Close Encounter-Invasion der Biowelten

Invasive Arten Nicht-einheimische Arten gefährden die europäischen Ökosysteme, verursachen Schäden und machen krank. Es gibt aber auch schöne Momente bei der unheimlichen Begegnung

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Leptoglossus occidentalis, die Amerikanische Kiefern- oder Zapfenwanze, ist ein (noch) harmloser Samensaftsauger an Koniferen. Das 1,6-2 cm lange Tierchen hat sich als invasive Art in Europa und nun auch in Japan verbreitet. Zufallsfund in Mainz, Oktober 2013
Leptoglossus occidentalis, die Amerikanische Kiefern- oder Zapfenwanze, ist ein (noch) harmloser Samensaftsauger an Koniferen. Das 1,6-2 cm lange Tierchen hat sich als invasive Art in Europa und nun auch in Japan verbreitet. Zufallsfund in Mainz, Oktober 2013

Alle Bilder: Columbus

Close Encounters-Invasionen aus nahen Bio-Welten

Beim Supermarkt um die Ecke aufgereiht, stehen viele kleine Pflanztöpfchen mit angezogenen und erzogenen Exoten. Im Gartencenter hinter der nächsten Ausfahrt ranken die Neophyten und die Gärtnereien dieser Republik vertreiben mit Vorliebe Hybridpflanzen, deren Herkunft aus fremden Floren Teil des enormen Verkaufserfolgs ist.

Weil sie so putzig sind, lieben Deutsche mittlerweile Waschbären(Procyon lotor), Nutrias (Myocastor coypus) und Minke (Neovison vison). An des Anglers Haken oder aus der Fischzucht, macht sich eine große und bunte Westküsten-Regenbogenforelle(Oncorhynchus mykiss) besser, als ihre unscheinbare heimische Schwester, die kleine, eigensinnige Bachforelle(Salmo trutta fario).

Invasive Arten erobern die Lebensräume der einheimischen Vegetation und sie räumen in der europäischen Tierwelt ihre Konkurrenten beiseite, genauer, deren Nahrungsreservoire leer. Ohne menschliche Unterstützung, sei sie beabsichtigt, unwillkürlich oder nahe am Zufall, ginge das nicht. Manchmal genügen schon ein paar Sämlinge im Reifenprofil oder die Mikrobiowelt der Wurzelballen importierter Topfpflanzen, die Beipackung in Obst- und Schnittblumenkisten, das Containerdunkel des globalen Export-Imports oder die Bilge- und Ballastwasser der Hochseeschiffe.

Ein wenig mehr Sorgen machen sich Bürger und Behörden, wenn invasive und verschleppte Arten beim Menschen Krankheiten auslösen, wie zum Beispiel die nordamerikanische Aufrechte Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia), das beifußblättrige Traubenkraut. Schon 6-12 Pollen pro Kubikmeter Luft reichen, schwerste allergische Reaktionen auszulösen.

Der nordamerikanische Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera), gerade erst in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Europa angekommen, schädigt die landwirtschaftliche Produktion. Der Schädling wandert, ausgehend von den ersten Gebieten in Oberitalien und um Belgrad, jedes Jahr 40-80 km weiter. Gegen ihn helfen nur drei Arten der Bekämpfung, die allesamt problematisch sind: Mehrjähriger Maisanbau- Stopp, flächendeckender Einsatz von Insektiziden oder gentechnisch veränderte Maissorten.

Vielleicht sollten wir tatsächlich ein wenig vorsichtiger sein, welchen Arten wir die Einreise erlauben, so, wie die jungen Nationen anderer Kontinente dieser Erde mittlerweile nicht mehr jedes Geschenk aus Europa blind akzeptieren! Dort, zum Beispiel in Australien, auf den Inseln Indonesiens oder auf Haiti, gehört eine lange Leidensgeschichte der Bioimporte, der aus Kurzsichtigkeit und Profitinteressen erzwungenen Einbürgerung fremder Arten, zum Allgemeinwissen. - Manche menschenverursachte Naturkatastrophe ist praktisch irreversibel. So leben heute in Zentralaustralien 1,5 Millionen Esel und 1 Million Dromedare, die sich nicht nur aggressiv ihre breite ökologische Nische eroberten, sondern die viel schmaleren Biotope der einheimischer Tier- und Pflanzenarten vernichten. Die eingeschleppten Großsäuger wirken massiv landschaftsverändernd.

