Willkommen zwischen den Zeitenwänden, 4.50

Das Logbuch geht weiter: Ohne Titel

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Beim letzten Mal ging es an dieser Stelle um das „Zeitalter der Proteste“ – heuer ist das Haupthema des letztwöchigen Beitrags schon wieder obsolet; die „Profi-Fußballfans“ haben sich durchgesetzt: es gibt keine Medienrechte für auswärtige Großinvestoren. So der offizielle Stand. Doch stimmt das wirklich? Vielleicht werkeln Watzke & Co. bereits an ganz anderen Deals, von denen weder „Ultras“ noch Öffentlichkeit etwas mitbekommen – so macht man das heute doch. So, wie die berüchtigten WHO-Vertragsverhandlungen nicht über die Tagesschau kommuniziert werden und Alexej Nawalny wahrscheinlich nicht eines natürlichen Todes gestorben ist.

Warum wollen wir den Einen glauben und den Anderen nicht? Wir vertrauen nur allzu gerne auf das, was Politiker demokratischer Länder sagen, während Autokraten selbstverständlich immer lügen. Ich hingegen finde Putin auf eine ganz ureigene Weise wiederum sehr ehrlich – schließlich macht er nicht aus seinem Herzen eine Mördergrube, sondern aus seinen Straflagern. Wenn die schon Namen wie „Polarwolf“ tragen, ist doch sonnenklar, dass hier das Recht des Stärkeren gilt. Und das ist in der Weite Russlands zweifellos noch immer der Bär. So ist es eine sehr klare Signale sendende Botschaft des selbsternannten russischen Präsidenten, den Leichnam seines Gegeners nicht für eine Obduktion freizugeben, solange Giftrückstände in dessen Körper nachgewiesen werden könnten. Jeder, der aufmerksam die James-Bond-Reihe verfolgt, könnte darauf kommen, dass Putin so ehrlich ist, wie ein Geheimdienstler nur sein kann. Man weiß bei ihm stets, woran man ist – und das von Anfang an. Wäre 1990 nicht Gorbatschow, sondern der seinerzeit noch relativ junge KGB-Offizier am Ruder gewesen, hätte Deutschland das sicher schon damals deutlich zu spüren bekommen. Übrigens soll es Russen geben, die Putin für zu weich für das harte Russland halten. Alles eine Frage der Perspektive ...

Wenden wir uns kurz den deutschen Politikern zu: Sind die eigentlich zu weich oder zu hart? Oder entziehen sie sich derartigen Kategorien? Auf jeden Fall scheinen sie sich stets im Recht zu fühlen, weil sie als Politiker eines „freien Landes“ per se die Guten sind. Und das lassen sie die Nicht-Guten in den „unfreien Ländern“ bisweilen sehr deutlich spüren. Dass sich bei ihren Argumentationen und Entscheidungen nach innen hin des öfteren persönliche Inkompetenz, Ignoranz und Heuchelei die Hand reichen, wird hierzulande zwar als bedauerlich, grundsätzlich jedoch als unvermeidbar hingenommen. Alleine der Gedanke, dass es „freie Länder“ schon deshalb nicht geben kann, weil jeder Quadratzentimeter Boden irgendwem zu gehören hat, scheint viele zu überfordern.

Fünfundzwanzig Prozent Zustimmung für die Ampel-Regierung – da dürften sich Putin, die chinesische Führung und womöglich sogar Donald Trump bei ihren Landsleuten höherer Sympathie-Werte erfreuen. Es muss wohl die pure Strahlkraft von Begriffen wie „Demokratie“, „freies Land“ und „Rechtsstaat“ sein, die uns Deutsche über die vielen Unwegbarkeiten, Ungerechtigkeiten und Enttäuschungen hinwegtröstet, die die Politik uns zumutet. Solange zumindest der (billige) Konsum, das (noch billigere) Reisen, angenehm viele Krankheitstage, das Demonstrations- und Streikrecht sowie das Recht, auf Autobahnen Langsamere aus dem Weg zu räumen gesichert sind, wird so ziemlich jede politische Kröten geschluckt. Doch was passiert, wenn diese Annehmlichkeiten mal nicht mehr in gewohntem Umfang gewährleistet sind?

Winston Churchill war ehrlich genug, zuzugeben, dass er die Demokratie für das geringste der zur Auswahl stehenden Übel halte, während viele Deutsche noch heute dem Glauben anhängen, in so ziemlich dem besten System der Welt zu leben. Dass ein System nur so gut sein kann, wie die Menschen, die es erschaffen beziehungsweise kontrollieren, scheint sich als Erkenntnis noch nicht durchgesetzt zu haben. Auf jeden Fall bilden gut konzipierte Systeme ebenso wie gut gemeinte und gutmeindende Verfassungen hervorragende Alibis für so manche Sauerei.

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