Keine Erhöhung trotz höherer Kinderfreibeträge?

Kindergeld Der Finanzminister will auf eine Kindergelderhöhung verzichten, obwohl die Grundfreibeträge steigen. Das widerspricht eklatant einem Beschluss des Deutschen Bundestags.

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Bundesfinanzminister Christian Lindner verweigert laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung eine Erhöhung des Kindergelds, trotz steigender Freibeträge in der Einkommenssteuer. Man kann sich hier lange Ausführungen zur Systematik des Familienleistungsausgleichs sparen und nur so viel sagen. Das Kindergeld hängt systematisch mit den Grundfreibeträgen in der Einkommenssteuer (dem nach der Vorgabe des Bundesverfassungsgericht steuerfrei zu stellenden Existenzminimum für Erwachsene und Kinder) zusammen, die ihrerseits mit den Regelleistungen der Grundsicherung zusammen hängen. Vereinfacht gesprochen kann man sagen: wenn die Leistungen in der Grundsicherung steigen, steigen auch die Freibeträge in der Einkommenssteuer, vermittelt über den sog. Existenzminimumbericht der Bundesregierung.

Entsprechend einer Koalitionseinigung soll nunmehr für das Jahr 2024 der Grundfreibetrag für Erwachsene von 10.908 auf 11.784 Euro und der Kinderfreibetrag von 8.592 auf 9.540 Euro steigen. Die Anhebung in dieser Höhe war vor allem von der FDP gefordert und vom Bundesfinanzminister als "geboten" bezeichnet worden. Und damit hatte er Recht. Denn der Deutsche Bundestag hat 1995 in einem nie korrigierten Beschluss (korrekt: einem Entschließungsantrag zum Jahressteuergesetz 1996) festgelegt:

"Die im Jahressteuergesetz 1996 festgelegten Beträge für das Existenzminimum eines Erwachsenen und eines Kindes müssen - nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - jeweils den veränderten Bedingungen angepaßt werden (...)"

Mit diesem Beschluss hat der Bundestag politisch das bis heute geltende Verfahren normiert. Zu diesem Verfahren gehört aber auch ein Satz, an den der Bundesfinanzminister möglicherweise erinnert werden muss:

"Wird der Kinderfreibetrag angehoben, wird der Betrag für das Kindergeld entsprechend erhöht."

Dasselbe "Gebot", das die Bundesregierung in Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Anhebung der Grundfreibeträge verpflichtet, gebietet also auch eine "entsprechende" Erhöhung des Kindergelds. Es liegt also nicht im Ermessensspielraum des Ministers, auf diese Erhöhung aus fiskalischen Gründen zu verzichten, falls der Deutsche Bundestag seine eigenen Beschlüsse ernst nimmt.

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Geschrieben von

Alexander Fischer

Alexander Fischer. Mensch. Historiker. Vater.

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