Siegerpflanzen

http://2.bp.blogspot.com/-8P61dallGBo/Txwzb3NazoI/AAAAAAAAAww/8mm8Mn6YVwo/s640/100_6394-3.jpg

Riesenbärenklau

Genesis , The return of the giant hogweed , 1972

(http://www.youtube.com/watch?v=SDwyBWjfFaM )

Turn and run!
Nothing can stop them,
Around every river and canal their power is growing.
Stamp them out!
We must destroy them,
They infiltrate each city with their thick dark warning odour.

They are invincible,
They seem immune to all our herbicidal battering. (…)

http://1.bp.blogspot.com/-QV1rJj6dRu4/Txwyq1EWQBI/AAAAAAAAAwg/YH_vRzVShSY/s640/100_6399-2.jpgDoldenstand des Riesenbärenklaus

Der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) ist gefährlich, weil er über Furanocumarine eine gefürchtete, lichtinduzierte Dermatose auslösen kann, die wie eine Verbrennung aussieht, aber viel schlechter abheilt. Sein schneller und hoher Wuchs, bis zu vier Meter erreichen manche Exemplare und seine, in perfekter Symetrie, majestätisch stehenden Dolden, ließen einst den Wunsch aufkommen, das Gewächs als Bienenweide und Schmuck in die besten Gärten Europas zu bringen. - Doch Vorsicht, die Strauchwälder dieser Art, wenn sich Gruppen der Pflanzen explosionsartig vermehren konnten, sollte man nur mir schützender Kleidung betreten und Kinder möglichst fern halten.

Heracleum mantegazzianum hat bei uns keine Fressfeinde und kennt keine Konkurrenzvegetation. Er ist eine typische, invasive Siegerpflanze. So gedeiht er prächtig auf Flächen, auf denen er in seiner Urheimat gar nicht wachsen würde.

Sehr wahrscheinlich nahm die Verbreitung der kaukasischen Pflanze in Mitteleuropa und England ihren Ausgang von den weltberühmten Kew-Gardens bei London, denn die üppig Pracht und Symetrieschönheit wollten sich die Gärtner ihrer Majestät nicht entgehen lassen. Was die Monarchie pflanzt, das wird landesweit bei Bürgern Mode.

Die skurrile Ansiedlungsgeschichte besangen die Rocker von „Genesis“ so perfekt, als hätten sie damals die Wikipedia abgeschrieben. Sie lasen in der Encyclopedia Britannica und hatten erstaunlich viel Problembewusstsein.

Fashionable country gentlemen had some cultivated wild gardens,
In which they innocently planted the giant hogweed throughout the land.
Botanical creature stirs, seeking revenge.
Royal beast did not forget.
Soon they escaped, spreading their seed,
Preparing for an onslaught, threatening the human race.

Der modebewusste Landadel, der pflanzennärrische, aber sonst unkundige Gartenbürger, wählt, wenn er kann, was ihm gefällt und was besonders auffällt, so, wie der Tierfreund den Goldfisch für harmlos, dafür aber für überwiegend schön in seinem Gartenteich oder Aquarium ansieht.

Berkeley, Kalifornien, 18. Oktober 1972 - Kontakt mit dem Rhododendron

Eine weitere gärtnerische Superpflanzenart ist der pontische Rhododendron (Rhododendron ponticum), der ebenfalls aus dem Kaukasus eingebürgert wurde. Um 1760 pflanzten ihn die Gärtner des Adels in England an und heute hat dieser durchaus schön anzuschauende, aber die einheimische Flora völlig verdrängender Strauch große Teile der britischen Inseln überwuchert.

Dank gärtnerischer Bemühungen, breiten sich Rhododendren weltweit aus. käme auf die Idee, diese Pflanzen, die so sicher Beschützer-, Hege- und Zuchtinstinkte auslösen, wie sie romantische Gefühle und den unabdingbaren Wunsch Brontë- Schwestern Romane lesen zu müssen freisetzen, zu verdammen. - Rhododendren wirken jedoch mit Stoffen ihrer Wurzeln gegen jeglichen heimischen Unter- und Nebenwuchs.

Offensichtlich verfügen sie auch über spezielle Wahrnehmungsqualitäten, die bereits seit den Zeiten der Flower-power Bewegung dokumentiert wurden und mittlerweile zum Allgemeinwissen der weltweiten Baum- und Pflanzenumarmer- Gemeinde gehören. Die Spuren reichen zurück bis zu Wilhelm Reich und dann ins kalifornische Berkeley der frühen siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts.

