Willkommen zwischen den Zeitenwänden, 4.45

Das Logbuch geht weiter: Mitte-zwo-drei-vier

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Diese Woche lief es in Hannover anders als (zumindest von mir) erwartet. Ganz anders. Da versuchen wir seit Jahren, unser kleines Landschaftsschutzgebiet „Leinemasch“ zu schützen – und dann kriegen wir am Ende nicht mal einen Protest hin, der es in die nationalen Nachrichten schafft. Ein kompletter Schnellweg wird zur besten Berufsverkehrszeit für Räum-, Rodungs- und noch nie gesehene Polizeifahrzeuge gesperrt, und wir stehen als verlorenes Protestlerhäufchen mit nicht einmal 100 Figuren daneben, um den heldenhaften aber ebenso verlorenen Baumbesetzerinnen und Baumbesetzern Mut zuzusingen. Soviel zum Nachhaltigkeits-, Klima- und Zukunftsbewusstsein und -willen der hannoverschen Bevölkerung – von der horrenden Steuerverschwendung, die uns da zugemutet wird, gar nicht zu reden.

Gleicher Tag, anderer Ort: Mehr als 8.000 „Omas gegen Rechts“ treffen sich in unserem bunten Kultur- und Studentenstadtteil „Linden“, als ob ausgerechnet dort die Rechten ihr Unwesen treiben würden. Überhaupt habe ich in der niedersächsischen Hauptstadt glücklicherweise noch kein auffallendes Aufkommen oder einen nennenswerten Zuwachs von Rechten wahrnehmen können. Nichtsdestotrotz: Demonstrieren gegen Rechts, das macht man jetzt halt so – und Hannover folgt als „Welthauptstadt des Mittelmaßes“ (Gottfried Wilhelm Leibniz) immer dem, was gerade en vogue ist. So marschiert man zwar gegen „Rechts“, steht jedoch keineswegs für „Links“. Gibt es Links überhaupt noch? Und mit genau diesem mediokren Veranstaltungsformat schafft es Hannover beim zweiten Anlauf dann doch noch in die 20 Uhr-Nachrichten: Die Innenstadt muss wegen Überfüllung gesperrt werden. Es mögen weit über 10.000 Menschen sein, die alle gegen Rechts demonstrieren – und das Lokalblatt ist auch voll von Ihnen. Dabei müssten sie doch einfach alle nur wählen gehen, um eine Machtübernahme durch die blaue Gefahr abzuwenden.

Woher kommen so plötzlich überhaupt all diese Leute – die, wenn sie nur ein Fünkchen des eingangs erwähnten Bewusstseins in sich tragen würden, eigentlich die aktuellen Baumrodungen in der Leinemasch ver- oder zumindest behindern müssten? Aber nein – es ist ja viel bequemer, gegen „Rechtsradikale“ in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu demonstrieren. Damit eckt man auch nirgendwo an und muss nicht Flagge zeigen gegen das, was im eigenen Vorgarten schiefläuft. In der Leinmasch hätte es auch unter der AfD nicht schlechter laufen können als unter der SPD – außer, man hätte dort osteuropäische Zwangsarbeiter eingesetzt. Aber diese Zwangsarbeiter dürfte es ja selbst unter der AfD gar nicht mehr geben können, denn ...

… aktueller Anlass für die gerade wie Pilze aus dem Boden sprießenden Demos gegen Rechts ist ein „Geheimtreffen“ im geschichtsträchtigen Potsdam, das komischerweise alles andere als geheim geblieben ist. Und dort ist es wohl um alle Menschen mit Migrationshintergrund gegangen – doch das wissen Sie ja alles schon. Mich treibt eher der Verdacht um, dass die ominöse Runde zwar als Geheimtreffen geplant (oder auch nur getarnt) war, eine hohe Medienwirksamkeit jedoch billigend in Kauf genommen worden sein könnte oder eventuell sogar bewusst erreicht werden sollte – denn genau das hat man ja im Endeffekt geschafft. Interessant finde ich bei derartigen Investigationen immer die Teleobjektivaufnahmen von hinter Fenstern stehenden oder sitzenden Leute, die man nicht klar erkennen kann, und die vignettierten Video-Wackelsequenzen mit Nuschelton, bei denen man die Kanten der Aktentaschen zu erkennen glaubt, aus denen heraus sie offensichtlich gefilmt sind. Geheimtreffen einer unter sorgfältigster Beobachtung stehenden Gruppe Verschwörer aus dem Kreise der üblichen Verdächtigen – und sowas bringt Zigtausende auf die Straße? Was wird dann erst sein, wenn etwas richtig dramatisches WIRKLICH PASSIERT?

Wie das Beispiel der Leinemasch – wo ja „nur“ ein Naturschutzgebiet geschreddert wird – bildhaft nahelegt: Dann passiert womöglich gar nichts mehr – man hält besser die Klappe oder bleibt gleich ganz zu Hause. Und diese Aussichten könnten uns ebenso bedenklich stimmen wie das Potsdamer Treffen.

Mit dem Phänomen der „Demos“ werde ich mich erst kommende Woche eingehender beschäftigen können – sonst ufert dieser Text wieder ungewollt aus ...

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