Stellt euch vor, es ist Freitag-Salon – und keiner geht hin. Am liebsten hätte ich auf dem Absatz Kehrt gemacht. Doch zwischen den leeren Stühlen begrüßt mich davon unbeeindruckt ein so freundlicher JA, dass es kein Entrinnen mehr gibt.
Totgesagte leben länger, hatte ich mal gedacht. Was von Anfang an keine Chance hat, muss einfach gut werden. In den Köpfen der Redakteure anderer Zeitungen ist der Nachruf auf den Freitag seit Februar schon fertig. Wer im persönlichen Gespräch offenbart, dass er hier mitbloggt, kennt diesen Text inzwischen auswendig.
Doch diese Skeptiker unterliegen einem Trugschluss. In deren Redaktionen ticken die Uhren anders. Klare Hierarchien, straffe Vorgaben, die Ressortchefs lehren die Redakteure das Fürchten und die wiederum die Autoren, Peitsche und Zuckerbrot, Abschottung bei Versagen und gutes Geld bei Erfolg. Heraus kommt eine hohe Qualität und ein breites Leserinteresse, wodurch gutes Geld zurückfließt und im Gemeinwesen eine hohe gesellschaftliche Relevanz entsteht, weshalb die wiederum vieles zuerst und exklusiv erfahren.
Das alles hat der Freitag so nicht. Dafür aber eine Redaktion mit einem offenen Haus, wo jeder jederzeit willkommen ist, mit einem Verleger zum Anfassen, mit dem man öffentlich im Internet diskutieren kann, eine Community, in der man sich gegenseitig kennt und in der alle ein gemeinsamer Glaube an die gute Sache verbindet, die man in dieser oder jener Form voranbringen will, und das nicht um des schnöden Ruhmes oder Mammons willen, sondern für die Sache selbst. Dachte ich jedenfalls. Bis ich gestern die leeren Stühle sah.
Immerhin ist MH extra aus Oldenburg in Oldenburg angereist. Und Martina Kausch aus Neuenkirchen-Seelscheid. Dass GerhardHM da war, sollte ich erst am nächsten Tag erfahren. Sonst sind keine Blogger zu erkennen. Auch niemand von der Redaktion. Dass von denen jemand kommt, ist bei Talkrunden von Zeitungen sowieso unüblich, aber hier hätten wir es doch erwartet, eben wegen der Gemeinschaft, die das Besondere am Freitag ausmacht. Vor allem aber, dass die vielen Berliner Bloggerinnen und Blogger nicht da sind, ist ein schlechtes Zeichen. Allerdings war für Community- und Redaktionsmitglieder im offiziellen Teil gar keine aktive Rolle vorgesehen. Sie sollten bei der „kleinen Zukunftswerkstatt“ genauso stumm wie anonym bleiben.
Dafür diskutierte JA auf den Sesseln im Podium mit vier sichtlich vergnügten Gästen einen detailliert vorbereiteten Fragen-Plan ab. Vor allem Daniela Dahn stellte dabei gehaltvolle, durchdachte Statements in den Raum, in denen sie bezeichnende Konstruktionsfehlern von DDR und BRD und Webfehler der Deutschen Einheit enthüllte. Nur leider griff diese Impulse niemand auf, um sie in perfekte Treffer zum Thema ‚Quo vadis’ zu verwandeln. Das gelang weder JA, noch dem charmanten neokonservativne Professor Nolte (FU), nicht JA’s frühererem Kollegen bei der Süddeutschen, Christoph Schwennicke (jetzt Reporter beim Spiegel), und auch nicht der zweiten Frau auf dem Podium, wegen der ich beinah zum Feministen geworden wäre. Zunächst dachte ich nämlich, JA habe sie nur als ergänzende Quotenfrau eingeladen. Ihr Name stand nicht in der Ankündigung, und eine Stunde lang nahm er sie nie dran, außer am Anfang, obwohl sie vielleicht so interessante Dinge zu sagen hatte, wie Daniela Dahn. Bis sie dann um 21 Uhr wirklich etwas sagte.
Bei einem so unorganischen Diskussionsverlauf mit vielen Themensprüngen wird zum Glück niemand eine Kritik schreiben können, dachte ich außerdem – wenn überhaupt ein Medienvertreter da ist. Bis ich mitbekam, dass MH, der neben mir saß, das ganze live auf twitter stellt.
Nach insgesamt anderthalb Stunden wird es im Publikum unruhig. Ein älterer Herr, der sich schon durch Zwischenrufe bemerkbar gemacht hat, fällt Prof. Nolte ins Wort. Der sprach gerade von einem neuen Trend zur Religion unter den Gebildeten. Jetzt will der Zwischenrufer sein Geld zurück. Denn laut Ankündigung sollte es um die Zukunft Deutschlands gehen und nicht um die der Religion, das sei ein anderes Thema und außerdem falsch. Die Kirchen würden unser aller Geld nur verschwenden.
Für JA wird es höchste Zeit, die Diskussion für das Plenum öffnen. Die besteht dann aber nur aus drei Beiträgen und ist nach 5 Minuten wieder zu Ende.
Nachdem derselbe Redner das Podium über die finanziellen Konsequenzen aus demReichsdeputationshauptschluss aufgeklärt hat (das Wort fiel nicht, aber die Jahreszahl 1803 wusste er), ruhen JA’s Augen unweigerlich auf mir. Dass ich mit einem Gegenstatement nichts erreicht würde, war absehbar. Dennoch gibt MH, wie ich bei dieser Gelegenheit richtig stellen möchte, die Fakten auf twitter einseitig und verkürzt wieder. Auf dem Podium nickt man(n) während meiner Worte immerhin fleißig, die beiden Frauen allerdings weniger und das Publikum sitzt weiterhin wie gebannt da, nur mein Meinungsgegner bekommt einen Lachanfall. Nach seiner Replik, die noch mal mit den Themen „Tarifunterschreitung“ und „Schläge in Kinderheimen“ nachlegt – was nicht als Kritik am Lohnniveau oder den Erziehungsmethoden in der DDR, sondern an den Kirchen von heute bzw. in den 50er/60er Jahren gemeint war – verzichte ich beim nächsten Blick vernünftigerweise auf eine Erwiderung (obwohl sie mir auf der Zunge lag), woraufhin JA schnell das Thema und die Diskussion für beendet erklärt und zum nächsten Freitag-Salon einlädt.
Am 4. Dezember (2 Tage vor Nikolaus), selber Ort (Ballhaus Ost), selbe Zeit (20 Uhr).
[*Datum nachträglich verbessert auf Hinweis von Nina]
Kommentare 88
Hallo Christian,
danke für deinen Beitrag, kann mir in etwa ein Bild machen, werde dann noch bei MH vorbeischauen.
Na,außer Spesen, nichts gewesen? Thema vielleicht doch zu 0-8-15, abgedroschen, einfach nicht griffig genug, von den klassischen Medien schon totgenudelt, keine Bloggeraktivität von vornherein eingeplant.
Dennoch brauchen wir noch keine Nachrufe ...(auch wenn es dem ein oder anderen schadenfreudig in den Fingern juckt)
Die Community muss sich in den nächsten Monaten besinnen, wo sie hin will, was sie aktiv unterstützt. Die bisherigen Diskussionen auf verschiedenen Blogs betrachte ich als gelungenes Intro.
Gruß BW
Damit es auch ganz klar wird: Die Redaktion betrachte ich außdrücklich als Teil der Community.
Redakteure - euer Arbeitsplatz, euer Engagement für welche Sache?
Lieber ChristianBerlin;
danke für dieses Resümee! Neues Foto, neue Schreibe? Gefällt mir jedenfalls - sehr! Kurz, knapp, humorvoll. Und die "message" kam auch rüber. Vielleicht öfter auch sowas, würde mich freuen...
Leider bist Du nur "fast" zum Feministen geworden - schade, schade... :) Aber beim nächsten Mal (Nikolaus) bin ich dabei, und vielleicht wirst Du ja dann...?? Wer aber war denn nun das holde weibliche Wesen?
Dass keine Blogger da waren, finde ich auch schade. Aber vielleicht wurde es nicht genug kommuniziert? Ich habe den Ankündiger jedenfalls erst heute gesehen, war allerdings auch ein paar Tage nicht "on". Und einige Blogger kommen ja auch nicht aus Berlin. MH war angereist, aber hatte er nicht gerade sowieso einen Termin in B? Jedenfalls müsste ich extra aus HH kommen - schade, dass es die Live-Stream-Schaltung noch nicht gibt...
