Der enttäuschende Leviathan

Versagen der GroKo Das Vertrauen der Bürger in den Staat schwindet immer mehr, die Regierung schafft es nicht, die Interessen des Volkes zu vertreten. Oder will es vielleicht gar nicht.

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Nach nicht einmal 3 Monaten Große Koalition hat die Regierung den Bürgern eindrucksvoll bewiesen, dass man kein Vertrauen in die Politik stecken sollte. Die linken und rechten Spektren werden sich freuen, die AfD zum Beispiel kann nicht ohne Grund mit 6% bei den Europawahlen rechnen. Die Politik der Mitte schafft es im Moment einfach nicht das Vertrauen der Bürger zu erwecken und gibt eher ein klägliches Bild für Beobachter ab. Dabei sollte es die oberste Maxime der gemäßigten Reihen sein genau das zu verhindern, was momentan geschieht. Die Weimarer Republik hat gezeigt wie wichtig das Vertrauen der Menschen an die Regierung ist und vielleicht sollten sich #SPD und #CSU die Geschichte der 20er Jahren noch einmal vor Augen führen.

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#Genmais: Man sollte meinen, wenn die Parteien tagelang einen Koalitionsvertrag erarbeiten und sich über jedes einzelne Wort penibel streiten, um so genaustens die politischen Richtlinien auszuarbeiten, damit sie möglichst ohne weiteren Diskurs direkt und geradlinig regieren können, dass dieser Koalitionsvertrag schlussendlich auch eine besondere Gewichtung hat und befolgt wird. Doch während im Vertrag ausdrücklich Gentechnik bei Futtermitteln abgelehnt wird und SPD-Chef Sigmar Gabriel vor Parteigenossen lautstark Genmais in Deutschland ebenfalls abgelehnt hat, die Regierung dann aber bei der Abstimmung in der EU sich nur enthaltet, ist es schwer überhaupt noch Vertrauen in die Regierung zu haben. Vor allem wenn die Kanzlerin öfters auf Industriemessen und Firmenfeiern anzutreffen ist als bei bürgerlichen Belangen, kann man sich schwer vorstellen, dass in Berlin für die Bürger gearbeitet wird. Abgesehen natürlich von ca. 80% der Deutschen die Genmais abgelehnt haben.

#Diätenerhöhung: Während monatelang über den Mindestlohn debattiert und gestritten wird, zieht der Bundestag im Eiltempo das Gesetz zur Erhöhung der Bezüge für Abgeordnete durch. Praktisch, wenn man selber den eigenen Lohn bestimmen kann und diesen dann natürlich mit der vorhandenen Mehrheit im Bundestag auch fix durchsetzt. Es sendet gewiss das falsche Signal an die Bürger, da das Timing für diesen Beschluss katastrophal gewählt wurde. Über die Notwendigkeit beziehungsweise die Rechtfertigung für eine Bezugserhöhung geht es dabei gar nicht, es ist nur untaktvoll in einem solchem Moment so eine Entscheidung durchzubringen und untermauert leider das schwindende Vertrauen an die Politik.

#Freihandelsabkommen: Ähnlich wie beim Genmais ist nicht einmal die Mehrheit der Bürger für ein Abkommen mit der USA, zu sehr die Kritik an den schwachen Verbraucherschutz bei den Amerikanern und die mangelhaften Lebensmittelstandarts. Obwohl die WTO an sich bereits Zölle größtenteils abgeschafft und der wirtschaftliche Gewinn durch ein solches Abkommen gerade einmal 0,5% betragen wird laut Experten, setzen sich Politiker weiterhin vehement dafür ein. Dabei sind diese Verhandlung so geheim, dass es verboten ist deren Protokolle an Kongress bzw. Parlamentsmitglieder in Amerika oder Europa weiterzuleiten. Diese extreme Intransparenz führt nicht unbedingt zu einem größeren Verständnis für das Abkommen bei und das dabei extrem viele Lobbyisten am Verhandlungstisch sind sowieso nicht. Ein Blick in die Statistik der UN zeigt, dass 2012 70% der Schiedsverfahren wegen Verbraucherschutz Firmen gewonnen haben und diese Zahlen machen keinen Mut, dass sich der deutsche Verbraucherschutz gegenüber amerikanischen Produkte wie das Chlorhuhn behaupten kann.

#Netzspionage: Auf der CeBit 2014 wäre eine gute Möglichkeit für Angela Merkel vorhanden gewesen, zumindest den Anschein zu erwecken, dass sie mit der Ausspähung durch ausländische Geheimdienste, nicht einverstanden ist. Schließlich war David Cameron, Premier von England, deren Geheimdienst GCHQ mit der NSA auch an der Netzspionage beteiligt war, der Gast von der Kanzlerin. Ironischerweise ging es bei der Cebit auch um Themen wie Netzsicherheit und Verschlüsselungstechniken, aber um die Stände werden die beiden wohl einen großen Bogen gemacht haben. Dabei erreicht die Spionage durch die Geheimdienste momentan komplett andere Dimensionen, die so bahnbrechend wie verstörend zu gleich sind. Laut The Intercept, die sich auf Dokumente von Edward Snowden berufen, hat die NSA mit der GCHQ eine Software namens Turbine entwickelt, die auf der Basis von einem Algorithmus, komplett automatisch die Geräte heraussucht, die infiziert und ausgespäht werden. Dazu werden die Geheimdienste ihre eigenen Server als Facebook und Yahoo Server imitieren, so dass dann dort eingelinkte Computer mit Schadenssoftware bestückt werden und dann ausgespäht werden können. Vom Aktivieren des Mikros oder der Webcam ist dann nahezu alles möglich. Unklar ist jedoch welche Art von Algorithmus die Software benutzt, aber auf Basis der Meldung, dass bereits gezielt Besucher der Wikileaks Seite ausgespäht wurden, der Algorithmus nach eventuellen Keywords fahndet. Fest steht aber, dass durch Turbine Millionen von Geräten weltweit angezapft werden können ohne das Zutun von einem Menschen. Die künstliche Intelligenz wird also der Herr unserer Daten. Und erschreckend, dass dabei von der Bundesregierung kein einziges Wort kommt.

Es reicht schlicht nicht mehr mit der Linke und den Grünen die Politik für die Bürger im Bundestag verteten zu haben, SPD und CDU/CSU müssen sich wieder auf ihre eigentlichen Leitlinien fokussieren und wieder anfangen das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Auch wenn sie größtenteils von Firmen gesponsert werden und auch in deren Interesse agieren, werden sie nicht von diesen gewählt und sind nicht Teil des Abkommens zwischen Staat und Bürger, dass dieser vom anderen als Leviathan anerkannt wird und im Gegenzug für die Wahrung seiner Gesetze für ihn handelt. Vielleicht hätten die Mitglieder der GroKo statt tagelang den Koalitionsvertrag auszuhandeln, sich den Leviathan von Thomas Hobbes gemeinsam durchlesen müssen. Dann würden sie gewiss anders regieren.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Abrahan Garcia

Angehender Orientalist

Abrahan Garcia

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