V.i.S.d.P. - Trittin und das Presserecht

Impressum Wer hätte sich das vor einigen Wochen vorstellen können, dass einmal das deutsche Presserecht zu einem Objekt allgemeinen Interesses wird?

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 V.i.S.d.P. - Trittin und das Presserecht

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Die meisten hätten alles vermutet, nur nicht dass das Kürzel „V.i.S.d.P.“ eine solche Prominenz bekommen könnte. Nun ist es so und damit an der Zeit einmal ganz grundsätzlich zu klären, was es damit auf sich hat.

Da die Berühmtheitserlangung eng mit Jürgen Trittin, heute Spitzenkandidat der Grünen bei der Bundestagswahl 2013 und 1981 Stadtratskandidat der Alternativ-Grüne Initiativen-Liste (AGIL) und deren Kommunalprogramm zusammenhängt, soll der Frage nachgegangen werden, ob Parteiprogramme eigentlich einen verantwortlichen Redakteur - V.i.S.d.P. - benötigen?

Da Göttingen in Niedersachen liegt, gilt das Niedersächsische Pressegesetz (Auszüge links vom Artikel). Die Pressegesetze der Länder gleichen sich aber – von wenigen Ausnahmen abgesehen – wie ein Ei dem anderen.

Die erste Frage, die zu stellen wäre: Handelt es sich bei einem Parteiprogramm um ein Druckwerk , dass unter die Bestimmungen des Presserechts fällt? Die Antwort ist wenig überraschend. Nach § 7 haben wir es bei einem Parteiprogramm mit einem Druckwerk im Sinne des Gesetzes zu tun, wenn es mittels eines geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellt wurde, um es in den allgemeinen Verkehr zu bringen. Damit benötigt dieses Druckwerk also ein Impressum. Da es sich nach § 8 (2) nicht um ein periodisches Druckwerk handelt, sind Name oder Firma und Anschrift des Druckers sowie Name und Anschrift des Verfassers oder des Herausgebers, in dem Falle wäre es die AGIL gewesen zu nennen.

Streiten kann man sich jetzt darüber, ob es möglich gewesen wäre unter die jeweiligen Programmabschnitte die VerfasserInnen und ihre Anschrift zu setzen, statt den Herausgeber zu nennen?

Dieser war die Alternativ-Grüne Initiativen-Liste (AGIL), vertreten durch ein Organ das die Vorstandseigenschaft innehatte. Die Nennung von VerfasserInnenangaben – als Anforderung des NiedersPresseG - kann aber ausgeschlossen werden, da diese im Programmkonstituierungsprozess den Charakter von AntragstellerInnen hatten. Mit der Annahme ihrer Anträge, hat sich die Organisation den Programmteil voll umfänglich angeeignet und verantwortet diesen auch.

Das korrekte Impressum hätte also den Namen und die Anschrift des Druckers sowie des Herausgebers enthalten müssen.

Die Angaben über die Schlussredaktion waren so entbehrlich, wie die Angabe eines verantwortlichen Redakteurs – V.i.S.d.P. – denn diese Angabe ist nur bei periodischen Druckwerken erforderlich und das sind qua Definition Zeitungen und Zeitschriften.

Bleibt noch die Frage, ob ggf. nicht Parteiprogramme als Sonderausgabe einer Zeitschrift erscheinen und damit eine Impressumspflicht nach § 8 (2) auslösen könnten? Der Fall wäre zu bejahen, wenn neben dem Programmteil auch Artikel und Anzeigen erschienen. Ginge es rein um die Dokumentation des Programms, so handelte es sich nicht um ein Periodikum. Die Verantwortung für das Programm trägt immer die Organisation, die sich das Programm gegeben hat, konkret das zur Vertretung berechtigte Gremium. Es sei denn, es handelt sich um eine Dokumentation eines fremden Programmes.

