Dobrindt gewitthäutet! - via LINKEN-Bashing in die Datei für Krudes

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Bernhard Witthaut, seines Zeichens Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, meinte nach dem entsetzlichen Doppelanschlag von Norwegen mit sachdienlichen Hinweisen in die Öffentlichkeit treten zu müssen: Der gute Mann forderte die Installation einer Datei für "auffällige Personen" mit "kruden Gedanken".

Bislang allerdings wollte - mit Sicherheit zu Herrn Witthauts Leidwesen - aber keiner der hierzulande politisch Verantwortung tragenden Menschen so recht auf diese großartige Idee hin anspringen. Nicht einmal unser zuweilen ebenfalls mit putzigen Einfällen daherkommender, lockenköpfige Innenminsterchen. Der geht nebenbei bemerkt nun mit der Idee schwanger, es ließe sich ein Kraut gegen die Anonymität von Bloggern im World Wide Web wachsen lassen. Nun ja: lassen wir den guten Mann in seinem Glauben, dass sich das ins Werk setzen läßt...

Aber zurück zu Bernhard Witthauds Forderung! Wäre dessen Datei für "auffällige Personen" mit "kruden Gedanken bereits bundesdeutsche Wirklichkeit, Fahnder sähen sich jetzt schon in die Lage versetzt, einige in Ermittlerneudeutsch vermutlich matches genannte Treffer zu landen. Und zwar abgespeichert unter den Buchstaben B wie Broder, Henryk M. (Provokateur vom Dienst); S wie Sarrazin, Thilo (Hobbygenforscher); U wie Uhl, Hans-Peter (der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion forderte nach den Anschlägen von Norwegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung) und W für Witthaud, Bernhard, dem Leser bereits als Erfinder der Datei bekannt.

Und fast täglich gehen frische sachdienliche Hinweise ein. Lohnte sich die Einführung dieser Datei nicht doch? Endlich konnte nun unter Buchstabe D ein Mann abgespeichert werden, dem es immer wieder ein Leichtes zu sein scheint, den Attributen "auffällig" und "krude" (Gedanken) sozusagen übergangslos zu entsprechen. Die Rede ist von Alexander Dobrindt, Generalsekret. der CSU. Ein wahrer Tausendsassa in Sachen Äußerung von "kruden Gedanken"! Aber er selber würde wird bescheiden abwinken: Schließlich bezahlt die CSU den Mann. Und Dobrindt liefert. Nichts weiter.

Auf die hinsichtlich des bevorstehenden wiederkehrenden Datums des DDR-Mauerbaus vom 13. August (1961) gestellte Frage bzw. die Feststellung der Bild am Sonntag (BamS), wonach in Wahrheit das DDR-Unrecht allgemein immer mehr in Vergessenheit gerate, antwortete Dobrindt: "Wenn die Vorsitzende der LINKE, Gesine Lötsch, von neuen Wegen zum Kommunismus schwärmt, dann ist das eine unerträgliche Verklärung des sozialistischen Systems überhaupt. Das muss eine verschärfte Beobachtung dieser Partei durch den Verfassunsschutz zur Folge haben. Wir müssen auf dieser Grundlage prüfen, ob gegen DIE LINKE nicht ein Verbotsverfahren eingeleitet werden sollte."

Auffällig ist die Person Dobrindt ja damit geworden. Jedenfalls in den Medien. Aber sind dessen Äußerungen auch "krude" genug? Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten wäre sicherlich bereit, sein Placet betreffs Aufnahme von Dobrindt in die "Witthaut-Datei" (wie man sie m.E. nennen könnte) zu geben.

Apropos Dobrindt: wo kommt dieser Name überhaupt her? Ich musste ja zunächst an "tobendes Rind" denken. Als solches - erlauben Sie mir die Abschweifung - rechnete er, obwohl beileibe kein Stier, womöglich in Spanien unter KULTURGUT, denn: auf rote Tücher springt auch er prompt an. Aber ich bin kein Sprachforscher und überlasse die Recherche da lieber dem einzigen Professor für Namensforschung Deutschlands Jürgen Udolph ("Buch der Namen"). Vielleicht liege ich mit "tobendem Rind" gar nicht ganz falsch. Immerhin wurde Dobrindt schon einmal aus eignen CSU-Kreisen als "Doofrind" bespöttelt...

