ELEKTRA bei den Salzburger Festspielen

Mediathek Premierenmitschnitt auf arte

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Es sind noch zwei von insgesamt sechs Vorstellungen von Elektra zu den diesjährigen Salzburger Festspielen zu absolvieren, und im Internet sind sie ganz unverwunderlich als "ausverkauft" gezeichnet. Dass die einaktige Oper von Strauss/ Hofmannsthal, den beiden Mitgründern des Jubiläumsfestivals, schlussendlich überhaupt unter den derzeitigen österreichischen Abstands- und Hygieneregeln stattfinden konnte, konstatierte das benachbarte Feuilleton mit Neid und Staunen; rings umher gibt's derzeit kein Musiktheater dieser Größenordnung live zu sehen und zu hören, alle deutschen Opernhäuser (beispielsweise) öffnen zwar dann ab September wieder, doch es finden lediglich Veranstaltungen für Klein- oder Minimalbesetzungen (und unter Aussparung jeglicher Chöre!) statt.

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Also: Die von Franz Welser-Möst dirigierten Wiener Philharmoniker sitzen als Hundertschaft im Orchestergraben der Felsenreitschule. Die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor ("Stimmen hinter der Scene") hat dichtgedrängte Aufstellung von einem Seitenbalkon aus genommen, die arte-Kameras fangen sie beim Schlussapplaus kurzzeitig ein. Und die agierenden Protagonisten verrichten stellenweise glaubwürdige Körper- und Berührungsarbeit. Alles so wie immer - Pfeifen auf Corona! (Der Vollständigkeit halber muss angemerkt sein, dass das Personal auf sowie außerhalb der Bühne tagtäglich getestet worden wäre; kann man alles auf der Festspiel-Homepage nachlesen.)

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Der unter der Bildregie von Myriam Hoyer bewerkstelligte TV-Mitschnitt zur Premiere lässt sich derzeit in der arte-Mediathek abrufen - Vorzug solcher Bewegtenbildkonserven ist dann immer, dass es wunderbare Nahaufnahmen gibt, ja und man kann dann intensiv in den Gesichterlandschaften verweilen, was man unter herkömmlichen Besucher-Live-Bedingungen so niemals könnte, auch nicht unter der Zuhilfenahme eines Feldstechers.

Wir diagnostizieren, rein vom Bild her, dass die Zeit der Kraftmaschininnen passé zu sein scheint, die drei Frauen-Hauptpartien waren schlank (nicht dürr) besetzt, das schauspielernde Potenzial des Trios hätte burgtheatertauglicher nicht sein können, was sicherlich auch an der Inszenierung Krzysztof Warlikowskis gelegen haben könnte - Tanja Ariane Baumgartner (als Klytämnestra), Ausrine Stundyte (als Elektra). Asmik Grigorian (als Chrysothemis); Respekt!

Die unter Kopfhörern erlebte Tonmischung bewahrheitete sich, allein von der Orchesterwirkung her, gedeckelt und gedämpft; man wollte mehr und mehr und bis zum Anschlag aufdrehen, aber es blieb enttäuschend-ohrschützend gedeckelt und gedämpft. Ein hörerisches Mega-Manko, ganz bestimmt!

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 17.08.2020.]

ELEKTRA (Felsenreitschule, 01.08.2020)
Musikalische Leitung: Franz Welser-Möst
Regie: Krzysztof Warlikowski
Bühne und Kostüme: Małgorzata Szczęśniak
Licht: Felice Ross
Video: Kamil Polak
Choreografie: Claude Bardouil
Dramaturgie: Christian Longchamp
Mit: Tanja Ariane Baumgartner (Klytämnestra), Ausrine Stundyte (Elektra), Asmik Grigorian (Chrysothemis), Michael Laurenz (Ägisth), Derek Welton (Orest), Tilmann Rönnebeck (Der Pfleger des Orest), Verity Wingate (Die Schleppträgerin), Valeriia Savinskaia (Die Vertraute), Matthäus Schmidlechner (Ein junger Diener), Jens Larsen (Ein alter Diener), Sonja Šarić (Die Aufseherin) sowie Bonita Hyman, Katie Coventry, Deniz Uzun, Sinéad Campbell-Wallace und Natalia Tanasii (Mägde)
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
(Choreinstudierung: Ernst Raffelsberger)
Wiener Philharmoniker
Premiere zu den Salzburger Festspielen: 1. August 2020
TV-Aufzeichnung von arteCONCERT
Bildregie: Myriam Hoyer

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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