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Kultur : Jede Menge Hermeneutik

Leonardo DiCaprio als Jäger der verlorenen Deutung: „Inception“ von Christopher Nolan übersetzt die Rätselhaftigkeit des Träumens in ein actionreiches Jahrmarktprogramm

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Freud ahnte es: Wer ins Unbewusste eines anderen Menschen vordringt, begibt sich auf feindliches Terrain. Der menschliche Geist ist berüchtigt für seine Fähigkeit, jedem Geschehen einen nachträglichen Sinn zu verleihen. Einzig der Traum mit seinen verwirrenden Raum-Zeit-Konstruktionen entzieht sich auch ein Jahrhundert nach Freuds schlüssigen Hinweisen wieder und wieder dem rationellen Zugriff.

Man mag kaum glauben, dass dies der Stoff für einen amerikanischen Sommer-Blockbuster sein könnte, aber der große Reiz von Christopher Nolans Film Inception besteht tatsächlich darin, dass er das im Grunde doch dröge Hadern um den Sinn des Träumens als atemlose Action auf die Leinwand bringt. Statt mühsamer Ableitungen aus dem Alltagstrott der Psyche und ihrer dürren Versprachlichungsformeln gibt es hier das volle Jahrmarktprogramm: waghalsige Verfolgungsjagden, trickreiche Schießereien, einstürzende Fassaden, geflutete Städte, Bergbesteigungen, Tauchaktionen und Kampfszenen im Zustand der Schwerelosigkeit. Während der Zuschauer – und darin liegt nun eben das besondere Vergnügen an diesem Film – sich unentwegt in der Kunst der Hermeneutik versucht, also dem Ganzen einen Sinn ablesen will. Der „Suspense“ dabei ist ein anderer als der klassische, wenn man um die Explosion einer heimlich gelegten Bombe fürchtet. Die Fragen, die sich der Zuschauer in Inception wieder und wieder beantworten muss, sind beunruhigender und grundsätzlicher: Sehen wir einen Traum- oder einen Wachzustand – oder träumt hier nur jemand, dass er aufwacht? In welcher Traum-im-Traum-Ebene befinden wir uns, beziehungsweise: in wessen Unterbewusstsein? Und wichtiger noch: Was hat das alles zu bedeuten?

Als eine Art Indiana Jones auf der Suche nach der verlorenen Deutung ist denn auch Leonardo DiCaprios Figur angelegt. Sein Dom Cobb stellt eine Mischung aus Meisterdieb und Agent mit zweifelhafter Vergangenheit dar. Die ersten Szenen zeigen ihn gleich in Aktion: Mit einem kleinen Team an Unterstützern bricht er in den Traum eines Großindustriellen ein, um aus dessen unterbewussten Tiefen geheime Informationen zu extrahieren. Dieser Coup dient dem Zuschauer gleichzeitig als Einführung in die Grundregeln der folgenden Filmerzählung: Ist die Zielperson eingeschläfert, sorgt eine recht unscheinbare Maschine mit Verbindungsschläuchen dafür, dass verschiedene Personen in ihre Träume einfallen können. Was Cobb und sein Team unternehmen, gleicht einem raffinierten Trickbetrug, der schnell in Überfall und Geiselnahme umschlagen kann.

Gedanken einpflanzen

Als wäre das nicht schon kompliziert genug, dreht Nolan die eben erst eingeführte Filmlogik für die Haupthandlung gleich wieder um: Cobb wird als nächstes nicht etwa damit beauftragt, einen weiteren geheimen Gedanken zu stehlen, sondern umgekehrt: einen Gedanken ins Unterbewusstsein einer Zielperson einzupflanzen, so dass er als ihr eigener erscheint; die Spielregeln dafür werden wieder en passant erläutert. Bevor der Zuschauer noch deren Logik in Frage stellen könnte, beginnt auch schon wieder die waghalsige Action auf mehreren Traum- und Zeitebenen.

Mit Memento aus dem Jahr 2000 hat Christopher Nolan sich als Spezialist für vertracktes Erzählen einen Namen gemacht. In seinen beiden Batman-Filme (Batman Begins und The Dark Knight) stellte er diese Vorliebe zugunsten des visuell Spektakulären ein wenig zurück. In Inception gelingt ihm nun eine faszinierende Verbindung von beidem, die vielleicht nicht jedem Zuschauer gleichermaßen zusagt, aber doch fast alle mit dem Gefühl hinterlässt, dass man diesen Film noch ein zweites Mal schauen müsste, um ihn richtig zu deuten.

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