Russland und China: Der Westen formt ein festes Bündnis

Geopolitik Die strategische Partnerschaft zwischen Moskau und Peking wird trotz verschiedener Interessen zunehmend enger. Eine Hauptursache ist der Druck, den beide vom gemeinsamen Gegner im Westen spüren.

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Bisher lockere Partnerschaft aus Eigeninteresse

Eine wirtschaftliche und strategische Zusammenarbeit ist zwischen Moskau und Peking schon lange Realität. Dass sie bisher keine engeren Formen angenommen hat liegt an geopolitischen Ursachen und den ureigensten Interessen beider Staaten.

Das gilt insbesondere im militärischen Bereich. Zwar steht man sich mit Worten und Solidaritätsbekundungen bei - etwa betrachtet der Kreml die quasi-unahängige chinesische Insel Taiwan öffentlich als Teil Chinas der an sich der Regierung in Peking untersteht. Jedoch würde man sich bei einer offenen militärischen Eskalation um Taiwan - etwa gegen die USA und ihre Verbündeten - von russischer Seite nur ungern an Kampfhandlungen am anderen Ende der Welt beteiligen.

Bündnisse schaffen Abhängigkeiten

Genau das könnte aber die Folge sein, wenn aus der lockeren strategischen Kooperation von China und Russland ein festes Militärbündnis mit Beistandspflichten analog zur gegnerischen NATO wird.m Umgekehrt haben auch die Chinesen keine Lust Streitpartei in einem Konflikt um die Krim oder dem Donbass zu sein.

Auch im wirtschaftlichen Bereich ist Moskau eher misstrauisch. Weiß man doch, dass die chinesische Wirtschaft von ihrer Kraft der eigenen haushoch überlegen ist, ihre Interessen kompromisslos durchsetzt und auch entstehende Abhängigkeiten nutzt. Genau solche will der Kreml von China trotz des Konflikts mit dem Westen reduzieren und versucht deshalb Partnerschaften etwa mit Indien oder den Ländern Südostasiens zu begründen.

Druck schafft engere Militärpartnerschaft

Doch der ständig steigende Druck des Westens auf die beiden eurasischen Mächte könnte mittelfristig dazu führen, dass ein engeres Bündnis entsteht, ale es Moskau oder Peking von sich aus wollen. Der Westen drängt Russland und China mit anhaltenden Sanktionen zu einer militärpolitisch-strategischen Partnerschaft schreibt zu diesem Thema der Chefredakteur der bekannten Moskauer Zeitung Nesawisimaja Gaseta Konstantin Remtschukow in einer Analyse. Ideologische Angriffe und Propaganda trügen ihren Teil dazu bei.

In ihren aktuellen Kommunikationen demonstrieren die Staatschefs Putin und Xi Jinping maximale Einigkeit in der Einschätzung der aktuellen internationalen Lage. Beide halten den Feldzug des Westens für „Demokratie und Menschenrechte“ für einen Vorwand, sich in die inneren Angelegenheiten der beiden Länder einzumischen. Beide Regierungen verfallen angesichts des Drucks in die Mentalität einer belagerten Festung, von der in russischen Veröffentlichungen viel die Rede ist und die auch immer wieder als Mitursache für fortschreitende Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Land genannt wird.

Der Westen als moralischer Rechthaber

Was auf Russland und China als ideologischer Angriff wirkt, wird von den USA und ihren europäischen Verbündeten natürlich ganz anders verpackt. Einen „Gipfel für Demokratie“ richtete Washington erst Anfang Dezember aus, der Autoritarismus und Korruption bekämpfen und die Menschenrechte fördern sollte. Von einer „globalen Gemeinschaft, die sich für Demokratie einsetzt“ sprach im Zusammenhang mit der Konferenz US-Präsident Joe Biden. Eingeladen wurden stolze 110 Länder. 80 nicht, wozu neben Russland und China selbst auch Staaten zählten, die als deren Verbündete gelten.

Teil nahmen dagegen auch Regierungen, die im Bezug auf ihre interne demokratische Entwicklung nicht unbedingt als Vorbilder gelten, etwa Pakistan, Polen, der Kongo oder das Kosovo. Aber diese Sorgenkinder sind eben auch treue Verbündete der USA, wo man über solche Makel auch einmal hinweg sieht und sie zum Demokratietalk trotzdem bittet.

Eine andere Sicht macht aus Demokratiekampf eine Aggression

Sehr negativ kam die Konferenz in Russland an. Der Journalist Andrej Petrow sprach in einer Analyse beim Russischen Rat für Auswärtige Beziehungen von einer organisierten Konfrontation der USA mit ihren geopolitischen Rivalen. Als US-Feindbild hätten im neuen Kalten Krieg nur „Autokraten“ die früheren „Kommunisten“ abgelöst. Die USA wollten ihre außenpolitischen Misserfolge der letzten Jahre wie in Afghanistan hinter sich lassen und China und Russland als einiges Feindbild ihrer Verbündeten verankern.

Auch Russlands Außenminister Lawrow kritisierte am Gipfel eine Anmaßung der USA, den Grad der Demokratie anderer Staaten festzulegen und so „Schiedsrichter über die Geschicke der Menschheit“ zu spielen. Hierdurch würden nach seiner Ansicht keine Gemeinschaft geschaffen, sondern neue Trennlinien in internationalen Beziehungen gezogen.

Der Schulterschluss wird enger

Demonstrativ traf sich wenige Tage nach der Konferenz Putin mit Xi Jinping per Video. Beide priesen die Tiefe der Zusammenarbeit. Auch sonst glich die russische Reaktion auf die offensiven Schritte der USA der chinesischen. Das Außenministerium in Peking sprach in einer Stellungnahme Ende Dezember davon, dass die USA „an der Mentalität des Kalten Krieges festhält“ und das weltweite strategische Gleichgewicht und die internationale Stabilität und Rüstungskontrolle negativ beeinflusst.

Als Konsequenz forderte der chinesische Botschafter in Moskau laut dem dortigen Medienportal RBK die gegenseitige Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. Die westlichen Staaten würden sich wie eine exterritoriale Gerichtsbarkeit benehmen und willkürlich Sanktionen verhängen, schilderte er seine Sicht der Dinge den russischen Lesern.

Dass nun beide Seiten unter Druck und in Zeiten militärischer Spannungen noch enger zusammenrücken, ist aus ihrer jeweiligen Sicht eine logische Konsequenz. Selbst gemeinsam erreichen ihre Militärausgaben 2020 nur etwa die Hälfte derer der USA alleine - deren zahlreichen NATO-Verbündete noch gar nicht mitgezählt. Je mehr Moskau und Peking ein Gefühl der eigenen Bedrohung durch den Westen spüren, desto größer wird ihre Bereitschaft auch zu einer engeren militärischen Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Partner werden.

Wie auch der Westen selbst sind beide asiatischen Flächenstaaten blind für das eigene Bedrohungspotential, dass sie auf benachbarte kleinere Staaten ausüben, wie die Ukraine oder Taiwan. Und wo alle die Welt nur durch die eigene Brille sehen steigt die Blockbildung ebenso wie die Konfrontation.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Bernhard Gulka

Politischer Osteuropablogger

https://berndgulka.wordpress.com

Bernhard Gulka

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