"Dass ich mit einem Gegenstatement nichts erreicht würde, war absehbar."
Das habe ich irgendwie nicht verstanden...
Was Deinen Meinungsgegner angeht: Wie borniert kann man eigentlich sein, wenn man das Thema "Kirche" von der "Zukunft Deutschlands" abspalten möchte? Dass Du da ruhig bleiben konntest, Hut ab! Aber Du bist wahrscheinlich Schlimmeres gewohnt?
Herzliche Grüße, Anna
Hallo Bildungwirt;
warum, meinst Du, muss sich die Community entscheiden, wo sie hin will? Gerade die Mischung finde ich doch reizvoll, das Unberechenbare; Wissenschaft neben Unterhaltung, frei assoziierend neben analysierend... Und gibt nicht der Zuwachs an Mitgliedern diesem Konzept recht? Ich möchte es jedenfalls so gern beibehalten. Spartenblogs gibt es doch schon genug?
Herzlich, Anna
Hallo Anna,
es wurden in der Diskussion der letzten 3 Wochen viele kluge Einzelgedanken vorgetragen und bei allen Arten von Text-Themen-Mischungen rennst du bei mir offene Türen ein. Ist das aber das Profil des Freitag? - "irgendwie links"? Will man dadurch neue Leser, insbesondere Abonnenten gewinnen?
Dass keine Redaktionsmitglieder beim ersten Salon da waren - beschämend! Was ist das für eine seltsame Identifikation mit dem eigen Laden?
Berliner BloggerFreitagszene - wo wart ihr?
Jedenfalls wird sich m.E. die Frage der Identifikation plus Profil und die Frage der Finanzierung in den nächsten Monaten zuspitzen.
Gruß BW
Lieber BW;
Da stimme ich Dir zu; "Jedenfalls wird sich m.E. die Frage der (...) Finanzierung in den nächsten Monaten zuspitzen."
Aber mit der Identifikation habe ich keine Probleme - abgesehen, dass ich von einigen Selbsttäuschungen, "linke" Menschen betreffend, hier (manchmal unsanft) befreit wurde.
Aber "irgendwie links" - wenn ich mich nicht täusche, stammt das doch von Günter Gaus, und Jakob Augstein hat es aufgegriffen? Und was sagst Du, bzgl. Deiner Kritik, hierzu? (JA in seinem Blog über die "Netznomaden"):
"Die Abteilung für Weltanschauung ist woanders. Wir haben eine Grundhaltung, die ist "irgendwie links", ich benutze diese angreifbare Formulierung bewusst, weil ich - und sehr viele andere Leute - keine Lust auf ideologische Festlegung, politmorale Rechthaberei und engstirnige Gestrigkeit haben. Mit den Rezepten, die gestern gescheitert sind, wird man die Krankheiten von morgen nicht heilen. Wir brauchen neue. Wer das nicht begreift, kann es sich im historischen Schmollwinkel gemütlich machen und schimpfen. Das kostet nichts und hält die Füße warm. Aber das ist nicht meine Haltung. Man versagt damit vor der Herausforderung der Wirklichkeit. Gerade heute."
Widerspricht nicht Deine Grundhaltung seiner?
Interessiert, Anna
Sehr schade, dass ich gestern nicht dabei sein konnte, aber wie gesagt - per MH fand ich das richtig interessant und dachte außerdem, es sind mehr Leute da, als Du andeutest.
"Nach seiner Replik, die noch mal mit den Themen „Tarifunterschreitung“ und „Schläge in Kinderheimen“ nachlegt – was nicht als Kritik am Lohnniveau oder den Erziehungsmethoden in der DDR, sondern an den Kirchen von heute bzw. in den 50er/60er Jahren gemeint war "
Wahrscheinlich war das ein Eiferer, aber andererseits: Man kann nicht alles Empörende auf der einen Seite anprangern und auf der anderen übersehen.
Über die Geschichte mit den Kinderheimen im Westen wird ja gerade berichtet in den Medien. Und dass kirchliche Mitarbeiter schlecht bezahlt werden, ist ja auch nicht neu.
Blöd ist sicher, wenn jemand das Gespräch dann so in eine Richtung reißt.
der termin hatte sich zerschlagen, bin also tatsaechlich nur des salons wegen gefahren. heute dann noch knut,im auftrag, und arm werden im kadewe.
zum thema: mein groesster kritikpunkt ist definitiv, dass von der freitagsredaktion keiner da war. wer in frankfurt ist, krank oder urlaub muss ja nicht, weil kann nicht, aber ich hoerte mal es gibt da 30 leute und da enttaeuscht es. wenn nicht mal jene kommen, braucht man von den bloggern auch nichts erwarten. da ging es hand in hand.
tissmann, mehr weiss ich nicht vom namen der geheimnissvollen. zu feministisch, dadurch zu fixiert, aber einen einwand fand ich gut... die afrikaner sollen alle herkommen koennen, da wir ihnen unseren reichtum verdanken. meine zynische ader trifft das.
ansonsten hat der abend mir durchaus die fragen neantwortet, die ich mir stellte, zumindest in bezug auf den freitag.
den kurator, der hier auch einen beitrag reinstellte und mich noch ermahnte, von dem war nix zu sehen, zumindest fuer meine augen.
die duskussion als gesamtes betrachtet war nicht wirklich interessant, da jeder komplex endete, als es anfing spannend zu werden.
dahn fand ich in dieser runde richtig gut, aber auch als einziges gut. sie hat dem ganzen substanz verliehen. nolte hingegen redete und redete und redete... selbst wenn dabei was gescheites gewesen sein sollte, der kam nicht, er wurde zerredet. der spiegelmensch hingegen, da blieb nix bei mir haengen, das ist halt die meinung die man so kennt.
der hoehepznkt des abends war definitiv das danach. die beiden journalisten haben mich, ob ihres schematischen denkens dann doch glatt mehrmals fragen gestellt, zu denen ich ihnen von vorneweg die antwort gegeben hatte. :) war aber soweit ganz nett, nen plausch mit ja gabs auch und christian wie auch ich haben uns dann nebendran noch in irgendwas reingesetzt und bis 1:30 zusammengesessen.
besser machen kann man sicher eine menge, aber das iat ein anderes thema.
Mir kommt das Kirchenbashing von links oft so vor wie das DDR-Bashing von rechts, nur in rot eben. Differenzierung ist gefragt, richtig Magda.
Und den Artikel finde ich auch klasse, Christian, genau wie Anna schon gesagt hat.
Danke für die Impressionen, MH.
@Anna
Danke für die angenehme Kritik meiner Kritik. :)
Bei Deinem Relaunch ist ja ebenfalls einiges neu und z.T. auch kürzer und knapper geworden. Wobei ich bis heute nicht verstehe, wieso Du als zweiten Teil Deines Bloggerinnennamens "Dorothea" gewählt hattest, wenn Du den Namen nicht magst oder so nicht angeredet werden wolltest *rätsel*
Bei dem kryptischen Satz legst Du den Finger gleich auf eine wunde Stelle. Den hab ich nur aufgenommen wegen MH.
[Zitat MH bei twitter]
er redet sich langsam in rage, glaub ich. kirche politischer. richtigen kraefte muessen zusammen finden [...]erfolg hatte er nicht so richtig. [/Zitatende]
Ich weiß selbst nicht genau, welchen Erfolg MH meint. Das ist bei Negativaussagen ja auch schwer zu identifizieren.
Vielleicht meint MH ja, dass ich könnte gehofft haben, dass jetzt ein Gegenargument kommt, das mit dem Gesagten etwas zu tun hat, sodass statt der Polemik ein Dialog in Gang kommt. Eingeladen hab ich dazu, aber das nicht wirklich erwartet. Denn Du hast Recht: Ich bin Schlimmeres gewohnt, zuletzt bei diversen Pro-Reli-Diskussionen. Macht aber Spaß. Hab von Forck gelernt, dass man dadurch immer neue Freunde gewinnt. ;)
@Magda
Das war der absolute Gesprächskiller. JA schien richtig Angst vor dieser Diskussion zu haben. Hast ja bei twitter gelesen, dass er anfangs Statements nicht zulassen wollte. Wenig später dann der abrupte Abbruch.
MH hat ja schon erzählt, dass wir an der Bar dann noch weitergetalkt haben, allerdings in zwei getrennten Kreisen. Der ältere Herr stand in einem anderen. So kann man's auch lösen.
