.„Die lassen uns antanzen“Blackrock hält in der Regel zwischen drei und zehn Prozent der Aktien eines Unternehmens. Da fragen viele: Wie kann Blackrock mit so einem kleinen Aktienpaket so viel Einfluss ausüben? Nun: Mit einem solchen Anteil ist man heute Großaktionär. Familienclans mit größeren Aktienpaketen in Einzelunternehmen wie die Quandts / Klattens bei BMW und die Piëchs bei VW sind die große Ausnahme. Blackrock ist nicht nur Aktionär bei BMW und VW, sondern in allen großen Autokonzernen der westlichen Welt, also mit direktem Einblick in die Konkurrenz.Zusammen mit Vanguard & Co. hält Blackrock etwa 30 bis 40 Prozent der Aktien einer großen Zahl von Unternehmen, sie bilden damit den weitaus größten Block. Zudem stimmen sie sich untereinander ab. Zu guter Letzt sind Vanguard, State Street, Capital World, Fidelity und Wellington auch noch Großaktionäre bei Blackrock selbst.„Wir nehmen Einfluss im Hintergrund“, sagte 2015 der damalige Deutschland-Chef Christian Staub der FAZ. „Wir sprechen nicht auf Hauptversammlungen oder stellen dort Anträge... Wir tauschen uns direkt mit Vorstand und Aufsichtsrat aus.“ Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen drückte es dasselbe so aus: „Die lassen uns antanzen.“ Doch Blackrock wartet nicht nur wie die Quandts auf die jährliche Dividende. Für Blackrock sind Aktien die Basis noch ganz anderer Geschäfte. Dazu gehört das Verleihen an andere Banken und Großkunden, im großen Stil und gegen Gebühr. Derartige Leihgeschäfte ermöglichten die Cum-Ex- und Cum-Cum-Betrügereien.Als größter Unternehmensinsider der westlichen Wirtschaft wettet Blackrock auf jede Bewegung von Aktien der „eigenen“ Unternehmen, sei es nach unten oder nach oben. Da werden die Vorstände nicht unbedingt informiert. Durch Risikoanalysen, die den Unternehmen verkauft werden, bekommt Blackrock noch tieferen Einblick. So kann das Unternehmen die Bewegung der Aktienwerte selbst verstärken, durch dosierte Käufe und Verkäufe. Das steigert es noch dadurch, dass anderen Aktionären für einen bestimmten Zeitraum – einen Tag, zwei Wochen, drei Monate – Aktien abgekauft werden („Leihaktien“). Abstiege und Aufstiege werden so beschleunigt und zugleich ausgenutzt.Das unterstützt die größte Schattenbank der Welt durch Aladdin, die größte Finanzdatenverarbeitungsanlage der westlichen Wirtschaft: Im Nanosekundenbereich werden bei Aladdin die Aktienwerte an allen Börsen der Welt untereinander abgeglichen. Durch roboterisierte millionenfache Käufe und Verkäufe werden Millionengewinne generiert, selbst wenn die Aktienwerte sich nur zwei Stellen hinter dem Komma unterscheiden.Ein Beispiel: Blackrock ist sowohl bei Bayer wie auch bei Monsanto Großaktionär. Der sich über zwei Jahre hinziehende, von Blackrock mitorganisierte Fusionsprozess mit seinem Auf und Ab war ein ideales Spielfeld für Aktienspekulationen. Seinen Einfluss sichert Blackrock ab, indem das Unternehmen Netzwerke in die Politik baut. 2013 berief Lawrence Fink die Stabschefin der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton in den Blackrock-Aufsichtsrat und holte sich Mitglieder der Obama-Regierung ins Management. Nach anfänglicher Kritik an Trump lobte Fink: „Trump ist gut für die US-Wirtschaft und auch für die globale Wirtschaft.“Aus Europa holte Fink den Ex-Präsidenten der Schweizer Zentralbank, Philipp Hildebrand, in den globalen Aufsichtsrat, während er an den britischen Ex-Tory-Finanzminister George Osborne jährlich 750.000 Euro für einen Tag Lobbyarbeit pro Woche zahlt, unter anderem für Steuersenkungen zugunsten von Blackrock-Finanzprodukten. In Deutschland dient als Aufsichtsratsvorsitzender: Friedrich Merz.Placeholder infobox-1Placeholder authorbio-1
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