Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 2.20

Das Logbuch geht weiter: “In” vs. “Out”

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Corona hat das Zeitalter der Vereinfachung und Verstümmelung rasant beschleunigt. Vieles wird auf den kleinsten gemeinsamen Nenner runtergebrochen – oder auf den größtmöglichen Dividenden, um die Schwarzweißmalerei so richtig bunt werden zu lassen. Interessanterweise gehört “Bild” aktuell zu den größten Querdenkern und Hetzern im Lande: In dieser Woche werfen sie der Bundesregierung Angstmache vor, und dass sie falsche Versprechungen gegeben habe. Wie kommen die bloß darauf? Hat das Blatt Informationsquellen, die andere nicht haben?

Helge Schneider fühlt sich vor Strandkörben mit ständiger Bedienung nicht wohl und bricht ein Konzert ab, während Nena auf offener Bühne zur Revolte gegen die Hygieneregeln aufruft. Und damit gegen das System. Welches System eigentlich – ist nicht sie selbst die Systemimmanenz in Person? Punks und Autonome haben den Begriff “Schweinesystem” geprägt; doch was “das System” genau sein soll, bleibt indifferent. Umso klarer hingegen soll nun der Begriff “systemrelevant” sein – und auch die Kultur, die sich sonst so gerne als alternativ bezeichnet, möchte nun super systemrelevant sein. Doch wenn die Sparkassenfiliale und der Italiener an der Ecke nicht mehr relevant sind, was soll dann noch relevant sein? Rassismus ist auf jeden Fall relevant, und zwar relevanter denn je. So hat sich ein Sportdirektor bei Olympia schwer ins Abseits gekegelt, indem er einen Schützling zum Einholen vermeintlicher “Kameltreiber” angefeuert hat. Hätte es nicht gereicht, wenn die damit gemeinten Afrikaner einfach gekontert hätten, dass es besser sei, Kamele zu treiben, als von Kameltreibern abgehängt zu werden – und hinterher hätten alle zusammen einen gehoben und sich gegenseitig versichert, dass das alles nicht böse gemeint gewesen sei? Zumindest funktionierte das früher so im Sport. Oder hätte Herr Moster rufen sollen: “Hol den armen Mann aus diesem gebeutelten Land (Eritrea) bloß nicht ein – wir als reiche und erfolgreiche Sportnation können die Anderen gerne mal gewinnen lassen. Insbesondere, wenn sie sonst kaum eine Medaillenchance haben.” Dies wäre ein Statement aus einer Welt, wie sie sich unsere Political-Correctness-Sheriffs wünschen. Und weil diese Welt für uns alle gleich sein soll, werden die Diffamierten zur Entschädigung im Nachgang eingeladen und die Qualifikationsinhalte für Trainer und Funktionäre grundsätzlich überarbeitet. Das ist ja wohl auch das mindeste, was wir an Buße tun können!

Etwas einseitig scheint mir eine in Leipzig gesehene Copy-Art-Plakatkampagne zu sein, die den männlichen Attentatsopfern von Hanau gewidmet ist, während die weiblichen Opfer von Würzburg in dieser Kampagne nicht vorkommen. Ist da womöglich auch Sexismus mit im Spiel? Apropos sexistisch: mir hat noch keine Frau gesagt, die sie die Wortungetüme des sogenannten “Genderns” wirklich gut findet. Ich bin gespannt, wann sich der, die oder das erste “Transgender” darüber beschwert, dass er, sie oder es auf “*” reduziert wird. Erstaunlich, dass man sich an solchen Dingen abarbeitet, während im Zuge der neuen Corona-Correctness Berufsdiskriminierung für Arbeitnehmer und Studierende salonfähig werden und schrittweise das Bargeld sowie die dazugehörigen Bankfilialen abgeschafft werden sollen, um nur zwei in jüngster Zeit auffallende Trends zu nennen.

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