Harvey, der schüchterne Jungmann, erlebt, wie er durch seine Anwesenheit die Pflanze anregt ihren Flüssigkeitsdruck und Saftfluss, und damit die Oberflächenelektrizität, zu verändern. Harvey ist ein sanfter, grüner Junge und die Pflanze reagiert prompt freundlich. Silicon Valley hatte ihr schon damals eine Flüssigelektrode in der Mikropipette verpasst, deren Spannungsänderungen über einen selbstgebastelten Verstärker und den Buchla- Synthesizer in Akustik verwandelt wurden.

„Harvey confronted the plants (Harvey trat den Pflanzen gegenüber).“ Niemand machte sich 1972 über Gebühr dazu lustig: „Come on Harvey, mache eine Erfahrung, die dich unter Umständen verändern kann!“

Dann kommt ein „Doug“. Der muss sich noch ein wenig öffnen und lockern lernen, denn auf ihn reagiert die Pflanze anderes. Hat er vielleicht keinen grünen Daumen? - Pflanze- Mensch- Interaktiopnspsychologie in der Nussschale, „Biofeedback“ und „New dimensions“, stehen für das beginnende New Age- Denken, bei dem sich das zig Millionen Jahre alte Karbon des Menschen und der Pflanzen für Augenblicke näher kommen, ohne dass einer den anderen auffrisst, mit der totalherbiziden oder humaniziden Vernichtung droht. Ein Roundup der besseren Art, dazu enorm witzig:

http://datagarden.org/3177/radio-event-no-20-rhododendron/

( Radio Event No. 20: Rhododendron, Berkeley, California. October 18, 1972,KPFA (94.1 FM)- Radio)

Diese ca. 45 Minuten Sound of Rhododendrons Tom Zahuranecs, gerade einmal eine Fußballhalbzeit lang, öffnen die Ohren jener, die sich für besonders rational halten und heute über das Zeitalter des Wassermanns nur noch spotten möchten. Sie sind nicht nur bewusstseinserweiternd, also durchaus ein Ersatz für jede Menge Magic mushrooms, sondern auch so zukunftsweisend klug, das Programm vergisst man den Rest seines Lebens nicht mehr. - Gutes Blubbern!

„Wie können die Pflanzen nur wissen, welcher Mensch ihnen gegenüber tritt?“, fragt eine begeisterte, aber ratlose Besucherin. - Den Meister der Elektroden, Tom Zahuranec, kennen die Rhododendren: Er predigt und lebt den „Remote contact“, die zurückhaltend, verhaltene Naturberührung. „Touching without real contact“, heißt sein Geheimnis der frühen Pflanzen-Elektrophysiologie und des respektvollen Umgangs mit der Natur. Er tut ihnen nichts und trotzdem findet ein Berührung mithilfe der Flüssigkeitselektrode statt. Das ist rührend.

Aber wie tritt der Mensch Flora und Fauna heute entgegen? Will er sie letztlich nicht doch durchweg dekonstruieren, ihre Baupläne lesen und dann neue Arten synthetisieren?

Tom Zahunranec weist in dem Tondokument darauf hin, dass Rhododendren in der Öffentlichkeit selbstverständlich anders auftreten, als in ihrer vertrauten Wuchs-Umgebung und sie sich in der Kommunikation mit uns auch erschöpfen können. - Kneift ein menschlicher Besucher ein Blatt zu fest, geht der Pflanzenton „down“. Wie wir schon bei Harvey dem liebevoll-schüchternen Gattungswesen erlebten, blubbert Philodendron höher, freundlicher, begegnet ihm ein wesensverwandter Mensch.

Hier fand eine unheimliche Begegnung der der dritten Art statt. Zugleich ist sie ein zarter Verweis auf das Konzept der Koevolution.

Supertiere

Der Goldfisch

http://www.muzu.tv/pacha/goldfish-cruising-through-music-video/231230/

(Die anderen Goldfischlein, spielen für das ganz eigene Becken)

Wer kennt das erfolgreichste Raubtier dieser Erde? - Nun, der Mensch ist unbestritten Nummer Eins. Ein paar Nummern später kommt gleich der Goldfisch.

