Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 2.1

Das Logbuch geht weiter: Bastelverbot und Friedhofskonzerte

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Jeder Mensch hat seine Zeit, noch immer. Die ist bei uns nun um ein Jahr kürzer geworden. Wie haben wir dieses Jahr genutzt? Wer dazu neigt abzuwarten, dass alles wieder “normal” wird, hat sicher mehr Zeit verloren als der, der sich auf die neuen Bedingungen einstellen konnte. Letztes Jahr konnten wir noch ein kleines Zipfelchen Buchmesse erhaschen – dieses Jahr konnten wir nur selbst lesen. Was das “Jahr des Impfens” bringt, bleibt abzuwarten. Vorstellen kann ich mir vieles, nur nicht, dass alles so wird wie vorher.

AC 2.1: Das Logbuch bekommt eine neue Zeitrechnung: Wenn “anno domini” das “Jahr des Herren” ist, bedeutet “AC” ab jetzt “Anno Covid”. Die “1” hinter dem Punkt steht nicht für eine Versionsnummer, sondern für die jeweilige Woche.

Was also gibt Neues im neuen Jahr? Eigentlich nicht viel, denn wie jedes Jahr fliegen etliche Volltrottel bereits wieder nach Mallorca. Nun wird klar, warum wir die TUI letztes Jahr mit Milliardenbeträgen unterstützt haben: 50 Jahre Kompetenz in Idiotentourismus dürfen doch nicht so einfach verloren gehen. Wenn schon Kunst und Kultur den Bach hinuntergeschickt werden, muss wenigstens etwas überleben. Warum also nicht der Spanische-Sonne-mit-Aperol-Spritz-und-Monsterstrohhalmsaufen-aus-Plastikeimer-Wahnsinn? Denn der scheint für das mentale Überleben der Deutschen wichtiger zu sein als alles andere. Während also Krethi und Plethi, Hans und Schwanz und einige dümmliche Fernsehfamilien wieder gen Süden geflogen werden, ahnt das wie immer bestens informierte Revolverblatt mit dem roten Quadrat schon, dass genau diese Leute jetzt unser aller Sommerurlaub gefährden. Na und? Wen juckt das? Sommer ist doch erst in ein paar Monaten. Also kann die “Perfekte Welle” schnell noch vorher kommen, und bitte auch wieder gehen.

Im Lande selbst ist das Reisen nicht wirklich möglich, zumal bereits vier Leute in einem Auto strafbar sein können. Auch von nächtlichen Ausgangssperren ist die Rede ist. Der alte Spruch “Die Nacht zum Tage machen” ändert sich in “Die Nacht zu Malle machen” (zum Beispiel um 18 Uhr hinfliegen und am nächsten Morgen um acht zurückkommen). Wenigstens darf man auch wieder zum Frisör. Mein nächster Termin ist Montag, dem früheren Ruhetag, um 19 Uhr – mein Frisör wird dann im März bereits 210 Stunden gearbeitet haben. Angesichts des Umstandes, dass mehr Menschen in Deutschland mittlerweile frisch frisiert als frisch geimpft sind, kommt der Vorschlag, das Impfen ebenfalls den Haarstylisten anzuvertrauen. Sogar Buchläden sind wieder offen – wie wäre es mit Impfen beim Probelesen? Der Bastelbedarfsladen einer lieben Bekannten von mir muss geschlossen bleiben. Dabei hat sie im letzten Jahr nicht nur den Tresen mit Plexiglas verbarrikadiert, sondern an der Eingangstür extra eine kleine Schranke installiert, die den Eintritt kontrolliert. Zum Dank für ihre Vor- und Umsicht darf sie nicht nur geschlossen bleiben, sondern bekommt seit dem zweiten sogenannten Lockdown auch keine Hilfszahlungen für Miete und Nebenkosten mehr. So wie fast alle Ladenbetreiber. Ein Wunder, dass sie noch nicht zur Bombenlegerin geworden ist. Stattdessen nimmt sie es (noch) mit Gelassenheit und äußert Ideen für neue Veranstaltungsformate. Beispielsweise hält sie Friedhofsparks für gute Konzertlokationen. Da sei es ruhig, man störe niemanden mit der Musik und ausreichend Platz gäbe es auch. Ich finde das Modell spannend – zumal es an jene alten Holzschnitte erinnert, auf denen Skelette Geige spielen. Auf Gräbern, oder so ähnlich. Wir wären mit unserem Musikprogramm gern dabei, versichere ich ihr. Denn noch sind wir dort garantiert sicher vor hirngetrockneten Malle-Urlaubern. Schon sehr bald allerdings dürften die irgendwelche Covid-Mutationen importiert haben, die sie dann ohne den Warteplatz “Quarantäne” umgehend in Umlauf bringen werden. Gehe nicht über “Test”, ziehe keine “Schutzimpfung” ein und schalte den Kopf nicht an”. Wenn unser letzter Ton verklungen ist, machen wir ihnen gerne Platz, dort auf dem Friedhof.

Bekommen wir irgendwann eine Mutation, die nur die Dummen dahinrafft? Mit dieser Verschwörungstheorie könnte man sich fast anfreunden.

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