Wolfgang Lieb erinnert angesichts der in toto unqualfizierten Queerschüsse Dobrindts betreffs zum Thema DDR-Unrecht auf DIE LINKE, die SPD und sogar die GRÜNEN daran, dass sich die Schwesterpartei der CSU, die CDU, "sich die Blockparteien Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) und die Ost-CDU, ohne sich deren Vergangenheit(wie etwa die PDS und später DIE LINKE; d. A.) zu stellen einverleibt, hat. Hat nicht der Säulenheilige der CSU, Franz-Josef Strauß, 1983, also zwoundzwanzig Jahre nach dem Mauerbau dem 'SED-Unrechtsstaat' nicht aus einer Kreditklemme geholfen?" Und, fügt Lieb hinzu: "Der Christdemokrat und frühere thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (zu DDR-Zeiten Lehrer und stellv. Schuldirektor; d. A.) hat noch am Tag des Mauerfalls mehr marxistisch-leninistische Weltanschauung reklamiert. Über die FDJ-Vergangenheit der derzeitigen Kanzlerin wollen wir hier garnicht erst sprechen. Man ist immer wieder perplex mit welcher Dreistigkeit 'Christdemokraten' ihre eigene Verstrickung mit dem DDR-Regime verdrängen und dafür umso mehr auf die Linkspartei" einprügeln. Lieb weiter: "Solche 'Christdemokraten' meinen wohl einmal beichten gehen reicht und dann ist alles vergeben und vergessen."

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer vielleicht das: Schauen Sie sich doch einmal in der ARD-Mediathek den gestrigen Bericht aus Berlin an. Und hören Sie vor allem gut hin, wenn der Protagonist des gestrigen ARD-Sommerinterviews, der CSU-Vorsitzende und Ministerpräsident Horst Seehofer, auf eine Straßenpassanten-Frage hin erklärt, warum das C im Parteinamen noch immer zu recht seinen Platz habe. Ihnen werden vor Rührung die Tränen kommen!

Zurück zum Fall "Dobrindt". LINKE-Vorsitzender Klaus Ernst wirft indessen der CSU vor, mit Hetzparolen Neonazis zu Angriffen auf Parteibüros von DIE LINKE zu inspirieren. (Lesen Sie dazu auch dies.)

Alexander Dobrindt bleibt auf jeden Fall ein heißer Anwärter auf einen Eintrag in die "Witthaut-Datei". Immerhin ist er Wiederholungstäter. Bereits im Januar adressierte Dobrindt als Nachtritt zu Gesine Lötzschs Gedanken "Wegen zum Kommunisms" an die Adresse der Linkspartei: Man gehe mit derlei Überlegungen nicht nur das Risiko der Beobachtung durch den Verfassungsschutz ein, sondern es könnte auch ein Verbot der Partei angestrebt werden. Schon damals ätzte Dobrindt: Die LINKEN seien doch nichts anderes, als rotlackierte Wölfe im Schafspelz.

Gut, dass es solche politischen Wachköpfe wie Alexander Dobrindt gibt! Ich schätze, wir werden von bzw. über diesen hellen Manne sicher noch Einiges hören oder lesen. Bis dato müssen wir zu diesem Behufe noch auf diverse Presseorgane und elektronische Medien zurückgreifen und mühsam die einzelnden Fakten zusammentragen. Ach, gäbe es doch bloß schon die "Witthaut-Datei"! Dann fänden wir dort alles korrekt digital gebündelt und korrekt nach dem ABC abgespeichert. Künftigen Organen genügte also ein Klick und sie hätten ihre Pappenheimer! Diejenigen, welche als Personen "auffällig" geworden sind und obendrein noch "krude Gedanken" geäußert haben. Den Vorgang könnte man dann praktisch "Witthauten" oder "Witthäuten" nennen. Wetten, dass das wie weiland der Begriff "Gaucken" schon bald Eingang in den Duden fände! Ich witthäute, du witthäutest, wir witthäuten...

Wer ist der nächste Kandidat für die bisher nur angedachte Datei? Leute, wir sitzen - auch wenn es plästert - im Sommerloch! Also: Kandidaten vor! Die Pressemeute ist derzeit bestimmt ganz Ohr und heiß auf so etwas! Und wer weiß, vielleicht kommt die Witthaut-Datei ja doch noch irgendwann?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

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