Goldfische fressen alles, was sie schlucken können, und das hängt von ihrer Größe ab: Pflanzen, Eier und Larven anderer Fische, solche von Insekten, dazu Kaulquappen, Jungfische, Jungfrösche. So lange sie im Glase kreisen und von ihren Herrchen stets mit Pellets und Flocken gefüttert werden, sind sie harmlos. Aber wehe, der Mensch hat keine Lust mehr auf sein Aquarium und dumm wie er eben ist, lässt er die Karauschenverwandten ins freie Süßwasser. Man will kein Unmensch sein und schmecken soll der Fisch ja auch nicht, an den man sich nun nicht mehr länger gewöhnen möchte. Goldfische vermehren sich prächtig und kreuzen sich ein. Schwupps haben sie unberührte Teiche in eine Todeszone für viel einheimische Arten verwandelt.

Der Goldfisch ist zwar eine invasive Karpfen-Art, aber wohl kein ganz unbekannter, transkontinentaler Einwanderer. Er stammt ursprünglich von einer alten, in Eurasien weit verbreiteten Wildform, dem Giebel (sogenannte „Silberkarausche“, Carassius gibelio) ab und seine heute weltweit als Zierfisch und Haustier gehandelten Unterarten verdanken sich einer wohl mehr als tausendjährigen Züchtungsanstrengung, vorwiegend in China und Japan. Dort gilt der Fisch, lange schon, als Glücksbringer und Fruchtbarkeitssymbol.

Der gemeine Bürger muss auch noch hinnehmen, dass Goldfische musikalisch sind und zwischen Bach und Strawinsky mittlerweile besser zu unterscheiden wissen, als der durchschnittlich gebildete Mitteleuropäer ( http://www.livescience.com/39692-goldfish-bach-stravinsky.html ).

Es sei nicht verschwiegen, dass auch Fürsten einst mit ihren Karpfenteichen, sofern nicht ein paar Hechte anwesend waren, ganze einheimische Süßwasserökosysteme ruinieren konnten und wissenschaftlich betrachtet, dieses übernatürliche Unterscheidungsvermögen der Goldfische aus einer simplen Konditionierung entstand. - Ist es aber bei uns anders? Wie wären sonst die vielen Charts und Likes zu erklären, mit denen wir uns als Fans unserer Super- und Subkulturen outen?

Die Regenbogenforelle

Irgendwo auf der länger werdenden Liste der invasiven und potentiell gefährlichen Arten, taucht auch die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) auf, die einst allein an Nordamerikas pazifischer Seite in den Süßwassern und im Ozean lebte. Blau, Müllerin, gebeizt,gratiniert, spumiert, am Steckerl, geräuchert, in Aspik, als Mousse bietet sie mehr Fleisch am Fisch, bei geringerem Aufwand. Sie verdrängt die europäische Bachforelle (Salmo trutta fario), die eigensinnig und klein bleibt und sich schwerer fangen oder vermarktbar züchten lässt. Sie braucht sauberes, kaltes und fließendes Wasser und leidet unter den Zuchtbedingungen. Auf dem Teller ist sie nur eine halbe Portion und ewig stören feine Gräten.

In einem Bächlein helle,
Da schoß in froher Eil’
Die launige Forelle
Vorüber wie ein Pfeil.

(…)

So lang dem Wasser Helle,
So dacht’ ich, nicht gebricht,
So fängt er die Forelle
Mit seiner Angel nicht.

Doch plötzlich ward dem Diebe
Die Zeit zu lang. Er macht
Das Bächlein tückisch trübe
Und eh’ ich es gedacht; -
So zuckte seine Ruthe,
Das Fischlein zappelt dran,
Und ich mit regem Blute
Sah die Betrogne an.

( http://gedichte.xbib.de/Schubart_gedicht_Die+Forelle.htm )

So weit folgte Franz Schubert mit seinem Lied „Die Forelle“ (D 550), dem Schubartschen Gedicht. Was die Bachforelle auszeichnet, ist dort beschrieben. Das kurze rhythmische Motiv ihrer phänomenalen Beweglichkeit fand Eingang in die Pianobegleitung und war so lebendig, dass Schubert in Auftragsarbeit für seinen musikalischen Gönner, den Laiencellisten Sylvester Paumgartner, später sein berühmtes Quintett für Piano, Violine,Viola, Cello und Kontrabass schrieb (Deutsch-Verzeichnis, D 667, Christopher Hogwood erklärt amüsant die Musik und ihre Geschichte, dazu gibt es das Hörbeispiel, http://www.youtube.com/watch?v=72R9-Vr0JPI ).

