Der Actionfilm als Auto-Porno

Kino Rennen fahren, Bösewichter bekämpfen, eine Million klauen – der fünfte Teil der „Fast-and-Furious“-Reihe ist der Gourmet-Burger eines Fast-Food-Genres

Einen Film, der auf die zeitlose Attraktivität von schnellen Autos, muskelbepackten Helden und – kein Klischee auslassend! – „heißen Bräuten“ baut, fertigt man üblicherweise unter dem Etikett „Kommerz“ ab. Kommerz bedeutet: eindimensional. Dabei lässt sich anhand der „Fast-and-Furious“-Filmreihe bestens verfolgen, wie vielseitig ein solches „Movie-Franchise“-Phänomen doch ist. Als reiner Geschäftsbericht liest sich die Geschichte folgendermaßen: Die Filme der Marke „Fast and Furious“ bilden eines der erfolgreichsten „Franchises“ der letzten zehn Jahre. Der erste Teil war ein mit 38 Millionen Dollar bescheiden budgetierter Actionfilm, der weltweit mehr als 200 Millionen Dollar einspielte. Drei auf derselben Geschäftsidee beruhende Nachfolgefilme erzielten im Durchschnitt das Vierfache ihres Etats. Für Fast Five, den fünften Teil der Reihe, gehen die Erwartungen sogar noch darüber hinaus.

Gourmet-Burger unter den Fast-Food-Filmen

Aus Sicht der Fans ergibt sich eine ganz andere Story: Die erfrischende Kombination aus altmodischer B-Movie-Unverblümtheit und absolut moderner Kino-Optik begeisterte nicht nur Autofetischisten. Mit Vin Diesel als Outlaw Dom und Paul Walker als dessen Gegenspieler Brian war außerdem ein wunderbares Männerpaar gefunden, das sich in bloßen Blickwechseln darüber verständigen konnte, wo die wahren Fronten verlaufen. Michelle Rodriguez und Jordana Brewster als taffe Mädchen bildeten dazu eine überraschend wenig sexistische, weil charakterstarke Ergänzung. Als Fan war es deshalb nur schwer zu verwinden, dass Vin Diesel im zweiten Teil schon nicht mehr dabei war. Um so größer aber war die Freude über die Wiedervereinigung im vierten Teil. Fast Five, das kann man getrost ohne Spoilerwarnung verkünden, gewinnt diesem Konzept in der Wiederholung des Immergleichen 130 Minuten satte Unterhaltung ab. Wobei sich das Fanherz an Szenen wärmen darf, in denen Figuren aus allen vorherigen Teilen klassentreffenmäßig zusammenkommen, Bier trinken und coole Sprüche austauschen. Kinofreude kann manchmal so einfach sein...

Als Filmkritiker fühlt man sich von solcher Kameraderie oft ausgeschlossen und ohnehin in der Rolle des Restaurantkritikers, der zu McDonalds geschickt wurde. Doch bereits die erste Actionsequenz in Fast Five überzeugt, dass man es hier mit dem Gourmet-Burger unter den Fast-Food-Filmen zu tun hat: Ein paar heiße Wagen werden aus einem fahrenden Zug geklaut, unter den Dieben bricht Streit aus, während der Zug auf eine gefährliche Brücke zurast – statt langweiliger Digitaltricks gibt es Stunt-Kino vom Feinsten!

Zuletzt sei noch ein Blick von außerhalb der Zielgruppe gewagt: Fast Five muss hier als Auto-Porno erscheinen, Unterabteilung Sado-Maso, schließlich enden die heißen Posen, in denen die Dodge Challengers und Nissan Skylines präsentiert werden, meist mit deren Verschrottung. Fast-pornografisch ist auch die Inszenierung der Haupthelden: Vin Diesel und Neuzugang Dwayne Johnson stellen Oberarme zur Schau, wie sie früher kein Gladiator der Sandalenfilme als Schenkel hatte. Das Allerseltsamste – die Perversion? – aber ist, wie eben diese Muskelhelden samt ihrer Muskelautos sich als feinfühlige Männer mit großem Verantwortungsgefühl erweisen, die Sexismen entgegentreten und die taffen Ladies mit Respekt und Aufmerksamkeit behandeln. Sollte Fast Five tatsächlich der feuchte Männertraum sein, der die Liebe zum Auto mit der zu den Frauen auf utopische Weise versöhnt?

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