Religion für Unreligiöse (2)

Pfingsten-was'n das? Pfingsten und der Heilige Geist - wenig präsent ist, warum dieses Fest im Kalender steht.

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Mit "Geist" assoziieren wir eher Aladin oder unseren Gehirngeist. Mit "Geist" assoziiert der eine eher Aladin, der andere den menschlichen Gehirngeist, wir assozieren aber nicht mehrheitlich die religiöse Bedeutung.Was markiert das Pfingstfest in der Menschheitsgeschichte?

"Adam ist mein Stammvater, Eva meine Ur-Mutter. Die Linien aller Zeiten kreuzen sich in mir und Dir . ( ...) Der Geist der Zeiten ist nur unser kollektives Atmen. (...) Geist ist eben jener Atem, den ich nicht allein entfachen kann. (..) Die Seele (...) atmet ihr eigenartiges Leben, weil sie zwischen den vier Kalendern der Familiengeister, der Naturfeste, der Volksfeiern und der Geistesgeschichte wie ein gutes Segelboot hin- und herkreuzt.

(...) Jesus ist unerhört. (...) Jesus beschied sich also, GOTT hörbar zu machen." ( Eugen Rosenstock-Huessy, Im Kreuz der Wirklichkeit, Bd 2, S. 286f)

"Den Stifter versteht die eigene Zeit nie; nicht einmal die Jünger verstanden vor Pfingsten !" (ebd. S. 88)

Das symbolisiert Pfingsten: Der Geist des Stifters, der weitgehend unverstanden den Tod für das woran er glaubte, gestorben ist, der Geist des Pioniers, Revolutionärs etc. überträgt sich auf seine Jünger, die Revolutionäre der zweiten Welle, die jetzt erst zu ihrem "Meister" oder "Guru" stehen und die Botschaft verkünden, nachdem sie sie verstanden hatten. Nachdem aus Petrus dem Feigling, der seinen Herrn verleumdete ("Ich kenne diesen Menschen nicht" Mt 26.69) Petrus der Fels geworden war, den Jesus angekündigt hatte (Mt. 16, 18-19), konnte die neue Gemeinschaft der Gläubigen sich entwickeln. (Wenn es auch Zweifel an der Authentizität dieser Bibelstelle gibt , vgl. http://www.theologe.de/petrus-christus-fels-schluesselgewalt.htm ; gehört es doch zur Pfingstsymbolik, dass aus der Herde von sich ihrer Sendung nicht bewussten Jüngern sich beauftragt fühlende Apostel wurden, und Petrus ist nur ein Einzelbeispiel für eine sühnende Gefolgschaft.)

Das Pfingsten ein unverstandenes Fest ist, ist nicht verwunderlich in einer Zeit, in der überwiegend verzweifelte Selbstmordattentäter aus existenziell von regionaler und globaler struktureller Gewalt und Repression gekennzeichneten Gesellschaften sich ihrem Glauben opfern und ansonsten die Devise "rette seine Kastanien aus dem Feuer wer nur kann" als individueller Lösungsweg präferiert wird, ein groß- oder kleinkriminelles Verhalten ohne Indizien allen zugeschrieben wird, was als Selbstrechtfertigung für die Beurteilung von Flecken auf der eigenen Weste dienlich ist. Ab einer bestimmten Größenordnung hilft auch eine Selbstanzeige für ein reines Gewissen und Schadensminimierung, eine Größenordnung höher ist Gewissen entbehrlich, weil die Machtausübung ein sakrosankter Selbstzweck ist: Man lässt regieren.

"Während die totale Krise näherrückt, wird es immer deutlicher, dass der Nationalstaat zur Holdinggesellschaft für eine Vielzahl nur dem Selbstzweck genügender Werkzeuge und die politische Partei zu einem Instrument geworden ist, mittels dessen Aktienbesitzer für die gelegentliche Wahl von Aufsichtsräten und Vorsitzenden organisiert werden können."

Aus: Ivan Illich (1980): Selbstbegrenzung. Eine politische Kritik der Technik. Rowohlt, Reinbek, S. 161

Weil heute der 23. Mai 2013 ist, soll natürlich nicht der Glückwunsch an die SPD fehlen, dass sie es geschafft hat, in den Kreis der von Illich benannten Parteien aufgenommen zu werden, ein notwendiges Opfer, damit unsere Nachkommen in 150 Jahren die regelmäßige Wahl von Aufsichtsräten als grundgesetzlich verbrieftes Recht noch in Anspruch nehmen können.

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Geschrieben von

bertamberg

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