Gedanken zum Fest

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Weihnachten - das Fest der Nächsten - Liebe. Besinnliche Stunden in der Familie, der Baum ist geschmückt. Der Einzelhandel singt das Lied " süßer die Kassen nie klingeln", Kinderaugen leuchten. Wir freuen uns auf ruhige Tage, wollen sie ohne Stress verbringen, abschalten, die Liebsten verwöhnen, schlemmen, spazieren gehen, ausschlafen. Wir wollen das Leben genießen, ausgehen, Kultur erleben, das Geld sitzt wieder locker, von Krise keine Spur mehr.

Doch können das alle in Deutschland, einem der reichsten Industriestaaten der Welt?

Gestern Abend auf dem Weg zu meiner Nachtschicht werde ich in der Bahn wieder angesprochen, ob ich nicht eine Obdachlosenzeitung kaufen möchte. Ich stecke dem Verkäufer zwei Euro zu und wünsche ihm schöne Weihnachten. Er sieht mich dankbar an und erwidert meinen Wunsch.

Ob der ältere Mann, den ich auf dem Weg zu meiner Arbeit sehe, zerschlissene, viel zu dünne Hose, eine Jacke, welche auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat, ein schönes Weihnachtsfest erleben wird? Wohin werden seine Schritte ihn heute Abend führen, den alten Rucksack auf dem Rücken, in dem er seine wenigen Habseligkeiten verstaut hat? In die Berliner Stadtmission, wo er von der Kälte geschützt ist?

Nachdenklich gehe ich meinen Weg, der Schnee knirscht unter meinen neuen, warmen Schuhen. Wie viele Menschen werden heute Nacht wieder in der Kälte übernachten müssen, ja, wieviele Kälteopfer wird der Winter in Deutschland wieder fordern? Diese Gedanken gehen mir so durch den Kopf, während ich am Weihnachtsmarkt auf dem Alexanderplatz vorbei komme und die donnernden Bässe aus dem Partyzelt höre, vor dem wieder eine Schlange gutgekleideter feierlustiger Menschen wartet.

Ich wünsche allen ein schönes, friedliches Weihnachtsfest.

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Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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