Im Übrigen bin ich Deiner Meinung: Austeilen in beide Richtungen. Das macht einen zwar überall unbeliebt, aber alles andere macht keinen Spaß.
Ein wenig unfair ist nur, dass die Kirche weiterexistiert und sich immer noch bessern kann. Der sog. real existierende Sozialismus kann das nicht mehr, er ist - bei uns jedenfalls - vorbei (von den gewendeten Seilschaften in Staat und Kirche einmal abgesehen).
"Ein wenig unfair ist nur, dass die Kirche weiterexistiert und sich immer noch bessern kann"
Jaja, Christian oder auch anpassen. :-p
@Titta
Hast Recht. Man kann ja auch mal mit der ewigen Batcherei aufhören und zusammenarbeiten. Unsere Feindbilder aus den Kämpfen von gestern können nicht die Probleme von morgen lösen.
Also, ich fands toll!
@Magda
Das leider auch, aber das meinte ich nicht.
Warst Du denn auch da? Aus Münster?
Warum hast Du denn nichts gesagt? Oder Dich nicht hinterher noch zu uns gestellt?
@MH
Kommt diese Analyse denn in Deinem Beitrag? Ich bin gespannt. Wir hatten ja schon einige Punkte gefunden, die Du und ich ganz anders gemacht hätten...
weil ich zu spät kam, habe ich die Einführung nicht erleben dürfen, die zweite Dame auf dem Podium war wohl die Schauspielerin Anne Tismar, denke ich, die das Ballhaus Ost auch (mit?)gegründet hat.
Der Gedankenaustausch wollte die angekündigte 20-Jahre-voraus-Perspektive nicht so recht erreichen, weil die meisten Podisten doch eher ihre aktuellen Positionen oder Erfahrungen der Vergangenheit thematisierten. Aber das sehe ich nicht als Beinbruch.
Ich hatte mich nicht angemeldet, war aufgrund der Rollenverteilung als "Konsument" im Publikum dabei, der Saal weckt eine etwas elegische Stimmung, vielleicht lag es daran, dass ich nach dem Ende der Veranstaltung auch nicht die Nähe der Akteure gesucht habe.
Mir ist klar, dass es nach der Show oft die intensiveren Begegnungen gibt. Auf dem Weg nach hause habe ich mir gerne vorgestellt, dass es am knuffigen, kleinen Tresen irgendwo über dem Ballsaal noch lange heiss hergeht.......
Ich dachte, Rainer wär in Frankfurt.
mal schauen ob ich naechste woche dazu komme. vom phone aus etwas aufwendig. ;) meinte aber schlichtweg, zum negativen, dass ich nicht glaube, dass du erfolg hattest mit deiner replik, war dann ja auch so. die rage sollte dir lediglivh das flair eines obamas verpassen. ;)
@anna: ich fand den namen anna dorothea cool, salop gesagt.
@MH
Ich musste, als ich das las, leider eher an das flair eines osamas denken.
Überhaupt hat Anna ja Recht: Wer über die Zukunft nachdenkt, kann dabei die Rolle der Religion(en) nicht ausblenden.
Wenn dabei die Frage auch noch "Evolution oder Revolution" lautet, fällt mir jedenfalls sofort ein, dass weltweit in allen Religionen die Fundamentalismen auf dem Vormarsch sind und eine globale Revolution im Namen Gottes oder Allahs die unterdrückten und entrechteten Völker von westlicher Überfremdung befreien will. Weder Waffen, noch Geld, noch Diplomatie oder unsere moralische Entrüstung scheinen sie stoppen zu können.
Wäre Daniela Dahns Vorschlag aufgegriffen worden, die Zukunftsszenarien aus den drei K zu entwickeln (Klima, Krise, Kriege), wäre die Runde auch von dieser Warte her auf das Thema Teligion(en) gestoßen.
Hat er gesagt, er fährt zur Buchmesse?
Das war übrigens eine der Ideen von MH und mir. Wir hätten diesen ersten Freitag-Salon natürlich auf der Buchmesse gemacht. Da wäre das Publikum schon da gewesen, der Berg hätte nicht zum Profeten kommen müssen.
[Zitat]Sonst sind keine Blogger zu erkennen[/Zitatende]
Bei Dir kann das an dem relativ kleinen Foto liegen. MH hat mich sofort erkannt - aber Dich offenbar auch nicht gesehen. Langsam glaube ich aber, dass da noch mehr von uns da waren.
Wenn wir Blogger uns bei dieser Gelegenheit nicht mal live kennengelernt haben, obwohl wir da waren, liegt das sicher nicht nur der elegischen Atmosphäre des Saales. Ich sehe da eher einen Fehler der Moderation.
Bei so wenigen, wie wir waren, hätte JA den Talk oder spätestens die Diskussion mit "Mal bitte Hände hoch, wer bloggt hier bei mir?" und dann vielleicht einer kleinen Vorstellungsrunde (ohne Statements) beginnen können. Dafür ist er freilich nicht der leutselige Typ, was auch seine Reaktion auf den Hardliner zeigt.
Aber dafür outen sich ja jetzt im Nachgang hier nach und nach einige, die noch inkognito dort waren. Und vielleicht haben wir auch Ideen, wie wir das nächstes Mal selbsttätig besser hinkriegen. JA habe ich schon gebeten, nächstes Mal zum inoffiziellen Teil offen einzuladen und den noch etwas gemütlicher zu gestalten. Obwohl die zwei Stehkonvente am Thresen - eine Dritte Grunde gab es sitzend - ja schon mal ein Anfang waren.
Das Foto zeigt ja auch das Meer und einen roten Leuchtturm am rechten Rand, mit dem werde ich öfter mal verwechselt :-) das nächste Mal könnte ich die rote Lederjacke und die Sonnenbrille tragen...... aber ganz im Ernst, letzten Endes kann sich jeder überlegen, wann, ob und wie man sich kenntlich macht und individuell aufeinander zugeht. Es lag eher an meiner eigenen Verfassung (kalte Füsse, Hunger), dass ich das nicht gemacht habe..(möchte mich hiermit für meine Unhöflichkeit auch entschuldigen) Einen schönen Sonntag wünsche ich Dir noch!
übrigens noch etwas:
Deine Anregung an JA "Mal bitte Hände hoch..." möchte ich nicht so gerne unterstützen, wir sind ja nicht bei der alten Schule....
Solche Grenzen wie die zur lächerlichen alten Schule muss man ab und zu zu überschreiten bereit sein. Mit vornehmer Zurückhaltung allein kriegt man die Menschen nicht zusammen.
Natürlich darf man nicht übertreiben, dann polarisiert man statt dessen. Aber bei JA besteht da keine Gefahr.
Ansonsten schönen Sonntag, ebenfalls, und danke!
ja meinte kurz nach schluss, dass das thema gar nicht das thema gewesen war und man es nur nicht mehr hatte rausnehmen können, weils schon gedruckt war .. oder so ähnlich.
in bezug auf europa, oder deutschland im speziellen, würde ich auch nicht in den glauben verfallen wollen, dass eine verstärkte nutzung der kirchlichen dienstleistung zu einer re-religiösisierung führt oder auf sie hindeutet. schlussendlich ist es doch eher so, dass die kirche immer mehr zum einzigen anbieter dieser dienstleistungen geworden ist.
mfg
mh
Die Idee ist sehr einleuchtend!
warst du der interessante Mann mit den dreieckigen Augen, weißen Haaren und dem knielangen eleganten Mantel?
Mir ging es jedenfalls ähnlich: Mir war nicht nach Lebendigreden einer nicht so recht lebendigen Veranstaltung. Es war lausig kalt dort, man konnte ohne Mantel nicht sitzen, auf dem Boden lagen Splitter von Spiegeln, auf dem Podium saßen Leute, die einander nicht wirklich viel zu sagen zu haben schienen, seltsam mutlos, seltsam unwirklich, ziellos erschien mir das Ganze, wie eine Pflichterfüllung, ohne dass klar wurde, worin diese Pflicht liegen könnte. Die Frau an der Kasse fror noch mehr als die Gäste drinnen und versuchte, das mit Dösen zu kompensieren. Alles in allem habe ich es als deprimierend empfunden - auch, dass ich mich so gar nicht in der Lage fühlte, an der Änderung dieser Lage etwas beizutragen.
