Linke raus, Piraten rein -- und nun?

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Linke raus, Piraten rein, so lassen sich die Wahlergebnisse der beiden Parteien in Schleswig - Holstein und NRW kurz zusammen fassen. Doch heißt das auch, das die Wähler polititische Kompetenz gegen parlamentarische Unerfahrenheit, gar Inkompetenz ausgetauscht haben?
Die Piraten in Berlin haben bewiesen, dass sie zwar unkonventionell, aber durchaus politisch handlungsfähig sind. Und es ist ihnen auch in weiteren Landesparlamenten zuzutrauen, politische Akzente zu setzen und die Interessen ihrer Wähler aktiv zu vertreten.

Wähler entscheiden heute wenig nach politischen Programmen und proklamierten Zielen. Viel wesentlicher ist die Außenwirkung, das öffentliche Auftreten von Politikern. Und hier sind die Piraten deutlich besser als die Linken. Weil die Piraten weniger eine Partei, als vielmehr eine soziale Strömung sind, die das lange prekär entlohnte neue Bildungsbürgertum repräsentiert, ist ihre öffentliche Wahrnehmung deutlich besser als die der Linkspartei. Ein Beispiel dafür sind die innerparteilichen Debatten der Piraten. Diese werden als lebendige innerparteiliche Demokratie, als eine offen ausgetragene Diskussion um Ziele und Wege wahrgenommen, die eine neue Partei führen muss. Die innerparteilichen Debatten der Linkspartei dagegen kommen in der Öffentlichkeit als quälende Konflikte, Strömungskämpfe und zunehmend auch persönlich geführte Auseinandersetzungen ihrer etablierten Spitzenpolitiker an. Sie wirken nicht lebendig und innovativ und sie sind es auch nicht.

Da, wo die Linke Erfolge hat, leistet sie kontinuierlich Sacharbeit vor Ort. Drei Landratsposten, der OB in Eisenach sowie Kahla zeugen in Thüringen davon.

Wenn die Linke also gegen die Piraten wieder in die Offensive kommen will, was sie muss, dann heisst das, politisch konkret zu werden und das Potential an Mandatsträgern sowie ihre kommunale Verankerung dafür zu nutzen. Konkret heisst es, schnell die Führungsdebatten zu beenden, persönliche Eitelkeiten hintenan zu stellen und endlich, endlich wieder politisch aktiv zu sein. Und bitte, so wichtig Oskar Lafontaine für die Linke immer noch ist, es gibt jüngere und trotzdem erfahrene Politiker der Linken, die jetzt ans Steuer müssen. Das ist auch eine Frage der öffentlichen Wahrnehmung, dass die Linke den Eindruck vermittelt, sie habe nur Führungspersonal, das bereits im Rentenalter ist. Und davon fühlen sich die Jüngeren eben nicht angesprochen und gehen lieber zu den Piraten, die, mal ganz nebenbei bemerkt, mit einem Regierungsdirektor aus dem Verteidigungsministerium auch einen Mann aus dem politischen Establishment als Chef gewählt haben.

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Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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