Die Warnung Schubarts an die Mädchen, -in anderen seiner Gedichte aus dem Kerker (Hohenasperg) spricht er von „Mädels“, den Forellen des Gedichts (sic!), die sich vor den Kerls mit der langen Rute und den vielen White lies hüten sollen, ersparte sich der weniger politische, aber auch seltener schulmeisterliche Schubert, was schon Fischer-Dieskau auffiel:

Die ihr am goldnen Quelle

Der sichern Jugend weilt,

Denkt doch an die Forelle,

Seht ihr Gefahr, so eilt!

Meist fehlt ihr nur aus Mangel

Der Klugheit. Mädchen seht

Verführer mit der Angel!-

Sonst blutet ihr zu spät.

Unheimliche Arten, die sich rasend schnell ausbreiten: Muscheln

In unseren Fließgewässern breiten sich die asiatische Körbchenmuschel (Corbicula fluminea) und die kaspische Zebramuschel (Dreissena polymorpha) aus.

Die Zebramuschel ist zwar ein hervorragendes Futter für manche Enten und andere Wasservögel, aber ihr massenhaftes Auftreten reduziert das Phytoplankton. Davon ernähren sich die Muscheln und filtern so das Wasser, unterdrücken damit jedoch das übrige Wasserleben und verdrängt andere Arten. Übrig bleiben zum Beispiel Blaualgen (Cyanobakterien), die Toxine produzieren.

Die Larven der Körbchenmuschel und der Zebramuschel dringen in die Kanalisation ein und verstopfen die Anlagen.

Die asiatische Einwanderin kam erst 1989 mit Hochseeschiffen nach Rotterdam, und hat seither fast das gesamte schiffbare Flusssystem Europas erobert.

Was tun?

Aufklärung tut Not! Eine Vorbedingung ist die möglichst lückenlose Erfassung der invasiven Arten, die für Europa, u.a. über das Projekt DAISIE ( Delivering Alien Invasive Species In Europe, http://www.europe-aliens.org/ ) sichergestellt werden soll. Nach der Erfassung möglichst aller, potentiell schädlicher Arten, geht es darum, eine Rangliste nach der Gefährdungswirkung aufzustellen und Maßnahmekataloge umzusetzen, um die ökologisch bedenklichsten Arten an der weiteren Ausbreitung zu hindern und sie in besonderen Fällen aus der Umwelt wieder zu entfernen. - Das hat nichts mit der Jagd nach Brunos "Schadbär"-Artgenossen" oder den wieder heimischen Wölfen zu tun, die auch einmal ein Schäfchen nehmen.

Internationale Empfehlungen, wie zum Beispiel jene aus der Berner Konvention (1995), um etwa den Ochsenfrosch (Lithobates catesbeianus) oder die Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta), einen Terrarienflüchter, in der freien Natur auszurotten, wurden bisher nicht konsequent genug umgesetzt.

Obwohl es längst die internationalen Konventionen gibt, die klar regeln wie mit den invasiven Arten verfahren werden muss, stehen Definitionen aus dem Deutschen Bundesnaturschutzgesetz, § 7 (http://dejure.org/gesetze/BNatSchG/7.html ) , was denn einheimische Arten sein sollen, dem Schutz der Flora und Fauna und der konsequenten Prävention von Schädigungen im Wege.

Als einheimisch gelten dort alle Arten, die in der freien Natur bei uns überleben, also auch die Einwanderer! - Theoretisch könnten nicht-heimische Arten sogar auf die Roten Listen geraten, sollten sie im Bestand plötzlich bedroht werden.

Als fremd gelten hingegen auch Arten die vor mehr als 100 Jahren hier ausstarben oder ausgerottet wurden und streng legalistisch, nicht wieder angesiedelt werden dürften (Wisent!).

Die Europäische Union formulierte 2003 Empfehlungen, die aber bisher von den Mitgliedstaaten kaum konsequent umgesetzt wurden.

Der Berner Ökologe Wolfram Nentwig benennt in seinem Buch Invasive Arten die rechtlich wirkungsvollste Waffe gegen schädliche Spezies aus anderen Biomen und Biotopen: Das Verursacherprinzip bei der Haftung für die eingetretenen Schäden, geschätzt 10-12 Milliarden Euro/Jahr, müsste angewendet werden.