Jedenfalls bin ich dann gegangen, bevor man, so fürchtete ich, hinauskomplimentiert werden würde.
klara
Aus meiner Zeit in Berlin hab ich mitgenommen, dass es bei (Podiums)Diskussionen immer einen meist älteren, meist männlichen, meist penetranten Fragensteller gibt, der sein eigenes, abseitiges Thema zu Gehör bringen möchte, auch wenn das Sujet des Abends ein ganz anderes ist. Am Anfang hat mich das genervt, bis ich schließlich WEGEN dieser nicht leisen, nicht weisen Greise zu den Veranstaltungen gegangen bin...
Und sonst: Drei Präsenzpunkte für jeden CommuniKater.
Liebe Klara,
der Mantel war tatsächlich schwarz, die Haare sind nicht mehr schwarz, zu den anderen Merkmalen kann ich mich nicht so richtig äußern. Zu Dir habe ich jetzt eine Vermutung, warst Du allein oder in Begleitung von zwei Herren?
Deine Beschreibung ist sehr pointiert, nicht jedes Wort würde ich kommentarlos mittragen, ein Lächeln zumindest dazulegen: Süßwasserfische und Salzwasserfische brauchen Sirenenmusik zum Tanzen....
Berlin ist heuer aber auch besonders ungemütlich, man sehnt sich schon nach der Glühweinzeit!
Hm, ich war allein, dafür mit Fahrrad (in Kombination mit S-Bahn, nasskaltes Weichei ohne Glühwein, das man an diesem Abend leider zu sein hatte), aber das hab ich nicht mit in den Saal genommen. Insofern hilft dir das jetzt nichts ,-) Wie gesagt: Ich wollte ziemlich schnell und "unerkannt" wieder weg. Die Eitelkeit der Schüchternheit sozusagen...
Ich leg jetzt auch mein Lächeln dazu.
Und eine Ergänzung: Der Verleger dieser Zeitung sieht unverschämt gut aus ;) Allein das lohnte also die Fahrt - und er humpelte nicht einmal, trotz Knieverletzung - So. Jetzt hab ich mich vollends als oberflächlich geoutet. Oder?
Da gab es noch ein paar mehr, ich muss aber noch Stoff für die Analyse von MH übrig lassen, auf die ich selbst gespannt bin.
@Rainer
Warst Du etwa der junge Mann mit der Brille, der drei Plätze neben dem besagten älteren Herrn saß - und hinterher noch mit ihm an der Bar stand (im anderen Stehkonvent)?
Kann es sein, dass Blogger/innen im RL noch scheuere Wesen sind als unser geschätzter (gut aussehender) Verleger?
Also wenn es klappt, dann gehe ich beim nächsten Mal hin.
Ich bin nicht schüchtern. Aber ich war einfach zu müde.
das ist ja sehr schockierend hier.
mfg
mh
@Magda
An Dich hatte ich bei dieser Frage auch etwas weniger gedacht - und bin sehr gespannt auf unser erstes reales Zusammentreffen.
@MH
Bitte mal erklären.
"und bin sehr gespannt auf unser erstes reales Zusammentreffen."
Wie jetzt, Du fürchtest mich nicht? Das ist freilich fürchterlich. Keine Ehrfurcht vor dem Alter.
Ja, nein, äh; ich fand den Artikel toll! Wie Titta schon sagte, ich war ja in Frankfurt auf der Messe am Freitagsstand.
Will ich auch haben ...
@Rainer
Da bin ich ja 3-mal erleichtert.
Erstens, weil ich Dich nicht übersehen habe, zweitens, weil mein Text noch mal Zuspruch bekam *freu* und drittens, weil mit dem klaren Positiv-Urteil nicht die Veranstaltung gemeint war (hätte mich auch gewundert).
Wirklich toll fand ich selbst allerdings, was Klara den "Charme des Unvollendeten" beim Freitag genannt hat. Der war auch dort deutlich zu spüren. Dadurch hatte das alles eine sehr menschliche Seite, und die ist interessanter und lebendiger, als alles Perfekte. Die Scherben auf dem Boden, die sie erwähnt hat (die ich allerdings übersehen hatte), gehören da irgendwie auch mit dazu.
Liebe Magda,
Alter schützt vor so manchem, aber nicht vor allem. Und meine Neugier ist sowieso immer stärker als meine Angst. Was leider nicht immer von Vorteil ist.
Soweit ich den Diskussionsverlauf erinnere, waren das auch zwei Thesen, die von zwei verschiedenen Podiums-Teilnehmern kamen.
Die erste (neuer Reli-Trend bei Gebildeten) vertrat von Paul Nolte. Dazu muss man wissen, dass er vor nicht mal zwei Wochen als neuer Präsident der Ev. Akademie Berlin eingeführt wurde, als Nachfolger von Ex-Zeit-Chef Robert Leicht, der das 10 Jahre gemacht hat. Damit ist ihm der Aufstieg in weitere Ehrenämter der EKD sicher. Und Du kannst sicher sein, dass jemand in dieser Position sich mit seiner Rolle und der Ev. Kirche identifiziert. Wenn es da Positives zu sagen gibt, wird er es passend anbringen.
Ich kenne zu diesem Fakt die Erhebungen und Zahlen leider nicht. Aber der Trend als solcher ist mir schon aufgefallen. Man kennt sich ja z.T. noch aus früheren Zeiten, in denen mir dieselben intellektuellen Mitstreiter das Gefühl gaben, wegen meiner theologischen Ambitionen aus ihrer Sicht ein Außenseiter zu sein. Heute sind sie - auch ohne Studium - fast christlicher als ich. Einer von ihnen hat mich neulich versehentlich sogar "mein Sohn" genannt. Es gibt sie wirklich. Und sie sind einflussreich.
Die andere These (Kirche als heute um so wichtiger Kultur- und Sozialträger im ansonsten fast kahlgeschlagenen Feld) kam nach meiner Erinnerung mehr von JA und Christoph Schwennicke.
Zu letzterem hab ich mich dann unterstützend geäußert und den Vorsitzenden der deutschen Armutskonferenz zitiert. Das ist nicht zufällig Dr. Gern, der Diakoniechef von Hessen und Nassau. Der hat den besten Überblick über Zuwächse in der Schuldnerberatung, Suppenküchen, Tafel, Übernachtungshäusern usw. seit den Schröder-Reformen. Für ihn ist klar, dass Diakonie nicht nur individuelle Not Lindern, sondern auch politisch gegen diese Verhältnisse aktiv Werden bedeutet.
Von daher mein Argument gegen die Ausschließeritis wegen der veralteten Feindbilder, das Du dann getwittert hast. Alle wollen dasselbe, aber keiner will mit dem anderen. Statt gemeinsam zu verändern, bekämpfen wir uns - auf dem Rücken der Betroffenen. So wird das nix.
Das geht ja munter zu hier! Und verdient wirklich den Namen "Gemeinschschaft", mir war jedenfalls beim Lesen, als würden wir hier wirklich alle zusammen "klönen". Schön!
@ ChristianBerlin
@ MH:
"Dorothea" gefällt mir sehr wohl ("Gottesgeschenk") es ist nämlich eigentlich mein erster Vorname, nach meiner Großmutter. Aber da meine Schwestern beide einsilbig sind (nur der Name!) wurde der zweite dann in den ersten getauft. Immerhin - ein Glück, dass sie mich nicht "Zerline" genannt haben, wie sie es ursprünglich vorhatten, nach einer Mozart-Oper. Weggelassen habe ich es, weil es so laaaang ist!
Ich finde es sehr spannend, dass sich hier einige allmählich persönlich kennenlernen. Wie war das denn so für Euch? Vielleicht sind Männer da unkomplizierter, ich habe da doch ziemlich Schiss... Schreib ich nochmal was in Tittas Blog drüber.
Das gemeinsame Berichten über solche Veranstaltungen FÜR die Community finde ich übrigens sehr gemeinschaftsstiftend. Es gibt mir ein richtiges "Wir"-Gefühl, danke MH und Christian, noch einmal!
Herzlich, Anna
@ Klara:
Ja, der Verleger-Redakteur-Blogger J.A. ist sehr attraktiv. Fand ich schon, als ich vor vielen Jahren seine erste Reportage las, die ich so gut fand, dass er eine Art Schreiber-Vorbild für mich wurde. Es war eine von denen, die ich nie vergessen habe. Da sah ich dann auch sein Bild... Oberflächlich? Warum? Ist doch schön, auch für ihn :), und (ha, ich höre einen empörten Aufschrei) bei Journalisten gar nicht so häufig. (Bin ICH jetzt oberflächlich? :))
Nur, was ich nie verstehe: Warum "unverschämt"??
