Is’ nix, Doc

Komödie Peter Bogdanovich probiert sich mit „Broadway Therapy“ und tollen Darstellern wieder am Genre Screwball
Ausgabe 34/2015

Wenn Zufälle und Türen im Gleichtakt auf- und zuschlagen, wenn Menschen sich in Schränken oder Badezimmern verstecken, um im nächsten Moment doch im selben Hotelflur auf all die zu treffen, vor denen sie sich verbergen wollten, und wenn wir als Zuschauer dabei nicht darüber nachdenken, wie wahrscheinlich das alles ist – dann sind wir in der Screwball-Komödie. Das Genre ist leider ausgestorben, irgendwann nachdem zwei Leoparden sich im Wald verirrten und Katharine Hepburn und Cary Grant im Gefängnis wiedertrafen. Oder nachdem zwei Männer in Frauenkleidung mit einer Jazzband nach Florida flüchteten. Keine Sorge, sich nicht an den Plot von Leoparden küsst man nicht (1938) oder Manche mögen’s heiß (1959) zu erinnern ist völlig normal. Es gehört zum Wesen der Screwball-Comedy, die Handlung so zu strapazieren, dass sich hinterher niemand mehr dafür interessiert. Was zählt, ist die Dynamik. Und wer aus der nächsten Tür tritt.

Peter Bogdanovich gelang 1972, keine 33 Jahre alt, das Kunststück einer kurzen Wiederbelebung. Is’ was, Doc? besaß, was das Herz begehrte: eine kaum zu entwirrende Handlung um vier Koffer, die alle identisch aussahen und so Figuren aus Wissenschaft und Verbrechen, von Lebenslust und Geheimdienst zusammenbrachten. Am Ende landeten alle vor einem Richter, der Ordnung schaffen wollte durch Zwangsjacken in verschiedenen Größen.

Der Film war ein Riesenhit; auch wenn es damals genug Stimmen gab, die mäkelten, dass Barbra Streisand keine Katharine Hepburn und Ryan O’Neal kein Cary Grant sei. Nun, 43 Jahre später, macht Bogdanovich, der seit 2001 keinen Spielfilm mehr gedreht hat, mit Broadway Therapy einen weiteren Versuch, die Screwball-Comedy auferstehen zu lassen. Mit Owen Wilson, der kein Cary Grant ist, und Imogen Poots, die es mit Katharine Hepburn nicht aufnehmen kann. Oder soll man die beiden mit O’Neal und Streisand vergleichen?

Die Crux ist: Bogdanovich will den Vergleich. Anders als Is’ was, Doc?, der Hommage war und höchst originell sein wollte, ist Broadway Therapy ein Pastiche, bei dem sich die Autoren (Bogdanovich gemeinsam mit Ex-Frau und Produzentin Louise Stratten) nicht erst die Mühe gemacht haben, sich etwas Neues auszudenken. Figuren, Motive, einzelne Szenen und Dialoge sind stellenweise schlicht geklaut. Etwa die pick-up line, mit der Owen Wilsons Figur das Wohlwollen von Frauen sucht, ein Satz über Nüsse und Eichhörnchen, der aus Ernst Lubitschs Cluny Brown auf Freiersfüßen (1946) stammt. Was nichts machen würde, wenn der Anflug von Abgedroschenheit, mit dem Wilson den Satz aufsagt, weniger als Kommentar des Schauspielers denn als Augenzwinkern der Figur herüberkäme.

Wilson gibt einen Theaterregisseur namens Arnold Albertson, der den Damen, die er sich gegen Bezahlung ins Bett holt, die volle boyfriend experience bieten will, bis hin zum Geldgeschenk, das den Ausstieg aus dem Escortberuf ermöglichen soll. Sein jüngstes Opfer, eine naive Schöne namens Izzy (Imogen Poots), ergreift die Chance, wird Schauspielerin – und spricht prompt für Arnolds nächste Broadway-Inszenierung vor. Die Dinge komplizieren sich mit der Ankunft der Ehefrau (Kathryn Hahn), die die Hauptrolle im Stück spielen soll und im Kollegen Seth (Rhys Ifans) eine alte Flamme wiedertrifft. Stückautor Joshua (Will Forte) verliebt sich stracks in Izzy, was ihm wiederum Schwierigkeiten mit seiner Freundin, einer Psychotherapeutin (Jennifer Aniston), bereitet. Die ihrerseits einen Patienten behandelt, der Izzy nachstellt. Der seinerseits einen Privatdetektiv anheuert, um das zu tun. Bei dem es sich, wie sich zeigt, um den Vater des Stückautors handelt. (Sie werden das am Ende des Films vergessen haben.)

Es liegt an den Schauspielern, dass Broadway Therapy sich vorwerfen lassen muss, den Geist, der dem Film den Garaus macht, selbst gerufen zu haben. Sicher, Imogen Poots wirkt einigermaßen überfordert, aber angefangen bei Owen Wilson und seinem wunderbar relaxten Timing über Jennifer Aniston und ihre herrliche Zickigkeit bis zu Rhys Ifans und seinem verqueren Sex-Appeal – alle holen sie das Beste aus ihrem Material heraus und zeigen Szene für Szene, dass sie Vergleiche zumindest mit Streisand und O’Neal nicht zu scheuen brauchen. Aber leider macht gerade ihr Eifer richtig bewusst, woran es Broadway Therapy mangelt – an Tempo, an witzigen Dialogen, an Leichtigkeit.

Info

Broadway Therapy Peter Bogdanovich USA 2014, 94 Minuten

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Geschrieben von

Barbara Schweizerhof

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Film“ (Freie Mitarbeiterin)

Barbara Schweizerhof studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeite nach dem Studium als freie Autorin zum Thema Film und Osteuropa. Von 2000-2007 war sie Kulturredakteurin des Freitag, wechselte im Anschluss zur Monatszeitschrift epd Film und verantwortet seit 2018 erneut die Film- und Streamingseiten im Freitag.

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