Neues zu den "DDR-Kaninchen"

Pharmaforschung Im Mai gab es einen medialen Aufreger über Medikamententests, die im Auftrag westlicher Pharmaunternehmen an ahnungslosen DDR-Bürgern vollführt worden seien.

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Ich schrieb darüber einen Blog unter dem Titel: Das Kaninchen sind wir.

Und stellte fest: "Die mediale Versuchsandordnung folgte dem bekannten Muster:

1. Die DDR-Bürger als Versuchspersonen, willige Objekte willkürlicher Herrschaft. Der Subtext lässt auch die finstere Geschichte mit anklingen.

2. Die DDR-Oberen, gleich mal wieder die Stasi, sind nur zu willig, die von ihnen unter Veschluss gehaltenen Menschen an zahlende Leute zu finsteren Zwecken zur Verfügung zu stellen, usw. usw. Gewissermaßen "Zuhälter" der Pharmaforschung.

3. Die Grundannahme, den Verantwortlichen in der DDR seien ihre "Bürger" völlig wurscht und gleichgültig gewesen, ist die Generalgrundierung des Ganzen."

Man wolle umfangreich aufklären, schrieben die Medien. Jetzt hat sich auch etwas getan.

Darüber berichtete kürzlich der "Tagesspiegel" unter der Überschrift: „Es war leicht, Ärzte und Patienten zu gewinnen“ Historiker über Pharmatests in der DDR"

Es gibt Aufklärungsbedarf, aber der wird hoffentlich in sachlicher Form erfüllt. Nicht alles wird restlos ergründet werden können, weil die Aufbewahrungsfrist von Dokumenten überschritten ist.

Selbst seriöse Blätter hätten aber von Anfang an die "Sprache des Skandals" benutzt, kritisieren die Medizinhistoriker.

"Dass Westfirmen für viel Geld an DDR-Patienten ihre Arzneimittel erproben durften, erklärte Matthias Judt (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam) mit dem Devisenhunger der DDR und der dort fehlenden Innovation der Arzneimittelentwicklung." Aber, durch die Studien hätten wenigstens einige Kranke mit neuen Medikamenten behandelt werden können und die Ärzte hätten sie kennenlernen können, erklärt er gegenüber dem Tagesspiegel.

Vor allem aber sei, neben der systematischen Erfassung der klinischen Studien, eine exemplarische Vertiefung und ein Vergleich des Vorgehens bei Arzneimittelstudien zwischen Ost und West geplant, heißt es weiter in dem Bericht.

Das wäre allerdings auch bei manchen anderen skandalisierten Berichten und Meldungen von Belang. Es scheint ein unerschütterlicher medialer Wille zu herrschen, die DDR-Bürger entweder als Opfer oder entmündigte und ahnungslose Objekte zu definieren.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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