@Anna (Dorothea, Zerline...): "attraktiv" ist ein Wort, das ich als entfremdet empfinde. Wenn mich jemand "attraktiv" nennt, weiß ich (oder unterstelle ich), dass er irgendein Plakat meint, ein Etikett klebt, jedenfalls nicht mich ansieht. "Attraktiv" hat nichts mit Berührung zu tun. Nichts mit Echtsein. Für mich. Attraktiv ist Werbesprache.
Und unverschämt? Naja, ein Linker hat einfach nicht so verdammt gut auszusehen ;M-=) ! Das gehört sich einfach nicht, hehe.
@ Klara:
Ok, das war Deine Replik. Touché? Attraktiv kommt vom lateinischen und heisst "anziehend". Für mich ist gut aussehen so wischi-waschi, und unverschämt, da denk ich immer, wenn er verschämt gut aussähe, wärs nicht zum Aushalten, mit roten Ohren und so.
Wortklaubereien, von Dir und mir :))) In der Sache sind wir uns ja einig. Meine Großmutter hätte jedenfalls gesagt: "Dieser Jakob Augstein ist doch wirklich ein schöner Mann!"
Wirklich, Klara, nix für ungut (auch so ein Sprichwort, das ich nie verstanden habe.) War korinthenk..... von mir. Und gut aussehen wischi-waschi genauso. Nimms mir nicht krumm.
@anna ach was, ich nehm dir gar nichts krumm - wie käme ich dazu (übrigens auch hübsch: KRUMM NEHMEN - woher kommt das? ,-))
rote ohren - weiß nicht, ich bin ja dann recht schnell gegangen, und es war dunkel...
"ein schöner mann" hieße heutzutage einer, der diese neuen frauenzeitschriften für männer liest und sich (oweh) danach richtet, oder? mit augencreme und so. also nicht so sehr männlich. aber das mag meiner altmodischen, intoleranten einstellung geschuldet sein. ich finde, es muss nicht alles anders werden. ich finde, männer müssen nicht augencreme benutzen und eigentlich auch nicht jeden tag ins fitnessstudio. ich mag keine künstlichen muskeln. und ich mag keine make-upten SCHÖNEN männer. sehe sie in der s-bahn: augenbrauen gezupft und bemalt, haut gesalbt, wimpern getuscht, fingernägel fein manikürt und klarlackiert... ach, ich bin furchtbar intolerant und spießig. da ist mir der meine wirklich lieber: der duscht sich, wie es sich gehört (mit apfelschampoo, nachdem ich ihm dieses grässliche pseudomännlich riechende penetrante zeugs irgendwann ausgeredet hatte), zieht an, was im schrank liegt, geht alle paar monate zum friseur und das wars. er war allerdings mal sportler und ist ein gutes stück groß - das vereinfacht die sache ,-)
dieser verleger hier, über den wir gerade uns so schwärmerisch auslassen - der ist ernsthaft verheiratet und vater! also finger weg! ,-)
Na logisch, Finger weg, was dachtest denn Du?! Oder war das jetzt grade, ich schürfe tief und á la Freud, eine Projektion..? Ach, aber jemanden schön finden, das hört ja nie auf, auch wenn man jemand anderem treu ist und ihn liebt. Schönheit immer wieder und weiter zu sehen, das gehört doch dazu, sonst sind wir lebendig tot... und den Eindruck habe ich bei Dir nicht...:)
Was die "schönen Männer angeht", ich glaube, meine Großmutter fand genau die Art Männer schön, die Du auch schän findest... Ok; Apfelshampoo gabs damals noch nicht, aber ich glaube, sie meinte Männer, die was ausstrahlen.
Meine Tochter tut mir leid: Viele Jungs in ihrer Stufe sind so eitel! Sie gehen regelmässig ins Solarium, kaufen ständig Klamotten, benutzen auch in der Schule Parfum... Einerseits ist das ja ganz schön, andrerseits sagt sie selber: "Mann, das kann anstrengend werden. Das Gleiche erwartet der dann ja auch von mir, dass ich dauernd gestylt bin."
ich glaube, schon das Wort "gestylt" hätte weder deine Großmutter noch Scarlett O'Hara über die Lippen gebracht, ohne zu würgen ,-)
Und ich weiß nicht mal, ob ich es als Jugendliche schon benutzt habe. Allerdings war damals weniger das Gestylte in als das - scheinbar völlig unbeachtete - Nichtgestylte. Man galt etwas, zumindest in einer gewissen Szene, wenn man so tat, als sei es einem egal, wie man aussah. So sah ich dann auch aus... Leider war es bei mir weniger "cool" als bei den anderen... Cool - ja, das haben wir gesagt! Da gab es dann auch wieder die Gegenbewegung: Einer, in den ich schweigend verliebt war, mahnte mich, dass man offener sein müsse. OFFEN! Ich bitte dich. Wenn ich bei dem zuhause war, hatte ich eine Riesenpanik davor, die Teekanne runter fallen zu lassen - und man musste ja auch bei anderen Leuten so tun, als sei man zuhause, alles machen, immer frei - und eben OFFEN. Theoretisch hatte er Recht - aber praktisch hat er es selbst nicht durchgezogen. Und ich war viel verklemmter als heute - nee, ich war jedenfalls nicht offen. Eine reine Zumutung. Wie die Liebe. Wie die Schönheit. Hab ich jetzt elegant den Bogen zum "unverschämt" geschlagen?
;)
Klara, ich musste lachen... Das mit dem schweigend verliebt kenne ich so gut! (Ich hab mal bei meinem Schwarm Mathe-Nachhilfe genommen,- er war in der 12., ich in der 10. - die ich von meinem Geld bezahlt habe (!) Nur weil ich ihm nahe sein wollte, aber nicht sagen konnte, dass ich in ihn verliebt bin. Gelernt habe ich natürlich nix, weil ich nur Herzklopfen hatte, als ich neben ihm sass. Dafür hat er mich möglicherweise für dämlich gehalten, weil ich trotz seiner Nachhilfe weiterhin 5en und 6en geschrieben habe...)
Lachen musste ich aber auch, weil, wenn einer zu Dir sagt "Sei doch einfach mal offener!", dass ungefähr so ist, als wenn Du gerade vor irgendwas Angst hast, also schrecklich UNentspannt bist, und einer sagt: "Du bist so UNentspannt, relax doch mal!"
Meine Erinnerung ist u.a., dass ich mit 19 einen Freund hatte, da war es wirklich nicht wichtig, wie ich aussah... der mochte mich von innen und aussen. Wir haben wirklich viel geredet, auch gesprochen. Das war eine sehr schöne Erfahrung, ich hab mich sehr frei gefühlt.
Übrigens finde ich es erstaunlich, dass Du so auf der Veranstaltung oben warst: "Ich wollte ziemlich schnell und "unerkannt" wieder weg. Die Eitelkeit der Schüchternheit sozusagen..."
Was meinst Du damit? Schüchtern kommst du mir hier, ehrlich gesagt, gar nicht vor. Und das meine ich nicht anzüglich, sondern so, wie es das steht. Kannst Du den vermeintlichen Widerspruch für mich auflösen?
[Ihr beide seid wirklich süß ;)]
Zu den Frauenthemen schweigt man(n) wohl besser.
Zum Widerspruch Draufgängertum im Web / Schüchternheit im RL vermute ich ganz allgemein, dass Blogger/innen vor einem Zusammentreffen ihrer virtuellen und ihrer realen Identität im selben Gegenüber ein wenig Schiss haben. Solange sie beide Arten von Kontakten sorgsam trennen können, kommen ihre Identitäten nicht in Konflikt.
Bestimmte Journalisten schotten ihr Privatleben deshalb konsequent vor denen ab, für oder über die sie schreiben. Werden solche Choryphäen z.B. vom Kellner oder Restaurantbesitzer erkannt und entsprechend hofiert, bemühen sie sich ihrerseits, sich korrekt zu benehmen, und die Atmosphäre etwas leicht angestrengtes, das vorher nicht da war.
Wenn Blogger/innen ähnliche Ängste haben, brauchen wir ein paar Ideen, wie sie im RL "normal" sein können, ohne ihren mühsam aufgebauten virtuellen Ruf vor ihren Followern (hier: den anderen Freitag-Bloggern) zu gefährden.
Echt cool, der thread hier, eh! - Was bin ich froh, dass Ihr alle aufgehört habt, über Parteien und Wahlergebnisse zu schreiben!! :))
Und ich bereue zutiefst, dass ich am späten Donnerstagabend wieder aus Berlin abgereist bin. Ich hätte mich demonstrativ-unauffällig im Halbhintergrund gehalten und könnte jetzt die Mutmaßungen über den unbekannten Typen lesen. Wer weiß, vielleicht hätte ich sogar JA ausgestochen... der ist doch noch viel zu glatt im Gesicht, Mädels.
