IN MEMORY OF DORIS BITHER von Yana Thönnes

Premierenkritik Performance mit viel Para-Kram im STUDIO der Berliner Schaubühne uraufgeführt

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Nicht dass mich die Performance In Memory of Doris Bither, die gestern Abend im STUDIO der Berliner Schaubühne Premiere hatte, irgendwie überzeugt geschweige denn begeistert haben würde, soll zunächst ihr stofflicher Hintergrund zitiert sein:

"1974, Culver City, Los Angeles: Doris Bither, alleinerziehende Mutter von vier Kindern, berichtet der Polizei, nachts von einer 'Invisible Entity' in ihrem eigenen Haus vergewaltigt zu werden. Die Beamten stoßen bei Bither zu Hause tatsächlich auf Unerklärliches wie dem Verrücken von Gegenständen ohne äußere Einwirkung und kalte Stellen - und stufen den Fall als 'paranormal activity' ein. Ebenso kontaktiert Bither Mitarbeitende des 'Lab for Parapsychology' der UCLA. Es beginnt eine monatelange Untersuchung des Falls, in der etwa 30 Ermittler_innen bei Bither ein und aus gehen.
Der Fall wird nicht gelöst.
Ein Autor nimmt sich der Geschichte an und schreibt einen Bestseller. Er schreibt schließlich auch das Drehbuch zum Horror-Film The Entity , der 1983 Premiere feiert. Damit verliert Doris Bither das Copyright ihrer eigenen Geschichte. Während diese noch zu ihren Lebzeiten vermarktet wird, wird Doris selbst bis zu ihrem Tod von der 'Invisible Entity' heimgesucht."
(Quelle: schaubuehne.de)

Es treten auf: Heinrich Horwitz (als Sohn), Kate Strong (als Nachbarin) und Ruth Rosenfeld (als Ex-Kinderschauspielerin).

Der Sohn hat einen großen roten Teddy und muss zwischendurch immer mal (angst-)pinkeln. Die Nachbarin trägt einen überweiten himmelblauen Bademantel und tut in der Doris-Bither-Wohnung neugierig herumschnüffeln. Die Ex-Kinderschauspielerin spielt ab und zu ihre damalige Filmrolle nach und spreizt gelegentlich auch ihre schwarzbestrümpften Beine.

Gesprochen wird teils deutsch, teils englisch, meistens aber mehr englisch als deutsch; es gibt Simultanübersetzungen rechts und links der rosaroten Doris-Bither-Wohnungsbühne von Katharina Pia Schütz.

Die Doris-Bither-Idee der Autorin und Regisseurin Yana Thönnes - sie ließ sich zu ihrem performativen Projekt extra eine Recherchereise nach Los Angeles vom Goethe-Institut mitfinanzieren; Respekt, Respekt - wird so skizziert:

"Jahrzehnte später versuchen [...] ihr Sohn, ihre ehemalige Nachbarin und die Kinderschauspielerin aus The Entity die traumatischen Ereignisse zu rekonstruieren. Dabei überlagern sich ihre eigenen Erinnerungen mit den medialen und fiktionalen Darstellungen aus Zeitungsartikeln, Zeugenaussagen, dem Roman und dem Film. Während sich ihr Verstand kaum erinnern kann, beginnen ihre Körper, das Skript der Ereignisse zu wiederholen: Zwischen Geisterbeschwörung, Wiederholungszwang, True Crime und Familienaufstellung begeben sie sich auf die Suche nach den Memoiren von Doris Bither, in der Hoffnung, ihr ihre Geschichte zurückgeben zu können." (Quelle: dto.)

*

Ich kenne den besagten Film nicht, daher konnte ich auch mit dem ganzen Para- und Pseudovergewaltigungskram nichts anfangen, nein, wirklich nicht. Doch Steven Spielbergs humorvollen Poltergeist sah ich mir immer wieder gern an. (Schräg verglichen, ja, ich weiß.)

An und für sich: recht gut performt.

Summa summarum allerdings: vergessenswerter Para-Scheiß.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 27.09.2023.]

IN MEMORY OF DORIS BITHER (Studio, 26.09.2023)
von Yana Thönnes

Regie: Yana Thönnes
Bühne und Kostüme: Katharina Pia Schütz
Musik: Ville Haimala
Dramaturgie: Elisa Leroy und Martín Valdés-Stauber
Mit: Heinrich Horwitz, Ruth Rosenfeld und Kate Strong
UA an der Schaubühne am Lehniner Platz: 26. September 2023
Weitere Termine: 28.09./ 03., 04., 06.-11.10.2023

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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