Traut Euch Endlich -- die Linke zu führen

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Im aktuellen FREITAG lautet das Wochenthema "Ist die Linke am Ende?"

www.freitag.de/wochenthema/1219-der-star-war-s

Die Situation der Linkspartei ist besorgniserregend. Führungslos driftet sie in eine zunehmende Bedeutungslosigkeit, unfähig, Akzente zu setzen und ohne Konturen. Die taktischen Fähigkeiten Oskar Lafontaines, der sie nach 2005 in scharfe Opposition zur SPD und deren Hartz 4 sowie der Beteilung in Afghanistan in Stellung brachte, bescherten ihr einen Zulauf an Mitgliedern und Wählern. Doch in dieser Position verharrt sie bis heute, obwohl die SPD schon lange keine Regierungsverantwortung mehr trägt. Und darin liegt ein wesentlicher Grund für ihren Sinkflug, so konstatiert der FREITAG. Deutlich wird auch das Dilemma ihres heimlichen Chefs Oskar beschrieben, dessen Lebenswerk einer gesamtdeutschen Partei links von den Sozialdemokraten zu scheitern droht.

Es ist eine fundierte und lesenswerte Analyse. Doch ist der Rahmen begrenzt auf Personen und die politische Konkurrenzsituation gegenüber SPD, Grünen und jetzt auch Piraten. Und das verengt den Blickwinkel. Es fehlt die Perspektive, sowohl in der FREITAG-Analyse als auch in der Linkspartei selber. Die Verankerung in den neuen Bundesländern, siehe Thüringen nach den letzten Kommunalwahlen, und die immer noch im Aufbau befindliche Ausdehnung in den alten Ländern, der Gegensatz zwischen Realpolitikern und einer Mischung aus Alt-Kommunisten, Anarchisten und einfach nur karrieregeilen Postenhaschern wird nur angerissen. Doch genau diese Zerrissenheit schwächt die Linkspartei und führt zu endlosen Debatten.

Zitiert wird der Fraktionschef in Thüringen, Bodo Ramelow mit der Bemerkung, die Zukunft der Linken liege auch im WWW. Nun ist dies bei Ramelow kein Anbiedern an den Kurs der Piraten, Ramelow ist ein sehr emsiger Nutzer von Twitter und Facebook. Auch der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich hält via Facebook die Netzgemeinde über seine Aktivitäten auf dem Laufenden. Nur es sind Einzelbeispiele, sie spiegeln nicht die Gesamtpartei wider.

Mich stört an dem Artikel die Fixierung auf Lafontaine, auch wenn ohne ihn die Erfolge westlich der Elbe nie erreicht worden wären. Auch wenn es schwerfällt, es einzusehen, Lafontaine ist nicht allein die Linke. Und dass nur er als Spitzenkandidat 2013 die Partei wieder in den Bundestag führen kann, mag ich nicht glauben.

Dieser Artikel verharrt in einer sachlich richtigen Analyse, ohne aufzuzeigen, welche personellen und inhaltlichen Perspektiven die Partei hat. Und so lange die Linken selber dieses Bild nicht ändern, werden sie in der Öffentlichkeit auch als Debattierklub wahrgenommen werden.

Und noch etwas. So lange Politiker wie Bockhahn, Korte oder Liebich in der zweiten Reihe bleiben und lediglich über Oskar und Sahra, vielleicht noch Gregor, gesprochen und diskutiert wird, werden junge, an linker Politik interessierte Menschen eher zu den Piraten neigen als zur Linken.

TRAUT EUCH ENDLICH, und nehmt die Verantwortung wahr, die Ihr jetzt tragen müsst. Sonst wird das Projekt Gesamtdeutsche Linke vielleicht wirklich scheitern, und das wäre dann nicht nur an Oskar Lafontaine und seinem Verharren in einer vor Jahren richtigen, heute jedoch von der Zeit überholten Ausrichtung liegen.

Hier noch zwei empfehlenswerte Homepages von Linkspolitikern:

www.bodo-ramelow.de/

www.stefan-liebich.de/

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Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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