Die britische Regierung hat Julian Assange ein Geschenk gemacht: Es war das Schreiben, das sie am Vorabend der Asyl-Entscheidung der Regierung Ecuadors übergeben hat. Darin deuten die Briten an, dass sie die diplomatische Integrität der ecuadorianischen Botschaft in London nicht in jedem Fall achten müssen. Ein solches Papier lässt sich wunderbar der Weltöffentlichkeit präsentieren - und hat spätestens dann den Effekt, dass eine Regierung gar nicht mehr anders kann, als einen Asylbewerber wie Assange aufzunehmen.
Das ist nun auch geschehen. Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño sagte am Donnerstag, Asyl sei ein fundamentales Menschenrecht – das sein Land nun auch dem Wikileaks-Chef gewährt. Assange bleibt nun also erst einmal auf unbestimmte Zeit in der Londoner Botschaft des südamerikanischen Landes. Großbritannien hat bekräftigt, dass es Assange festnehmen will, sollte er sich ohne Deckung auf den Weg zum Flughafen machen.
Mit dieser Eskalation hat Assange erreicht, was er wollte: Er sitzt in einem Raum mit Internet-Anschluss fest, statt in einem schwedischen Untersuchungsgefängnis und kann die Wikileaks-Aktivisten weiter dirigieren. Vor allem aber hat er seinen Fall von einem juristischen wieder zu einem politischen gemacht. Nun entscheiden Regierungen, nicht mehr Richter, über seine Zukunft - und für die gelten flexiblere Regeln als für Juristen.
Für Wikileaks bedeutet es allerdings endgültig das Ende der Unabhängigkeit. Assange hat die Zukunft der Organisation inzwischen derart eng an sein persönliches Schicksal geknüpft, dass nun auch sie zwangsläufig zum Gegenstand eben jener Geheimdiplomatie geworden ist, die sie doch ursprünglich einmal transparent machen wollte.
Das heißt keinesfalls, dass Wikileaks in Zukunft nichts interessantes oder aufklärendes mehr veröffentlichen wird. Aber es bedeutet, dass künftige Leaks stets unter dem Verdacht der Parteinahme stehen werden - ob das nun wahr ist oder nicht. Und jeder Whistleblower und jeder Hacker wird nun fürchten, dass zumindest der ecuadorianische Geheimdienst und seine Partner mitlesen, wenn er oder sie etwas bei Wikileaks einreichen. So kann man einer Whistleblower-Plattform auch den Todesstoß versetzen, mit einem Geschenk.
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