Der Freitag und die Frauenquote

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Smart Bombs, Soft Targets und Rassismus – schwere Geschütze werden auf der Liste der meist kommentierten Blogs aufgefahren. Mich schrecken Provokationen formaler Natur ab. Das wahre Glück redet nicht von sich und das gilt auch für Sachverstand, glaube ich, das mag typisch weiblich sein. Wenn sich nun aber so viele dazu veranlasst sehen, Beiträge mit reißerischen Begrifflichkeiten wie Bomben und Rassismus zu kommentieren, muss doch was dran sein, oder?

Ich inspiziere die Top Blogs. Fünf Frauen finde ich (Stand 15:25 Uhr) unter den ersten dreißig, davon sind vier Namen blau, also ohnehin Mitarbeiterinnen des Freitags – wenn ich die Farbgebung hier richtig verstanden habe, dann hat es eine private Bloggerin auf die Top 30 Liste geschafft. Das macht mich nachdenklich.

Frauen und Männer sind nicht gleich. Als mich mein Freund vor ein paar Jahren nach einem kritischen Blick in den Spiegel bat, ihm zu erklären, wie man denn Augenbrauen richtig zupfe, da schritt ich gleich zur Tat und griff zur Pinzette. „Aaaaauuuuu!!!“ jaulte er und jeder, der sich schon mal im Augenbrauen zupfen versucht hat, weiß, beim ersten Mal fließen Tränen, ganz reflexartig. Und ich kann Menschen, die mir nahe stehen, nicht weinen sehen, nein, ich muss dann immer gleich mit weinen, weil ich – typisch Frau – eine Heulsuse vor dem Herrn bin. Ich brach das für die meisten Frauen und auch für mich selbstverständliche Unterfangen „unbarmherziges Augenbrauen zupfen“ sofort wieder ab und „Brazilian“ habe ich meinem Freund erst recht erspart. Bin ja gar nicht so. Wie gesagt: Männer und Frauen sind nicht gleich. Warum sollten Spitzenpositionen deutscher Unternehmen also auch von Frauen besetzt werden? Die Gründer einer Aktiengesellschaft bestellen den Aufsichtsrat, der wiederum den Vorstand beruft und so weiter und so fort. Man kennt sich, man hilft sich, das wusste schon Adenauer und um eine kleine intellektuelle Transferleistung zu vollziehen: Wer sich nicht kennt, hilft sich nicht. Die abstrakte soziale Reproduktion und der konkrete Steigbügel sind also (erfolgs-)entscheidend. Und Frauen sind ja viel mehr mit Augenbrauen zupfen beschäftigt und Windeln wechseln und Essen kochen und so. Da kennt man sich eben nicht – unter Spitzenfunktionären oder Top Bloggern.

Ich bin jetzt ganz im Sinne des Sprichworts „Lieber vor der eigenen Haustüre kehren“ versucht als Steigbügel eine zumindest zeitlich begrenzte Frauenquote für die Top Blogs vorzuschlagen, aber ich höre schon die Kritiker: Es gibt halt nicht genügend gute Bloggerinnen!

Ja, das kann schon sein.

Weil man sich nicht kennt, und man sich nicht hilft.

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Geschrieben von

Calvani

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