„When you say ‚I am beautiful,‘ beauty comes looking for you! When you say ‚I am talented‘, talent comes looking for you! When you say ‚I am prosperous‘, prosperity comes looking for you! (...). What follows the ‚I am‘ will always come looking for you.“1 Wer schon einmal Joel Osteen’s Predigten in einem riesigen umgebauten Stadion – der Lakewood Church in Houston, Texas – gesehen hat, der könnte sich an eine Art Neurolinguistisches Programmieren für Dummies erinnert fühlen. Osteen ist Unternehmer, Motivationstrainer, Buchautor sowie Pastor der Lakewood Church, der größten evangelikal-protestantischen, neocharismatischen Megachurch in den Vereinigten Staaten. Jede Woche verfolgen mehr als 50.000 Menschen seine Predigten live vor Ort –sowie weitere 10 Millionen Menschen weltweit über seine Fernsehsendungen. Auch in seinen Büchern – wie z.B. in dem Bestseller The Power of I Am – verbreitet Osteen etwas, das als ‚Wohlstandsevangelium‘ oder auch ‚Erfolgstheologie‘ bekannt ist: die Überzeugung, dass Wohlstand, vor allem Geldvermögen und geschäftlicher wie persönlicher Erfolg sowie Gesundheit der sichtbare Beweis für die Gunst Gottes seien.
Stefan Panhans und Andrea Winkler nennen ihre Ausstellung nicht zufällig ThePow(d)er of I Am. Sie nehmen damit Bezug auf die Rhetorik genau dieser US-amerikanischen evangelikal-protestantischen Megachurches, in denen – als christliche Lebenshilfe getarnt – eine marktkonforme, neoliberale Ideologieindividueller Selbstoptimierung gepredigt wird. Von der Kraft des Ichs zum Staub des Egos ist es nur ein kleiner Schritt; power und powder trennt nur ein kleiner Buchstabe. Die Stärkung des Ichs, die eine permanente harte Arbeit am Selbst erforderlich macht, geht einher mit einer Zerstückelung und Pulverisierung der Gemeinschaft (oder Gesellschaft) – vor der in diesen Megachurches übrigens so gut wie nie die Rede ist.
Der zweite Teil des Titels – Klick Klick Klick Klick and a very very bad bad musical! – lässt an die ‚Klicks‘ im Netz denken, die analog zu den ‚Likes‘ in den ‚sozialen Medien‘eigentlich wie eine Währung funktionieren. Und in der Tat zeichnen die Künstler*innen in ihren Arbeiten ein beeindruckendes, aber durchaus kritisches Portrait einer von Technologie durchzogenen und durch Technologie beschleunigten, globalisierten Welt: Es geht um SUVs, Kommunikation mit Künstlichen Intelligenzen, Alltagsrassismus, Celebrity-Kult und Rollenklischees, das ‚Uncanny Valley‘ und weitere postdigitale Feedbackschlaufen zwischen Menschen und virtuellen Welten, und nicht zuletzt um den prekären Status von Kulturarbeiter*innen. Panhans‘ und Winklers Arbeiten zeichnen sich dabei durch ganz eigeneexperimentierfreudige Formate aus, die sich oft auf bestimmte popkulturelle Praxenbeziehen, deren Regeln sie dabei jedoch gleichzeitig umdeuten und durch räumlich Inszenierungen zu neuen Erzählformen führen.
Lesen Sie den ganzen Text im HMKV Ausstellungsmagazin 2021/2, „Stefan Panhans, Andrea Winkler – The Pow(d)er of I Am Klick Klick Klick Klick and a very very bad bad musical!“