Wenn wir erst bei diesem Thema sind, lässt sich das Ruder offenbar nicht mehr rumreißen. Selbst schuld. Was nehm ich auch für einen Titel, den kann man ja nur als Adhortativ auffassen. ;)
@Anna
Hab mich ebenfalls über diese Entwicklung hier gefreut.
Im Moment bin ich freilich etwas besorgt, weil ihr vielleicht etwas komplizierteren Frauen aus Schiss vor den immer unkomplizierten Männern die Flucht nach vorn antretet und durch über sie Reden den Eindruck erweckt, als ließe sich diese Materie denkend und redend beherrschen - bis irgendwer meint, euch das Gegenteil beweisen zu müssen...
Diese uralte Tretmühle fängt schnell an, mich dann zu langweilen. Wie den guten alten Paulus, der - weil er mal was dazu gesagt hat - für alle Zeiten zum Buhmann der theologischen Feministinnen wurde.
Eine neugierige Frage habe ich allerdings selbst: Was ist eigentlich mit Elvira? Ihren Namen vermisse ich hier - mal vorausgesetzt, dass Deine Eltern tatsächlich den Harem eines verboten attraktiven Frauentypen in ihrem Nachwuchs vereinigen wollten (wenn auch nur den des auf der Bühne dargestellten Tages).
@anna hier sagt man so schön: Große Klappe und nüscht dahinter. Ich mag am liebsten in den Kulissen stehen und aus dem Off meinen Senf dazu geben. Feigheit, sei wachsam. Nein, stimmt gar nicht. Ich hab eigentlich meistens gar kein Problem damit, vor Gruppen zu reden... Dann klopft mir zwar das Herz, aber ich kann das oft ganz gut überspielen. Was weiß ich. Verdammt viele Seelen, ach, schlagen in Klaras Brust -
"Solange sie beide Arten von Kontakten sorgsam trennen können, kommen ihre Identitäten nicht in Konflikt."
Ja, ich schätze, irgendsowas Schizophrenes wird es wohl sein...
"Wer weiß, vielleicht hätte ich sogar JA ausgestochen... der ist doch noch viel zu glatt im Gesicht, Mädels." Es ist wahrscheinlich die Anmutung des kokett Unschuldigen, Ruhigen das seine Ausstrahlung reizvoll macht. Hat gar nicht so viel mit Erotik zu tun, mehr mit unverbindlicher Verlässlichkeit, falls es so etwas gibt. Eine Unberührbarkeit irgendwie.
klara, dir kann man die verschiedenen Identitäten nun wirklich nicht krumm nehmen. Mal ganz offen betrachtet sind wie alle von innen und aussen schöne Menschen.
Och, wir sind doch völlig unkompliziert ;)
Oder was hat der Paulus denn dazu gesagt?
Nu aber: Karten auf den Tisch!
Materie lässt sich nie, NIEMALS denkend und redend beherrschen. Schon gar nicht beHERR schen. Auch wenn die Herren das seit Jahrhunderttausenden mit der guten alten ewig jungen Mater versuchen. :)
"Oder was hat der Paulus denn dazu gesagt?
Nu aber: Karten auf den Tisch!"
Das Weib schweige in der Gemeinde hat er glaube ich gesagt.
Bibelfestigkeit beeindruckt mich immer. Gerade klingelten 2 ältere Herren an meiner Tür, denen gleich anzusehen war, was ihr Begehr war. Ich sagte schnell: Keine Zeit!!! Antwort: Das ist schade, aber wir möchten Ihnen gerne etwas über die Bibel... Da ich leider manchmal, wie Ihr wisst, unhöflich bin, war die Tür vor dem Rest dann schon wieder zu.
Bisschen leid taten sie mir aber, die beiden Opis. Hätte sie vielleicht doch rein lassen sollen, zur Stärkung meiner Bibelfestigkeit.
hallo klara, dann warst du nicht nur mit zwei Männern, sondern uch noch mit zwei Rädern da...(uff, jetzt hängen ja mächtig viel Biophile hier rum...)
Ich bin immer mehr, als man denkt :=
Ich vermute, dass lief bei Paulus ähnlich ab wie bei JA:
Die Frauen in der Gemeinde redeten die ganze Zeit nur über sein Aussehen, statt sich für seine Botschaft zu interessieren.
Da hat er dann irgendwann diesen unheilschwangeren Satz gesagt, aus dem andere später schwerwiegende Folgerungen zogen. So wurde, was eigentlich nur ein Schuss vor den Bug werden sollte, der Anfang einer Institution, in der Männer leiten und Frauen dienen.
Inzwischen wurde dieses Missverständnis aber erkannt und zum Teil bereinigt. Eine Selbst-Korrektur, wohl nicht nur aus "Anpassung" (@Magda) an den säkularen Zeitgeist, aber vielleicht auch.
Auf keinen Fall wollte ich deshalb die vermeintlich paulinische Lösung hier zur Nachahmung empfehlen. Ich musste nur unwillkürlich an den armen Kerl denken - und an die Situation, wo ihm vermutlich dieser Satz rausgerutscht ist.
@meisterfalk
Tja, Dein Pech. Hättest Du sie reingelassen und ihnen auch sonst nicht groß widersprochen, wäre Dir der Himmel sicher gewesen, wenn Dir hier unten mal was zustößt.
Nehmen wir an, Du hast mal einen schweren Unfall - was der Himmel verhüten möge - und Du wachst (zunächst) statt da oben im Krankenhaus auf, dann hättest Du rund um die Uhr dort Besuch. Diese Besucher passen dann auf, dass Du nicht gegen Deinen Willen - den sie Dir und den Ärzten unmissverständlich erklären - eine Bluttransfusion bekommst. Tja, und "schwupp" bist Du dann da doch oben. Todsichere Sache.
(JHWHs Zeugen müssen mir die Ironie verzeihen. Aber die Sache werden sie nicht bestreiten. "Lieber tot als fremdes Blut in den Adern" ist eines der Standalone-Merkmale dieser Religionsgemeinschaft/Sekte. Deren "Krankenhauskommissionen" sind vielen Ärzten gut bekannt und haben einen sehr aktiven Besuchsdienst - damit ja keiner tut, was er hinterher bereuen kann)
Welche Botschaft?
@klara
O.K., an der Stelle platzt die Analogie. Wenn Du JA meinst, muss ich passen, was seine Botschaft betrifft. Ist aber hier ein Thema mit sooooooooooooooom Bart.
Oder meintest Du den Begründer des Christentums? Nach meiner Erinnerung verkündete der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und auch ein bisschen Schwesterlichkeit - als freiwilliges kommunistisches Mitmachprojekt vor dem Hintergrund eines nahen Weltenendes, von dem er so fest überzeugt war, wie wir heute von der kommenden Klimakrise.
Sein Vorbild war ein anderer jüdischer Rabbi, dessen Anhänger Paulus anfangs energisch bekämpft hatte und der selbst bestimmte Äußerungen nicht überlebt haben soll. Ob es dabei Sätze ging wie "Selig seid ihr Armen/Hungernden/Weinenden,... aber Wehe euch Reichen/Satten/die ihr jetzt lacht ... " oder um den verwegenen Anspruch, als Mensch Gott zu verkörpern, ist bekanntlich umstritten. Ein wenig unbescheiden ist ja beides. Das fand anfangs auch sein Rabbinerkollege. Dann aber war der voll davon überzeugt, glaubte in einer Art spiritueller Verbindung mit seinem verstorbenen Meister zu stehen und diesen sogar bei einer jenseitigen Entrückung in den 3. Himmel lebendig gesehen zu haben (die Kenner von Raymond Moody begonnenen Forschung vermuten dahinter ein sog. Nahtodeserlebnis, bei dem man so ein Licht sieht).
Wenn man seine erhaltenen Primärzeugnisse liest, wird einem klar, was für eine Faszinationskraft und was für eine Breitenwirkung dieser Mann hatte. Allerdings wohl nicht bei den Frauen, jedenfalls nicht wirklich, was ein paar seiner Äußerungen erklären könnte.
