Ausgebrannt im Pfarrberuf

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PD Dr. Andreas von Heyl von der Augustana Hochschule in Neuendettelsau gilt als wichtigster Experte für das sich häufende Burnout-Risiko im Pfarrberuf. EKD-weit hält er Vorträge auf Pfarrtagen, zu denen landesweit die Pfarrvereine einladen, die Arbeitnehmerorganisationen der Pfarrerinnen und Pfarrer. Auf dem Kirchentag in Dresden wurde das Thema gestern von der anderen Seite her aufgezogen: Aus der Sicht eines Personaldezernenten.

Die Botschaft von Oberkirchenrat Dr. Christian Frühwald (Jahrgang 68) aus Erfurt war von Anfang an klar: Es liegt an jedem selbst, ob er ein Burnout bekommt. „Wenn Sie heute gekommen sind, um einem Personaldezernenten mal zu sagen, was sich strukturell verändern muss, kann ich das gut verstehen, und wenn sie aus meiner Kirche kommen, ist das noch mal besser zu verstehen.“ Dazu sollte es jetzt aber keine Gelegenheit geben, denn dafür gebe es gut funktionierende Kommunikationsprozesse innerhalb der Kirche.

Was er in einer Art Workshop zum Thema statt dessen vermitteln wollte, war die Prophylaxe, die jeder selbst machen kann. Sein Beweis für deren Bedeutung ist ein Pfarrer aus der Altmark, der 18 Kirchen versorgt und zu seinen fröhlichsten Theologen gehört, während ein anderer mit nur einer Kirche ein Burnout hatte. Um sich selbst vor einem Burnout zu schützen, müsse man deshalb zunächst erkennen, was dessen Entstehung „fördert“, um dann mit passender Selbstfürsorge diesen schädigenden Faktoren entgegenzuwirken.

Typische Belastungen im Umfeld von Burnout-Erkrankten sind nach Christian Frühwalds Erfahrung vor allem die Schnelllebigkeit unserer Zeit und die entsprechende Vereinzelung in der Gesellschaft, ein hoher beruflicher Druck (wozu auch Arbeitssuche gehören kann) und Krisenzeiten in der Familie (wie Krankheits- oder Trennungsphasen). In der eigenen Persönlichkeit fördern ein Burnout vor allem Perfektionismus (zu hohe Ansprüche an sich selbst und andere), Narzissmus (womit Dr. Frühwald das Verlangen meint, geliebt zu werden) und das sogenannte „Helfersyndrom“ (die Tendenz, seine Kraft nur für die Bedürfnisse anderer einzusetzen und eigene zu vernachlässigen).

Als Gegenmittel der Selbstfürsorge empfiehlt der Chef von zweieinhalbtausend Mitarbeitendenden in Kirche und Diakonie den privaten Ausgleich und die berufliche Professionalisierung. Zu letzterem gehörten die klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben, das richtige Verhältnis von Distanz und Nähe im Umgang mit Vorgesetzten, Untergebenen, Kollegen, Gemeindegliedern sowie die Inanspruchnahme von Angeboten zur Supervision und zur Weiterbildung. Der private Ausgleich müsse auf vier Ebenen stattfinden: körperlich (genug Schlaf, ausreichend Bewegung), psychisch (Raum für private Sorgen), sozial (private Kontakte außerhalb des Arbeitsfeldes, also nicht die Gemeinde oder Jugendgruppe als „Familie“ sehen) und kulturell-spirituell (Theater, Konzerte, Gottesdienste, Gebetszeiten – für ihn Augenblicke, sich so zu fühlen, als ob Gott in diesem Moment neben einem sitzt). Wer überlastet ist, sollte regelmäßig aufschreiben, womit er in der kommenden Woche etwas für sich tun will, und zwar auf jeder dieser vier Ebenen. Nach dieser Woche muss er diese Vorhaben überprüfen und dann analysieren, ob es am inneren oder äußeren Druck lag, dass daraus nichts wurde.

Schlaflosen mitteldeutschen Pfarrerinnen und Pfarrern fällt zu dieser Frage regelmäßig nur ein Name ein: Seiner. „Berichte von persönlichen Leidensgeschichten und öffentlich bekannte Gerichtsverfahren … dokumentieren diese hässliche Seite eines Personalmanagements, das der Oberkirchenrat nach Feierabend in einem Lehrgang zur ‚Steuerung und Bewertung der Ressource Mensch‘ bei dercontroller akademie®,einem privaten betriebswirtschaftlichen Trainingsinstitut, lernte“, wird auf einer anonymen Internetseite von zweifelhaftem Quellenwert über ihn behauptet. Stimmen könnte aber, dass der so Gescholtene sich vor einer Weile eine längere Auszeit genommen hat - wie es hieß, hatte er ein Burnout.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

ChristianBerlin

Theologe (Pastor) und Journalist, Berlin. Mitglied im Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB) und im Pfarrverein-EKBO. Singt im Straßenchor.

ChristianBerlin

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