Christoph Leusch

Neobioten sind eigentlich uralt. Die Definition ist willkürlich, aber notwendig menschlich. Cristoforo Colombo (Cristóbal Colón) lieferte das Datum und das Faktum, denn seine Überzeugung, Indien von der anderen Seite erreicht zu haben, markierte den Punkt, an dem die Neuzeit als Weltzeit anhob und es von nun an, auch biologisch, um die Globalisierung ging. 1492 teilt also Neophyten und Archaeophyten, später auch Neozoen und Archaeozoen und Neo- bzw. Archaeomyceten. Eine List der Klassifizierungswut ließ jedoch Archaebakterien außen vor. Sie sträuben sich gegen eine definierte chronologische Einteilung, wie auch einige Algenarten und Brückentier-Gattungen. Diese Spezies sind buchstäblich uralt und zugleich meint die Bezeichnung fast immer auch eine bestimmte, vereinfachte Morphologie (Bauplan, Anatomie) gegenüber den heutigen Lebewesen, die dann archaisch genannt werden kann.

Close Encounter: Die unheimliche Begegnung der dritten Art. J. Allen Hynek formulierte 1972,-Ein Schicksalsjahr!-, Regeln für die Erkennung und Anerkennung von UFO-Kontakten. Nährer als 500 Fuß, ca. 150 Meter, muss der Mensch schon an die unbekannten Objekte heran. Für die Biologie und die Psychologie gilt: "Du kannst gar nicht nahe genug rangehen, um verborgene Welten zu entdecken. Bleibe dabei aber ein schonender Beobachter!"

Koevolution: Jürg Willi, der Schweizer Psychiater und Psychoanalytiker übertrug einst das Konzept der Koevolution, der gemeinschaftlichen Weiterentwicklung, aus seinem ökologisch-biologischen und systemtheoretischen Ursprungsfeld auf die Bearbeitung der Paar- und Familienbeziehungen, auf die Heilung der Partnerschaft und der zerrütteten, oftmals von Hass geprägten sozialen Umgangsformen. Er hatte den Mut und die Ahnung, so weit zu gehen. - Wir aber, so erlebe ich es, wollen von dieser höheren Form der Kommunikation nicht mehr häufig und nicht mehr allzu viel wissen, außer in der Form von Jux, Tollerei und Bashing-Mode.

Data Garden, eine Webseite, die sich mit den Anfängen der elektronischen Musik beschäftigt. Insbesondere interessieren die Macher die Schnittstellen selbst, zwischen Mensch, Maschine und Natur. Ein ausgedehnter Spaziergang, zum Beispiel zur Mini Komposition Brian Enos für Windows 95 oder zum Bob Marley der Elektronischen Musik, Bobby Brown und zu Daphne Orams (BBC) „Oramanics, der ersten E-Musiktechnikerin Großbritanniens, in den 50er Jahren: http://datagarden.org/ , - „Daphne, du bist eine Rose!“, lohnt immer. - Die Deutsche Entsprechung, einige wenige Jahre früher, war das Kölner Studio für Elektronische Musik des WDR, das noch heute Weltruf genießt: http://www.wdr3.de/programm/sendungen/wdr3openstudioelektronischemusik/ .

Das Global Invasive Species Database (GISD) ist das international umfassendste Erfassungsprogramm invasiver Arten. Als Teil des Global Invasive Species Programms (GISP), vermittelt es auch Zugänge zu Experten und Fachgesellschaften. Wer die weltweit 100 gefährlichsten Arten kennenlernen will, der findet hier einen Link-Button: http://www.issg.org/database/welcome/

DAISIE ( Delivering Alien Invasive Species In Europe): Die europäische Variante des GISD/GISP, gefördert von der europäischen Gemeinschaft. Leichter erfassbar, besser für Laien zugänglich, lesefreundlicher gestaltet, nicht ganz so umfassend. Auch dort gibt es einen Link-Button zu den 100 gefährlichsten Arten: http://www.europe-aliens.org/aboutDAISIE.do

Literatur zum Thema:

Wolfgang Nentwig, Invasive Arten, Bern, Stuttgart, Wien (UTB-Haupt), 2010. Ein kurzer, detailreicher, gut gegliederter und leicht lesbarer Überblick zu den ökologischen Problemen mit invasiven Arten. Des Berner Professors Monografie sorgt mit einfachen Grafiken, übersichtlichen Tabellen und sehr vielen Beispielen für eine umfassende Orientierung. Seine Sammlung der wichtigsten, frei zugänglichen Webseiten zu den Arterfassungsprogrammen, sowie die gut ausgewählte Literaturliste, helfen Interessierten schnell weiter.

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