Ganz ähnlich soll es auch dem Buddha gegangen sein, von dem der Satz überliefert ist: Der Weg einer Frau ist wie der eines Fisches im Wasser. (für Beobachter/Männer nicht nachvollziehbar)
@klara Anna
[Zitat]Welche Botschaft?[/Zitatende]
O.K. ihr habt gewonnen. Ich habe wieder mal nicht kapiert, dass in Frauenköpfe einfach nichts hineinwill, was nicht in ihr Such- oder Beutechema passt. Erklären zwecklos ;)
Danke für die Informationen! (Die beziehen sich auf Paulus, nicht auf Jesus, ja? Ich bin in der Hinsicht völlig ungebildet...)
Meine Frage nach der Botschaft war nicht mit vorwurfsvoll winkendem Zaunpfahl gestellt (auch wenn deine vielen oooos an sooom mich grinsen machten), weil:
1. jeder macht, was er für richtig hält
2. ein Journalist - JA ist, glaub ich, in erster Linie Journalist - muss keine Botschaft haben, denn er ist ja kein Prediger. Auch ein Unternehmer muss keine haben, und dies hier wäre ja bisher nicht mal social entrepreneurship - oder?
:)
Der nächste Freitag-Salon findet nicht, wie hier an manchen Stellen angekündigt, am 6. Dezember, sondern am Freitag, den 4. Dezember, statt. 20 Uhr im Ballhaus Ost.
Ich hoffe, ihr seid wieder dabei!
Mehr Infos zum 2. Salon findet ihr jetzt unter freitag.de/salon
Danke, Nina, dass das mal jemand auffällt. Werde das oben im Text berichtigen. Ich hatte extra noch mal gefragt, was JA für ein Datum genannt hat, weil ich es nicht verstanden hatte - allerdings den Mann neben mir.
Ein Grund mehr, es noch mal allein weiterzusagen!
Und ich komme auf jeden Fall auch 2 Tage vor dem Nikolaus.
@ ChristianBerlin:
Du kannst tun und sagen, was Du willst, dieser Frau-Mann-Provokation von Dir gehe ich nicht mehr auf den Leim...
Was aber meinst Du mit Elvira? "Die alles Ertragende" - in edler Selbsterkenntnis sage ich: Das würde nicht passen. Die alles Wahrende (2. Bedeutung): auch nicht.
Und was die Frauenköpfe angeht: In die hier vorgefundenen geht eine Menge rein. Wir reden vielleicht über das Aussehen von Männern (unter anderem und selten), Männer denken drüber nach und reden (hier) nicht drüber. Gehört doch zum Leben dazu, Ästhetik?
Ich hätte da noch viele Fragen. Zum Beispiel: Wie schön wollen linke Männer sein?
Bitte jetzt nicht die Haare raufen! Anna
@ meisterfalk:
Diese Herren (Jehovas Zeugen) gehen wirklich noch von Tür zu Tür? Hier stehen sie zwar noch an den Bahnhöfen, aber geklingelt haben sie hier in HH bei uns noch nie. Ich kenne sie nur aus meiner Kindheit, sie kamen immer in Anzug und Krawatte, wie aus dem Ei gepellt. Und sie waren immer sehr höflich.
Herzlich, Anna
@Anna
??? Hatte ich das nicht verstehbar gemacht? Elvira stammt aus der von Dir selbst erwähnten Mozart Oper (Don Giovanni) als dritte Frau neben "Anna" und "Zerlina", die der attraktive Herzensbrecher (Don Giovanni) an dem Tag im Schlepp hat - das Besondere an der da Ponte / Mozart - Fassung des Don Juan Stoffes ist, dass der Zuschauer rätseln darf, wie groß sein Erfolg bei diesen drei Frauen war, das wird nicht gezeigt. Hier bleibt im Zwielicht, ob sie so tugendhaft sind, wie sie tun, oder ob es lief wie bei Cosi fan tutte, wo der Beweis geführt wird, dass einsame Frauen gegen stürmische Männer einfach keine Chance haben. Widerstand zwecklos, die Biologie siegt über alle guten Vorsätze, Don Alphonso gewinnt seine Wette.
Das scheint nicht nur die Meinung des Autorenpaares (da Ponte / Mozart) zu sein. Von Mozart ist dazu eine Äußerung überliefert: Wenn ich jedesmal, wo ich nur ein wenig gespaßt habe, gleich hätte heiraten müssen, dann wäre ich jetzt schon 200 Mal verheiratet (eine Spaß-Zahl die scheinbar Zufällig gut 200 Jahre später Bill Clinton laut Aussage Lewinsky ebenfalls genannt haben soll). Dieser Mozart-Clintonsche-Spaß-Zahl wird Bühne dann noch mal auf das 10fache vergrößert, als Leporello Donna Elvira aufklärt (640 Italienerinnen + 230 Deutsche + 100 Französinnen + 90 Perserinnen + 1003 Spanierinne = 2063 Späße insgesamt). Der Spaß endet bekanntlich mit dem Besuch der Statue - für Mozart selbst im Shaffer-Stück (und der Forman-Verfilmung) als Ausdruck eines Vaterkomplexes gedeutet, der das Genie verwundbar macht für das Mordkomplott eines neidischen Kollegen. In Wahrheit starb er, wie u.a. eine Haaranalyse ergeben hat, wahrscheinlich schlicht an der Syph und einer vergeblichen Behandlung mit zuviel Quecksilber - und damit ebenfall an den Folgen seines Spaßes, wie sein Held in der Oper (und wie leider viele Genies vor dem Penicillin).
Vor dem Hintergrund mozärtlicher Verwirrspiele und bekannter Folgen ist meine Antwort auf Deine Frage klar: Auszusehen wie Quasimodo, wünsch ich mir nicht und auch sonst keinem, aber das Gegenteil kann absolut nervig sein, das wünsch ich absolut niemandem.
Lieber ChristianBerlin;
danke für Deine ausführliche und sehr interessante Antwort, Du verblüffst mich mich profunden Antworten auf den verschiedensten Gebieten! Das Missverständnis liegt absolut an mir. Denn ich muss gestehen: Ich kenne die Oper nicht. Trotz Namensanspielung meiner Eltern, die Opern liebten.
Denn ich mag keine Opern, bis jetzt. Ich liebe klassische Musik, allem voran BACH, aber für Opern habe ich mich bisher nicht begeistern können. Durchaus für einige Arien, allen voran von Purcell und Monteverdi, aber ein ganzes Werk... Vielleicht kommt das noch. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Dabei hat die Hamburger Oper (wir haben, im Gegensatz zu Berlin, nur eine) ein durchaus anspruchsvolles Programm.
Danke für Deine ehrliche Antwort, das Aussehen betreffend. Es interessiert mich wirklich. Die Frage ginge ja noch weiter: Ist es ok, als Frau einem Mann zu sagen, das er gut aussieht?
Und warum empfindest Du es als so schlimm, wenn ein Mann schön ist? Oder bezieht sich das auf beide, Männer und Frauen?
Ach ja, und dann finde ich, dass der Zuwachs in den Kirchen, gerade ganz besonderer Schichten, ein wichtiges Thema ist. Ich beobachte das in unserer Kirche, die eine Wahnsinns-Zulauf an (gut situierten) Familien mit kleinen Kindern hat, auf einmal ist auch die Kindstaufe wieder sehr "en vogue". Sehnsucht nach Stabilität? Neuer religiöse Zuwendung? Ich weiss nicht. Würde das nicht alle "Schichten" betreffen?
Ich beobachte das und habe meine Gedanken dazu. Der Kompetentere bei einer solchen Analyse bist aber zweifellos Du. Für eine solche wäre ich Dir hier wirklich dankbar, weil ich mir davon eine Bereicherung meiner Überlegungen verspreche - und eine anregende Diskussion.
Dir ein schönes Wochenende, Anna
Liebe Anna,
die eine Frage kann ich Dir beantworten. Dass eine bestimmte Art von extrem gutem (oder "attraktivem") Aussehen auch ein Fluch sein kann, habe ich von betroffenen Frauen wie Männern erfahren. Was viele sich wünschen, kann für die wenigen, bei denen es so ist, eine große Belastung sein. Menschen verändern ihr Verhalten, wenn sie auf sie stoßen, wo sie sie nicht vermuten, und das in einer manchmal hirnverbrannten schamlosen Direktheit. Manche richten sich da so oder so darauf ein, errichten Barrieren oder treten die Flucht nach vorn an oder wechseln den Beruf oder, oder.
