Kalenderblatt:Yul Brunner und Wilfrid Israel

2 Geburtstage am 11.Juli Also: bei Licht besehen haben heute natürlich weitaus mehr Menschen Geburtstag. Weil sie in der Vergangenheit geboren oder eben just heute, was ja besonders schön ist.

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Ich erlaube mir jetzt aber mal, zwei davon hier kurz vorzustellen. Zwei Freunde der Menschlichkeit und der Menschen: Yul Brunner und Wilfrid Israel. Wilfrid Israel wurde 1899 in London geboren, war ein Sozialist und Kaufhausdirektor, rettete in der Nazizeit viele Menschen, und saß 1943 in einem Flugzeug, das von Lissabon nach London flog und über der Bucht von Biscaya von der nazideutschen Luftwaffe abgeschossen wurde. Eine traurige Reminiszenz an Portugal - schade, dass ich Ihnen dies an diesem Tag (Stichwort: Fußball-EM) nicht ersparen kann. Ach so: der Löw ist ja auch nicht so fröhich, wenn er heute an Portugal denkt...Aber das ist wohl eine andere Hausnummer von traurig sein. Über Wilfrid Israel veranstalte ich am Sonntag, den 31.Juli einen Stadtspaziergang, der um 14:00 Uhr am Alexanderplatz an der Weltzeituhr beginnt (wenn da nicht schon wieder ei Filn gedreht wird...) und bis 16:00 Uhr geht. Er kostet 7 bzw. 5 Euro und bei Rückfragen oder wenn sie mich anmelden möchten, erreichen Sie mich unter 0160-870 5744. So weit der Werbeblock in eigener Sache - unten weise ich aber noch einen wichtigen Aufsatz hin, aber der ist nicht von mir. Auf dem Spziergang werde ich auch Yul Brunner erwähnen: 1920 in Wladiwostok geboren, war in den 1950ern ein sehr berühmter Hollywood-Schauspieler, und in den 1970ern war er der sehr aktive Ehrenpräsident der Internationalen Romani Union https://de.wikipedia.org/wiki/International_Roma_Union.

So ist Yul Brunner eben auch eine Symbolfigur für die internationale Bürger_innenrechtsbewegung von Rom_nja. Das ist leider noch sehr aktuell, wie ich gestern auf einer Demo in Berlin-Neukölln gegen die Abschiebung von Rom_nja in die Westbalkanstaaten erfahren musste. Wilfrid Israel steht - wie Yul Brunner - für Humanität. Und er steht für den Zusammenschluss von Jüd_innen auf nicht-nationalistischer Grundlage. Als Kulturzionist plädierte er für ein gutes Verhältnis zu den Arabern Palästinas (so lautete der Begriff damals, heute würde mensch sagen: zu den Palästinenser_innen) - alles auch ziemlich aktuell. Beide sind als Personen heute bedeutsam im Kampf gegen Rassismus - gegen antijüdischen und gegen Anti-Roma-Rassismus und gegen alle Formen davon. Yul Brunner ist zugleich ein Beleg dafür, dass das Bild von Rom_nja als defizitär falsch ist. Eine weitere solche Person ist die Kapellmeisterin Panna Czinka, die im 18.Jahrhundert lebte, die eine "Virtuosin auf der Geige" war und eine "gerühmte Romni im Ungarn des beginnenden 18.Jahrhunderts", wie Isidora Randjevolic in einem sehr spannenden Aufsatz schreibt, auf den ich hier abschließend gerne hinweise: "' Auf vielen Hochzeiten spielen'": Strategien und Orte widerständiger Geschichte(n) und Gegenwart(en) in Roma Communities", erschienen in: Kien Nghi Ha (u.a.) (Hg): re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulurpolitik und Widerstand in Deutschland, Münster (Unrast) 2007. Womit dieser kleine Text seinen Abschluss gefunden hätte.

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