Bleibt zusammenfassend zu schlussfolgern:

Trittin hätte sich eine Menge Ärger ersparen können, hätte er vor 32 Jahren nicht die Karikatur der leninschen Karikatur vom deutschen Revolutionär gegeben.

Lenin hatte nämlich ausgeschlossen, dass es in Deutschland jemals zu einer Revolution kommen könnte, weil der deutsche Revolutionär vor Stürmung des Bahnhofes erst noch eine Bahnsteigkarte kaufen würde.

Trittin, der 1981 noch deutscher Kommunist war (Gruppe Z) gebührt nun das Verdienst, das Bild vom deutschen Revolutionär im leninschen Geist kreativ erweitert zu haben.

Niedersächsisches Pressegesetz (NiedersPresseG) Auszug:

§ 7 Begriffsbestimmungen.

(1) Druckwerke im Sinne dieses Gesetzes sind alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen.

(2) Zu den Druckwerken gehören auch die vervielfältigten Mitteilungen, mit denen Nachrichtenagenturen, Pressekorrespondenzen, Materndienste und ähnliche Unternehmungen die Presse mit Beiträgen in Wort, Bild oder ähnlicher Weise versorgen. Als Druckwerke gelten ferner die von einem presseredaktionellen Hilfsunternehmen gelieferten Mitteilungen ohne Rücksicht auf die technische Form, in der sie geliefert werden.

(3) Den Bestimmungen dieses Gesetzes über Druckwerke unterliegen nicht

amtliche Druckwerke, soweit sie ausschließlich amtliche Mitteilungen enthalten,die nur Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckwerke – Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen, Familienanzeigen, Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte und dergleichen – sowie Stimmzettel für Wahlen und Abstimmungen sowie Unterschriftenbögen für Volksinitiativen, Volksbegehren und Bürgerbegehren.

(4) Periodische Druckwerke sind Zeitungen, Zeitschriften und andere Druckwerke, die in ständiger, wenn auch unregelmäßiger Folge und im Abstand von nicht mehr als sechs Monaten erscheinen.

§ 8 Impressum.

(1) Auf jedem im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckwerk müssen Name oder Firma und Anschrift des Druckers und des Verlegers genannt sein, beim Selbstverlag Name und Anschrift des Verfassers oder des Herausgebers.

(2) Auf den periodischen Druckwerken sind ferner Name und Anschrift des verantwortlichen Redakteurs anzugeben. Sind mehrere Redakteure verantwortlich, so muß das Impressum die in Satz 1 geforderten Angaben für jeden von ihnen enthalten. Hierbei ist kenntlich zu machen, für welchen Teil oder sachlichen Bereich des Druckwerks jeder einzelne verantwortlich ist. Für den Anzeigenteil ist ein Verantwortlicher zu benennen; für diesen gelten die Vorschriften über den verantwortlichen Redakteur entsprechend.

(3) Zeitungen und Anschlußzeitungen, die regelmäßig ganze Seiten des redaktionellen Teils fertig übernehmen, haben im Impressum auch Name und Anschrift des für den übernommenen Teils verantwortlichen Redakteurs anzugeben.

§ 9 Persönliche Anforderungen an den verantwortlichen Redakteur.

(1) Als verantwortlicher Redakteur darf nicht tätig sein und nicht beschäftigt werden, wer

seinen ständigen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes hat,infolge Richterspruchs die Fähigkeit, ein öffentliches Amt zu bekleiden oder Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, oder das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen nicht besitzt,das 21. Lebensjahr nicht vollendet hat,nicht unbeschränkt geschäftsfähig ist,wegen einer Straftat, die er durch die Presse begangen hat, nicht unbeschränkt gerichtlich verfolgt werden kann.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Nrn. 3 und 4 gelten nicht für Druckwerke, die von Jugendlichen für Jugendliche herausgegeben werden.

(3) Von der Voraussetzung des Absatzes 1 Nr. 1 kann der Minister des Innern in besonderen Fällen auf Antrag Befreiung erteilen. Die Befreiung kann widerrufen werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.