Einziger Unterschied: Männer haben es biologisch bedingt etwas leichter, sich zu wehren, weil die bloße Optik allein als Schlüsselreiz Frauen nicht so in Wallung bringt wie Männer. In 90 von hundert Fällen schaffen da ein strenger Blick oder eine pejorative Bemerkung (wie der Paulus-Satz) eine ausreichend Distanz). Bleiben dann zehn nur zehn, die nicht ganz so einfach verschrecken sind. Anders herum (also wenn Frauen Männer dezent pejorativ abzuwehren versuchen) würden sich diese Zahlenverhältnisse umkehren. Wie man aus guten und schlechten Filmen oder dem richtigen Leben weiß, ist damit nur ein kleiner Teil in die Flucht zu schlagen. Den Rest fordert das noch mehr heraus.
Liebe Anna,
die eine Frage kann ich Dir beantworten. Dass eine bestimmte Art von extrem gutem (oder "attraktivem") Aussehen auch ein Fluch sein kann, habe ich von betroffenen Frauen wie Männern erfahren. Was viele sich wünschen, kann für die wenigen, bei denen es so ist, eine große Belastung sein. Menschen verändern ihr Verhalten, wenn sie auf sie stoßen, wo sie sie nicht vermuten, und das in einer manchmal hirnverbrannten schamlosen Direktheit. Manche richten sich da so oder so darauf ein, errichten Barrieren oder treten die Flucht nach vorn an oder wechseln den Beruf oder, oder.
Einziger Unterschied: Männer haben es biologisch bedingt etwas leichter, sich zu wehren, weil die bloße Optik allein als Schlüsselreiz Frauen nicht so in Wallung bringt wie Männer. In 90 von hundert Fällen schaffen da ein strenger Blick oder eine pejorative Bemerkung (wie der Paulus-Satz) eine ausreichend Distanz). Bleiben dann zehn nur zehn, die nicht ganz so einfach verschrecken sind. Anders herum (also wenn Frauen Männer dezent pejorativ abzuwehren versuchen) würden sich diese Zahlenverhältnisse umkehren. Wie man aus guten und schlechten Filmen oder dem richtigen Leben weiß, ist damit nur ein kleiner Teil in die Flucht zu schlagen. Den Rest fordert das nur noch mehr heraus.
Ich bin sicher, Du wirst irgendwelche Betroffenen kennen und das zumindest beobachtet haben. Ob man sich als Betroffene(r) Freunden oder Freundinnen ganz offen anvertraut, ist eine andere Frage. Sie könnten damit ihre soziale Isolation riskieren. Wer geht schon gern mit seinem Partner/ seiner Partnerin auf eine Party oder Gesellschaft, wenn dort so jemand dabei ist?
Von dem Trend zurück zur Kirche in bestimmten "besseren" Wohnbezirken (z.B. hier am Prenzlauer Berg) habe ich schon des öfteren gelesen. Von meiner Arbeit her bin ich aber kein Experte dafür, weil ich mehr mit sozialen Randgruppen zu tun habe.
Die Hamburgische Staatsoper kenne ich allerdings sehr gut. Da gab es in den 70ern und 80ern für Studierende eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn günstige Karten, die regulär das 6fache gekostet hätten. Natürlich ging da nicht jeder hin, und ich staune zumindest, dass Du nicht mal die Handlung der großen Mozart-Opern kennst - meist unter dramatischen Gesichtspunkten gelungene Theaterstücke, die viel über die Zeit damals und deren Trends aussagen, manche aber auch über uns Menschen allgemein - und deshalb öfteren in der Literatur wieder auftauchen - bis hin zur Oper in der Oper, im Theater oder im Film. Z.B. spielt die Handlung von Offenbachs "Contes d'Hoffmann" während einer Don Giovanni Aufführung, und die Morde in Chabrols "cérèmonie" passieren während einer Fernsehübertragung derselben Oper. Bezüge, die man, fürchte ich, nur entschlüsseln kann, wenn man die Handlung kennt.
Dir ebenfalls ein schönes Wochenende, Christian
Lieber Christian;
danke für Deine Antworten!
"...und ich staune zumindest, dass Du nicht mal die Handlung der großen Mozart-Opern kennst...."
Ich dachte mir schon, als ich es abgeschickt hatte, dass das missverständlich klingt: Natürlich kenne ich die Handlungen sehr vieler Opern - "natürlich", weil ich mich eben für Musik und Theater und Komponisten interessiere, und mich meist mit vielen ihrer Werken befasst habe; ausserdem von "zu Hause" - jeden Tag lief mindestens eine Oper bei meinem Vater auf dem Plattenspieler, abends, oder er trällerte die Arien - und dann natürlich ohnehin vom Job. Ich bin auch immer danz gut auf dem Laufenden, was die Aufführungen und Premieren an den großen Häusern betrifft, und ich lese die Rezensionen... Also kein Bange, das wäre sonst wirklich ein Armutszeugnis! Und das Thema von "Don Giovanni" lag ja angeblich auch Mozarts Requiem zugrunde, dass ich wiederum schon oft gesungen habe und mag.
Mit "Ich kenne es nicht" meine ich: Ich war noch nie bei einer Aufführung von "Don Giovanni" und habe diese Oper nie bewusst im Zusammenhang gehört.
Was die Schönheit angeht: Das ist natürlich immer relativ. Ich selber habe nicht solche Erfahrungen gemacht, wie Du sie oben beschreibst, sondern fand immer, dass es Vorteile hat, gut auszusehen. Allerdings war ich nie so eine Hochglanz-Schönheit wie ein Modell, 1,75 groß, etc.
Jetzt habe ich eine wunderschöne Tochter (auch OBJEKTIV betrachtet) und sehe, dass sie es zwar nicht drauf anlegt, aber trotzdem hier und da kleine Vorteile hat dadurch. Andrerseits gibt es da eben auch Neider, und Jungs, die sich gar nicht erst trauen, Kontakt zu so einem Mädchen aufzunehmen. Das ist dann eben auch doof.
Herzliche Grüße, Anna
Nachsatz:
Damit sich das jetzt nicht "bekneift", wie wir Segler sagen: Von Don Giovanni kannte ich also das Thema - der Tod im weitesten Sinne - und so geht es mir mit vielen Opern, La Bohème, Salome, Othello kenn ich natürlich genauer, etc.
Aber was den Reiz ausmacht... Vielleicht schreibst Du ja mal was drüber...Opern im Freitag oder der Community, das wär' doch was.
Anna
Auch Dir noch mal Dank, liebe Anna, für Deine Replik.
Es ist sicher doof, aber noch nicht wirklich tragisch. Wenn ein Mädchen mit seiner Schönheit Jungs so befangen macht, dass sie sich nicht mal trauen, es anzusprechen, kann es das normalerweise mit Humor überstehen und mit seinen Freundinnen (wenn es sie denn hat) darüber kichern. Nur wenn es die nicht hat, liegt vielleicht ein Indiz vor, dass sich der besagte Fluch bereits entfaltet.
Die Abgründe, in die zuviel Schönheit (oder Attraktivität?) führen kann, sind zumindest aus der Oper hinlänglich bekannt.
Ich denke z.B. an die "Salome" von Richard Strauß (nach Oskar Wilde), wo für den Johannes den Täufer die Bekanntschaft mit der 14jährigen, die ihn unwiderstehlich findet, in einer blutigen Tragödie endet. Oder an die unvollendete Lulu von Alban Berg (nach Frank Wedekind), wo der Titelheldin jeder verfällt, vom Vater und seinem Sohn über die Gräfin Geschwitz bis zu Jack the Ripper - der das auf seine Art löst. Verschüchterte, Enthemmte, Neider, Ripper, Henker (als Vollstrecker Rache der Verschmähten wie in der Salome): Wenn die Normalaussehenden wüssten, was die Schönen zu erdulden haben, würden sie vermutlich zehn mal lieber mit Quasimodo aus Franz Schmidts Oper "Notre Dame" (nach Victor Hugos Roman) tauschen, als mit der attraktiven (sechzehnjährigen) Esmeralda.
Ob es im richtigem Leben genauso oder anders zugeht und wie - vernünftiger oder noch chaotischer -, ist, wenn man die Oper wieder verlässt, eine nahe liegende Frage. Mein Eindruck ist, dass dort solche Szenarien ohne weiteres noch mal getoppt werden - selbst da, wo wir es am wenigsten vermuten. Aber zum Glück nicht überall. :)
Nochmals liebe Grüße
Christian
Korrektur-Nachtrag (mangels Editor): Richard Strauss (war seiner Zeit voraus, was die Schreibweise seines Namens angeht - und ich schon etwas zu müde, um gleich dran zu denken).